Denis Kudla kämpft sich ins Finale
Der ehemalige Aichacher wird in Paris Vizeweltmeister. Sein früherer Trainer Oguz Özdemir feuert den 22-Jährigen vor Ort an und gratuliert zur Medaille
Paris Als ob er selber auf der Matte stehen würde, so emotional verlief die Weltmeisterschaft der Ringer in Paris bisher für den Aichacher Oguz Özdemir. „Ich bin bei jedem Kampf mitgegangen. Wenn ich sage, ich war sehr emotional, ist das wahrscheinlich noch untertrieben“, so Özdemir, der beim Finale im griechisch-römischen Stil in der Gewichtsklasse bis 85 Kilogramm im Publikum saß. Mitgefiebert hat Özdemir, der beim TSV Aichach seit vielen Jahren die Ringer trainiert, mit seinem ehemaligen Schützling Denis Kudla. Kudla bekam es im Finale mit Metehan Basar zu tun und unterlag knapp.
Dennoch sei Kudla, der bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr überraschend die Bronzemedaille holte, zufrieden. Das be- richtet Özdemir, der sich mit Kudla nach dem Kampf am Montagabend getroffen hatte: „Mittlerweile überwiegt die Freude bei ihm. Er wollte eine Medaille gewinnen und hat das geschafft.“Der 22-jährige Kudla rang in seiner Jugendzeit beim TSV Aichach unter Coach Özdemir. Seither verbindet die beiden eine freundschaftliche Beziehung. Wenn möglich, verfolgt Özdemir die großen Turniere. „Wenn Denis irgendwo ringt, sind Peter und ich eigentlich immer dabei.“Mit Peter meint der Aichacher Coach seinen Kollegen Peter Thurner von der Ringerabteilung des TSV. Am Sonntagabend erreichte das Duo aus der Paarstadt mit dem Zug Paris.
Auch wenn für Denis Kudla die WM bereits wieder vorbei ist, wollen seine „Edelfans“noch bis Sonntag bleiben. „Es gibt so viele interessante Kämpfe. Das lohnt sich immer“, so Özdemir, der vor den Kämpfen am Montag nicht mehr mit Kudla gesprochen hatte: „Das hätte nur Unruhe reingebracht. Als er in die Halle kam, habe ich geschrien und gewunken. Ein kurzes Zeichen hat gereicht und er wusste, dass ich da bin und ihn unterstütze.“Nach dem 3:1-Punktsieg gegen den Chinesen Shuai Hou holte der 22-Jährige gegen den Kubaner Daniel Hechavarria ein 2:2. Da er den letzten Punkt machte, zog der ehemaliger Aichacher Ringer ins Viertelfinale ein. Dort gewann er mit 4:1 gegen den Aserbaidschaner Islam Abassov, ebenso wie im Halbfinale gegen Asienmeister Ahmad Hussein Nouri.
Trotz der knappen Finalniederlage wurde Kudla von rund 200 mitgereisten deutschen Fans in Paris frenetisch gefeiert. Besonders ein Fan war mit der Leistung Kudlas zufrieden: „Ich bin stolz auf seine Leistung. Er hat stark gekämpft und ist ja noch sehr jung“, analysiert Özdemir die Auftritte seines ehemaligen Schützlings. Straffer Zeitplan hin oder her: Der frischgebackene Vize-Weltmeister, dessen Eltern in Adelzhausen wohnhaft sind, nahm sich nach den intensiven Dopingkontrollen noch die Zeit für seine ehemaligen Weggefährten. Am Dienstag trafen sich die drei dann nochmals zum kurzen Gespräch: „Er hat gefragt, wie es uns so geht und dann auch kurz mit meiner Tochter telefoniert. Er hat den TSV und Aichach nicht vergessen“, versichert Özdemir.
Für Kudla war das Turnier auch eine Standortbestimmung für Olympia 2020 in Tokio. Dann will er wieder um die Medaillen kämpfen. Zuvor steht für den 22-Jährigen aber noch ein Vereinswechsel an. In der neuen Bundesligasaison geht Kudla für Nackenheim (bei Mainz) an den Start. Bislang kämpfte er für Schifferstadt (Rheinland-Pfalz). Sein bisheriger Verein hat zusammen mit vier weiteren Mannschaften eine eigene Liga in Konkurrenz zur Bundesliga gegründet. Das lehnt der Deutsche Ringerbund ab. Um für Deutschland starten zu können, muss Kudla aber in der Bundesliga ringen. Deshalb kam nun der Wechsel zustande.
Bis zum Start der neuen Saison kann Kudla aber den Erfolg genießen. „Ich fahre nicht als Tourist hin, nur um einen Kampf zu machen und mir dann Paris anzuschauen“, hatte er vor dem Turnier gesagt. Als gewöhnliche Touristen gelten Özdemir und Thurner aber auch nicht.