Stefan Bradl dreht sich im Kreis
Der Zahlinger fährt den eigenen Erwartungen hinterher. Wie der 27-Jährige mit dem Tod von Teamkollege Nicky Hayden umgeht und was er beim Heimrennen erwartet
Obergriesbach Zahling Als Motorradrennfahrer Stefan Bradl die schreckliche Nachricht erhält, ist der Zahlinger schockiert. Sein Teamkollege bei Red Bull Honda, Nicky Hayden, starb Mitte Mai an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Der US-Amerikaner war während einer Fahrradtour von einem Auto erfasst worden und erlag im Krankenhaus seinen schweren Kopfverletzungen (wir berichteten).
Auch rund drei Monate später begleitet Bradl der plötzliche Tod seines Kameraden. „Dieser Schicksalsschlag ist allgegenwärtig und fährt immer irgendwo mit. Das ist schwer, aus dem Kopf zu bekommen“, erzählt der 27-Jährige, für den Hayden mehr als ein Teamkollege war: „Wir waren Konkurrenten, aber wir hatten ein freundschaftliches Verhältnis. Er war nicht nur ein toller Fahrer, sondern auch menschlich ein toller Typ. Es ist ein herber Verlust für uns alle.“Und dennoch saß Bradl nur rund eine Woche nach dem Unglück schon wieder auf seiner Maschine, denn im britischen Donington standen be- reits die nächsten beiden Weltmeisterschaftsrennen an. Trotz der Umstände entschied sich Bradl schließlich für eine Teilnahme. „Wir haben überlegt, ob wir das Rennen fahren sollen. Aber Nicky hätte es so gewollt.“Auch mit der Familie Haydens, mit der Bradl nach wie vor in Kontakt steht, sei das abgesprochen gewesen. Auch der Superbike-Neuling erhielt während der Zeit viel Zuspruch von seinen Fans. Auf der Facebook-Seite des Zahlingers sprachen ihm seine Anhänger Mut zu: „Viel Kraft bei den nächsten Rennen, Stefan, jeder Punkt ist auch ein Punkt für Nicky“, hieß es dort.
Viele Punkte hat Bradl aber bislang nicht geholt. Mit 64 Zählern liegt der einzige deutsche Vertreter derzeit in der Gesamtwertung nur auf Platz 13. Bis auf den sechsten Platz im niederländischen Assen blieb Bradl in den bisherigen Rennen hinter den Erwartungen zurück. „Die Zwischenbilanz fällt schlecht aus. Wir hatten von Anfang an Probleme und haben uns mehr erhofft.“Regelmäßig unter die ersten sechs wollte Red Bull Honda kommen. „Wir haben ein super Team und mit Honda gutes Materi- al. Nur die Elektronik macht uns Probleme“, nennt Bradl den Grund. Schon mehrfach wollte man diesbezüglich den Hersteller wechseln, doch während der Saison sei das schwierig: „Wir drehen uns im Kreis. So ist die Maschine nicht konkurrenzfähig“, erzählt der 27-Jährige.
Auch wenn die Saison für Bradl weitestgehend gelaufen ist, will der Zahlinger in den verbleibenden Rennen möglichst viele Punkte holen. Vor allem am kommenden Wochenende möchte der Deutsche beim Heimspiel auf dem Lausitzring den Fans ein gutes Rennen zeigen. „Das ist als deutscher Fahrer schon besonders.“Dennoch ändert sich für den Motorradrennfahrer wenig: „Ich gehe das Rennen wie jedes andere auch an.“Der Zahlinger war vor zwölf Jahren letztmals den Kurs in Sachsen gefahren. Am Samstag und Sonntag steht jeweils um 13 Uhr ein Rennen auf dem Programm.
Dennoch geht der Blick des ehemaligen Moto2-Weltmeisters schon nach vorne: „Wir wollen jetzt Schadensbegrenzung betreiben. Der Fokus liegt aber auf der neuen Saison“, so Bradl. Bereits jetzt hätten die Vorbereitungen auf die neue Saison begonnen. Im Mittelpunkt stehen dabei die technischen Probleme, insbesondere mit der Elektronik, die das Team in den Griff bekommen will.
Dazu gehört aber auch, einen Nachfolger für Hayden zu finden. Wer sein neuer Teamkollege wird, weiß der Zahlinger derzeit noch nicht. „Es ist eigentlich unmöglich, ihn zu ersetzen, sowohl als Fahrer als auch als Mensch“, weiß Bradl.