Freude fürs Auge und für den Magen
Garten Kolumne Essbare Blüten sind voll im Trend. Gewürztagetes schmecken nussig, Eisbegonien säuerlich. Aber die Entdeckung des Jahres sind die schönen Kornblumen
Kinder müssen so viel lernen im Leben; für meine Nachbarskinder Feli und Leo kam eine neue Regel dazu: „Blumen von Ute darf man essen, aber man darf nicht alle Blumen essen.“In kindlicher Experimentierfreude waren sie nämlich nach mehreren Grillfesten mit Blümchensalat vom eigenen Acker bzw. Balkon ziemlich begeistert von der Idee, dass man Blumen nicht nur in die Vase, sondern auch in den Mund stecken kann. Und ehrlich gesagt: Ich bin 40 Jahre älter als die beiden, aber ich probiere auch gerne alle möglichen Pflanzen, die mir vor die Augen kommen.
Wichtigste Regel allerdings, damit Sie diesen Artikel überleben: Nichts kosten, was man nicht kennt, denn natürlich gibt es schöne, aber hochgiftige Pflanzen wie Fingerhut. Außerdem lieber nicht die Gänseblümchen von der Hundewiese pflücken und auch von gespritzten Blumen die Finger lassen. Aber sonst geht mehr, als man glaubt. Mit am bekanntesten sind die scharf-würzigen Blüten der Kapuzinerkresse (auch die Blätter sind übrigens essbar oder lassen sich als eine Art biologischer Untersetzer für Häppchen verwenden). Lecker nussig, auch auf einem Butterbrot sind dagegen kleinblütige Gewürztagetes in ihren frischen Gelb- und Orange-Tönen, die sich auf einem grünen Salat sehr gut machen.
Ringelblumen können als ganze Blüte etwas happig sein, es lassen sich die vielen Mini-Blättchen jechen doch leicht abzupfen und über den Salat streuen. Meine FrühjahrsÜberraschung waren Hornveilchen. Prinzipiell gilt, soweit ich es in Testreihen herausfinden konnte: Je dunkler, also veilchenähnlicher sie sind, desto aromatischer schmecken sie. Die Veilchensüße passt fast besser zu Desserts oder auf Kuchen – nicht umsonst kandiert man Veilchen gerne. Neulich erst auf einen Tipp hin ausprobiert: Eisbegonien, ohnehin eine gemeinerweise missachtete Pflanze. Lange wurde sie als Friedhofsblume abgetan, aber es gibt mittlerweile ganz reizende Züchtungen mit freundli- und lustigen Blatt- und Blütenfarben. Die Blüten halten praktischerweise lange, wenn man sie zur Deko verwendet, und schmecken wie säuerlicher Salat; außerdem sind sie schön knackig.
Bei Partys bin ich darauf abonniert, Blümchensalate mitzubringen, was die meisten freut. Manche weigern sich allerdings, Blüten zu essen. Die einen aus so ähnlichen Gründen wie Vegetarier („die sind doch so niedlich!“), andere, weil sie finden, das sei nur eine Mode und deswegen blöd und da machen sie nicht mit. Ihnen sei gesagt: Euch entgeht etwas. Nicht jede Mode ist blöd, sondern Blüten essen labt das Auge, macht Spaß und ist spannend. Das zeigen zum Beispiel die Kornblumen.
Da schmeckt der äußere Kranz der Blüte anders als der innere (nämlich eher langweilig), während das Innere wirklich ein nektarsüßes Aroma hat. So ähnlich wie damals, als wir als Kinder den roten Klee (natürlich ebenfalls essbar) einzeln ausgezuzelt haben. So viel zu „Blüten essen ist eine Mode“.
*** Ute Krogull, 45, ist begeisterte Balkongärtnerin. Dann pachtete sie ein Grundstück von „Meine Ernte“am Friedberger See. Die Kolumne darüber finden Sie regelmäßig an dieser Stelle im Lokalteil.
„Aus derselben Ackerkrume wächst das Unkraut wie die Blume.“
Friedrich Martin von Bodenstedt