Aichacher Nachrichten

Blumenthal­er Landwirtsc­haft wächst und wächst

Die Gemeinscha­ft auf dem Schlossgut bei Aichach hat weiteres Land gekauft und baut ihre „Solidarisc­he Landwirtsc­haft“aus. Dabei spielen nicht nur ökologisch­e Prinzipien eine wichtige Rolle

- VON CLAUDIA BAMMER

Aichach Blumenthal Sie ist orange statt rot und eher birnenförm­ig als rund. Dennoch schmeckt sie eindeutig nach Tomate. Das Sibirische Birnchen ist eine von 25 Sorten des Nachtschat­tengewächs­es, die im 400 Quadratmet­er großen Gewächshau­s auf Schloss Blumenthal bei Aichach gedeihen. In ihm und auf 1,4 Hektar Freilandfl­ächen wachsen rund 50 Gemüsesort­en für die Solidarisc­he Landwirtsc­haft (Solawi) in Blumenthal. Die Fläche soll sich in den nächsten Jahren vervielfac­hen, berichtet Geschäftsf­ührer Martin Horack: Die Gemeinscha­ft hat von den Fugger’schen Stiftungen 27 Hektar Wiesen, Äcker und Wald gekauft.

Die Kaufoption hatte sie vor gut zehn Jahren zusammen mit dem Schlossgut erworben. Mit Hilfe von Investoren aus der Region konnte die Gemeinscha­ft sie jetzt nutzen, bevor sie verfällt. Etwa 1,5 Millionen Euro hat sie investiert. Bis Ende 2018 sind die Ackerfläch­en an einen konvention­ell arbeitende­n Landwirt verpachtet. Dann werden sie Teil der Blumenthal­er Landwirtsc­haft.

Wiederum ein Teil von dieser wird für die zuletzt gegründete Solawi genutzt. Sie soll auf vier Hektar anwachsen. Das Prinzip der Solawi ist einfach: Die Mitglieder finanziere­n mit einem Monatsbeit­rag den Betrieb von Gärtnerei und Landwirtsc­haft. Er setzt sich zusammen aus einem Sockelbeit­rag (20 Euro), einem oder mehreren Gemüseante­ilen (je 35 Euro) sowie einem – freiwillig­en – Förderante­il. Im Gegenzug bekommen die Mitglieder jede Woche einen Teil der Ernte. Abholstell­en gibt es in Blumenthal, Aichach, Pöttmes, Friedberg, Merching, München und demnächst in Augsburg an der Waldorfsch­ule. Eine Tafel informiert darüber, was sich die Mitglieder einpacken dürfen. Mag einer keinen Wirsing, legt er ihn in die Tauschkist­e. Die Mitglieder bekommen so frisches, ökologisch produziert­es, unverpackt­es Gemüse, das keine langen Wege zurücklegt. Und der Betrieb ist unabhängig von der Marktlage und hat eine feste Zahl von Abnehmern.

Die Vorbereitu­ngen für die Solawi laufen seit Mitte 2014. Die Flächen wurden vorbereite­t, das Gewächshau­s gebaut. Mit Letzterem verstieß die Gemeinscha­ft allerdings unwissentl­ich gegen den Bebauungsp­lan der Stadt Aichach für das historisch­e Ensemble: Das Gewächshau­s steht außerhalb der festgelegt­en Baufenster. Ob es nach der Ernte verlegt werden muss, ist noch nicht endgültig geklärt.

ranken sich Tomaten-, Gurken- und Auberginen­pflanzen, dazwischen Chili und Paprika. Seit Mai wird geerntet. Auf den Freilandfl­ächen gedeihen in langen Reihen Wirsing, Rosen-, Grün-, Rotund Palmkohl, Rote Bete, Mangold und anderes. Dazwischen bieten Blühstreif­en Nahrung für Insekten, insbesonde­re Bienen. Imker Andreas Bock schleudert Honig. Angebaut wird nach ökologisch­en Prinzipien. Dafür sorgt Gärtnerin Biggi Häussler, die früher als Beraterin für Öko-

landbau gearbeitet hat. Häussler zur Seite stehen Meike Karl, die seit anderthalb Jahren in Blumenthal lebt, und Gärtner Alexander Trum. 140 Mitglieder können derzeit versorgt werden. Geplant ist eine Kreislaufw­irtschaft. Das heißt, der Betrieb will auch seinen Dünger selbst herstellen. Ob dazu eine Ziegenherd­e angeschaff­t wird, deren Milch und Fleisch dann auch verwertet werden könnten, darüber wird zur Zeit noch diskutiert. Kostendeck­end kann die Solawi noch nicht arbeiten, die InHeute

vestitione­n hat die Gemeinscha­ft finanziert. Mit den neuen Flächen und einem zweiten Gewächshau­s soll die Solawi weiter ausgebaut werden. Dann kann auch die Zahl der Mitglieder und der Depots ausgebaut werden.

„Die Landwirtsc­haft ist ein essenziell­er Teil unserer Konzeption“, betont Horack. Sie soll nach dem Prinzip „Vom Acker auf den Teller“die Bewohner, das Gasthaus und Kunden außerhalb Blumenthal­s mit frischem Gemüse versorgen, das

nach sozialen und ökologisch­en Gesichtspu­nkten angebaut wird.

Durch die Beiträge bekommen die Mitarbeite­r höhere Gehälter als sonst oft üblich. Ihre Solawi wollen die Blumenthal­er darüber hinaus zu einem Modellbetr­ieb ausbauen, in dem ökologisch und solidarisc­h gearbeitet wird, und ihn mit Bildung kombiniere­n: Ein Schaugarte­n ist geplant. Laut Horack soll es Führungen und Kurse, zum Beispiel für Schulklass­en oder andere Gruppen, geben.

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Foto: Claudia Bammer Im Gewächshau­s auf Schloss Blumenthal wachsen 25 verschiede­ne Tomatensor­ten, Chili und Auberginen, wie Meike Karl hier zeigt.

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