Mit Trump endet Amerikas Führungsrolle
Die Supermacht steht wirtschaftlich, militärisch und vor allem moralisch vor großen Herausforderungen. Wo der Populist im Präsidentenamt besonders schwach ist
Wenn eines Tages der Niedergang der amerikanischen Hegemonie und der Aufstieg Chinas zur führenden Weltmacht analysiert werden wird, dann dürfte auch der Name Trump erwähnt werden – als ein Sargnagel Amerikas. Den globalen Trend, dass die 1370-MillionenEinwohner-Nation China die 320-Millionen-Einwohner-Nation USA wirtschaftlich und politisch überflügeln wird, hat der gegenwärtige US-Präsident gewiss nicht eingeleitet. Aber er ist dabei, ihn in dramatischer Weise zu verstärken.
Dazu tragen wirtschaftliche Entscheidungen bei. Trump hat die USA im pazifischen Raum geschwächt, weil er die Transpazifische Partnerschaft (TPP) abgeblasen und den Chinesen das Feld für eine riesige Freihandelszone überlassen hat.
Aber entscheidend ist etwas anderes: „Von allen Schäden, die Donald Trump dem nordamerikanischen Präsidentenamt zufügt“, schrieb dieser Tage die international renommierte spanische Zeitung El País, „ist der moralische der größte.“Das stimmt. Trumps wiederholte Weigerung, Rechtsextremismus und Rassismus beim Namen zu nennen und sich davon zu distanzieren – selbst wenn die Geister der Vergangenheit offen ihre hässliche Fratze zeigen –, ist skandalös. Die Vorgänge von Charlottesville – Aufmärsche von Rechtsextremisten und der Tod der jungen Gegendemonstrantin Heather Heyer – haben längst eine über das tragische Ereignis hinausgehende Bedeutung gewonnen. Es geht um die Werte einer freien Gesellschaft – und darum, ob sie der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika noch vertritt. Tut er das nicht, kann er auch nicht der Führer der freien Welt sein. Und ohne diese Rolle schrumpft Amerikas globale Bedeutung weiter.
Der Populist Trump erntet für seine Position zwar die johlende Zustimmung fanatischer Anhänger – wie sich jetzt wieder in Phoenix (Arizona) gezeigt hat, wo der Präsident im Stil eines Wahlkämpfers auftrat. Andere freilich empfinden seine Haltung nur noch als verkommen. In Phoenix verurteilte Trump abermals den „Ausbruch von Hass, Borniertheit und Gewalt“in dem Städtchen in Virginia vor knapp zwei Wochen – vermied es aber erneut, die Schuldigen zu nennen. Dieser Präsident, der in den USA nur noch Zustimmungswerte um die 35 Prozent besitzt, legt ein ungeklärtes Verhältnis zu rechter Gewalt und Rassismus an den Tag. So moralisch schwach hat sich seit vielen Jahrzehnten kein anderer USPräsident gezeigt.
Trump irrlichtert in seinem Amt. Draußen im Land rebelliert er gegen „Washington“, als habe er, der Amtsinhaber, mit dem politischen System nichts zu tun – in der Hauptstadt dagegen gesteht er ein, dass „hinter dem Schreibtisch des Präsidenten“Entscheidungen anders ausfallen müssten, als man sich das draußen so vorstellt. Trump, der die US-Soldaten sofort aus Afghanistan heimholen wollte, hat jetzt sogar der Entsendung zusätzlicher Militärberater zugestimmt.
Damit hat er die Politik seiner Vorgänger nicht verändert, sondern fortgeführt. Er will, so heißt es, nicht als derjenige dastehen, der den Krieg nach 16 Jahren verloren hat. Aber: Die 4000 zusätzlichen Berater werden der afghanischen Armee nicht zum Sieg verhelfen. Zur Erinnerung: In Vietnam konnten die USA auch mit einer halben Million Soldaten nicht gewinnen.
Vielmehr ist in Afghanistan eine neue diplomatische Offensive nötig – ebenso in Nordkorea. Doch Trump poltert lieber gegen den Machthaber in Pjöngjang und veranstaltet Militärmanöver – alles sehr einfach gestrickt und altbacken. Hoffentlich verursacht dieser US-Präsident nicht noch eine militärische Katastrophe!
Trumps Außenpolitik ist einfach gestrickt und altbacken