Warum wir im Job mehr streiten sollten
Was sich bei so manchen Podiumsdiskussionen, die ich auf Konferenzen und Tagungen erlebe, abspielt, ist eine glatte Zehn auf der Nervensägen-Skala. Konformität, austauschbare Meinungsmonokultur, bleierne Harmoniesucht – es ist das genaue Gegenteil von kritischer Auseinandersetzung.
Es fehlen die konträren Aussagen, es fehlt die pointierte Wortwahl, es fehlen die Zuspitzungen auf die Kerne unterschiedlicher Standpunkte, es fehlt die spannende Bandbreite von Überzeugungen, die von Menschen mit Herzblut vorgetragen werden.
Diese Harmoniesucht findet sich auch in vielen Unternehmen. Und zwar genau an den Stellen, an denen die Probleme am allerdeutlichsten werden: in den Meetings. Auch dort obsiegt der Sog der harmonischen Effizienz: „Jemand anderer Meinung? Nein? Gut. Dann der nächste Punkt auf der Agenda …“Ich frage mich, warum die Konfliktvermeidung in Teams so attraktiv ist.
Okay, da ist natürlich der Zeitdruck: Die Diskussion verschiedener Standpunkte kostet Zeit. Und es gibt noch 13 weitere Tagesordnungspunkte. Außerdem ist unsere kulturelle Prägung gegen Konflikte ausgerichtet. Kollaboration und Konflikt werden als Gegensätze angesehen. Denn wir sitzen doch alle im gleichen Boot und rudern in perfektem Gleichklang dem gemeinsamen Ziel entgegen. Was im Rudersport sinnvoll ist, macht in der Welt der Wirtschaft allerdings viele Teams so richtig schön mittelmäßig im Ergebnis.
Deshalb brauchen wir dringend mehr Bereitschaft zur Disharmonie! Wenn Sie mehr als nur durchschnittliche Ergebnisse wollen, brauchen Sie unterschiedliche Meinungen und Standpunkte. Sie müssen gut darin sein, die besseren Ideen im fairen Wettstreit gewinnen zu lassen, denn sonst bleibt man auf den eigenen blinden Flecken im kreativen Halbdunkel sitzen.