„Einen Vater wie Strauß hätte ich gerne gehabt“
Der Karikaturist Horst Haitzinger spricht darüber, ob es unter Politikern heute noch markante Typen gibt, und warum er sich politisch einfach nicht mehr auf eine Partei festlegen kann
Haitzinger: Das glaube ich gar nicht. Es gibt auch heute noch markante Typen. Ich bin jedenfalls immer dankbar, wenn sich nach ewigen Kanzlerjahren wieder neue Gesichter in den Vordergrund spielen und Abwechslung bieten. Haitzinger: Sehr ambivalent. In vielen politischen Fragen – wenn es zum Beispiel um Kernenergie und Umweltschutz ging – war ich ein entschiedener Gegner. Privat fand ich ihn sehr sympathisch. Auch auf die Gefahr hin, dass Sie glauben, ich gehöre auf die Couch: So einen Vater hätte ich gerne gehabt. Haitzinger: In diesem Punkt stimme ich tatsächlich nicht mit Kurt Tucholsky überein, den ich sehr verehre. Ich glaube eben nicht, dass Satire alles darf. Wenn es keine Grenzen mehr gibt, kann man auch keine mehr überschreiten. Das wäre das Ende für die Satire. Haitzinger: Damit habe ich gar keine Probleme. Ausgewogenheit heißt für mich keineswegs, neutral zu sein. Ausgewogenheit ist für mich vielmehr ein Spannungszustand. Es ist die Kunst, Balance zu halten zwischen den Gegensätzen. Alles, was mit Niveau ausgewogen ist, ist auch spannend. Langweilig finde ich es hingegen, vom Seil nach rechts oder links zu fallen und zu sagen: „Hier liege ich, ich kann nicht anders.“ Haitzinger: Wenn ich mir die Presselandschaft in anderen Ländern anschaue, dann würde ich sagen, dass sich das bei uns sehen lassen kann. Direkt gelogen wird eher selten, es wird eher vielmehr der Teil der Wahrheit weggelassen, der einem nicht in den Kram passt. Ich fürchte, man muss sich aufgrund der Kompliziertheit vieler Themen auf Menschen verlassen, die man für kompetent hält. Doch genau darin liegt natürlich auch ein gewisses Risiko. Haitzinger: Also ganz grundsätzlich glaube ich, dass es kein besseres System gibt als die Demokratie. Auch wenn das nicht aufregend klingen mag. Ich bin kein glühender, aber doch ein absolut überzeugter Demokrat. Haitzinger: Es wäre für mich gar nicht so einfach, mich zu entscheiden. In den 80er Jahren wusste ich noch genau, wo ich politisch hingehöre. Damals war ich von den Grünen begeistert, die als Erste Ökologie und Naturschutz in den Vordergrund gestellt haben. Dass sich später die anderen Parteien dieses Themas angenommen haben, ist ohne Zweifel ihr historischer Verdienst. Diese positive Funktion haben sie erfüllt. Zuletzt haben die Grünen Themen angeschoben, die nicht mehr unbedingt meine sind.
Haitzinger: In Zeiten von Willy Brandt und teilweise auch noch in der Amtszeit von Helmut Schmidt hatte ich große Sympathien für die
„Ich bin immer dankbar, wenn sich nach ewigen Kanzlerjahren wieder neue Gesichter in den Vordergrund spielen und Abwechslung bieten.“
Horst Haitzinger
SPD. Was die Innenpolitik und da insbesondere die innere Sicherheit betrifft, bin ich heute nahe bei der CSU. Haitzinger: Meine Frau schimpft immer darüber, dass ich in Deutschland nicht wählen kann. Aber mir ist das mit der Staatsbürgerschaft nicht so wichtig. Ich bin und bleibe ein überzeugter Europäer!
OZur Person Horst Haitzinger gilt als einer der renommiertesten politischen Karikaturisten in Deutschland. Der im Jahr 1939 in Oberösterreich geborene Zeichner, der heute in München lebt, veröffentlicht seine Werke seit 1958 – unter anderem auch regelmäßig in unserer Zeitung. Haitzinger, der auch als Kunstmaler tätig ist, ist verheiratet und hat zwei Töchter.