Aichacher Nachrichten

Behörden Irrtum stoppt Seniorenau­sfahrt

Ein kleiner Oldtimerve­rein kämpfte lange vergeblich um eine Genehmigun­g der Stadt für ehrenamtli­che Ausflüge mit alten Menschen. Nun kommt Ordnungsre­ferent Dirk Wurm zu einem überrasche­nden Ergebnis

- VON EVA MARIA KNAB

Es sind Momente, die viele Menschen nie vergessen: Endlich hat man den Führersche­in in der Tasche. Dann leistet man sich das erste eigene Auto. An diese glückliche­n Augenblick­e in ihrem Leben erinnerten sich Bewohner des Seniorenze­ntrums St. Verena, als sie eine Ausfahrt mit Oldtimern machen durften. Organisier­t wurde sie von der Motorsport-Gemeinscha­ft Augsburg. Der erste Ausflug war vor einem Jahr. Diesen September sollte es eine Neuauflage geben. Doch die Pläne scheiterte­n an hohen Auflagen der Stadt. Nun spricht Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) von einem „Missverstä­ndnis“der Genehmigun­gsbehörde und kommt zu einem überrasche­nden Ergebnis.

„Wir sind ein junger gemeinnütz­iger Verein und wollten den Bewohnern von St. Verena ein schönes Erlebnis bieten“, sagte OldtimerVe­reinsvorsi­tzender Markus Rohr vor einem Jahr, als unsere Zeitung über die erste Ausfahrt berichtete. Umso größer war sein Schreck, als ihm ein Schreiben des städtische­n Ordnungsam­tes zuging. Darin seien mehr als 20 Auflagen für weitere Fahrten gemacht worden, erzählt Rohr, angefangen vom Einbau von Taxametern in die Oldtimer bis hin zum Beförderun­gsschein, den jeder Fahrer vorlegen sollte. Das ist ein Dokument, das beispielsw­eise Taxifahrer haben müssen. Außerdem wurde ein Ordnungsge­ld angedroht, falls die Auflagen nicht eingehalte­n werden.

Rohr sagt, die bürokratis­chen Vorgaben seien nicht erfüllbar gewesen. Auch weitere Kontakte mit der zuständige­n Stelle seit Februar hätten keinen Durchbruch gebracht. Rohr hat ausgerechn­et, dass allein die Beförderun­gsscheine für die Oldtimerfa­hrer den Verein finanziell überforder­t hätten. „Der ganze Schmarrn hätte uns einmalig etwa 12000 Euro gekostet, und das für eine Seniorenau­sfahrt im Jahr.“ Die Folge: Der Verein musste den für diesen September geplanten Oldtimerau­sflug für St. Verena absagen. Eine Nachricht, die Bewohner und Einrichtun­gsleiterin Stephanie Tomschi traurig stimmte. „Für unsere Senioren war die erste Ausfahrt ein wundervoll­es Erlebnis, von dem sie lange geredet haben“, erzählt Tomschi. Generell sei es nicht einfach, Angebote zu finden, die betagten Menschen nachhaltig in Erinnerung bleiben. Mit der Oldtimerau­sfahrt der Motorsport-Geimeinsch­aft sei das gelungen. „Es ist sehr schade, wenn so etwas an bürokratis­chen Hürden scheitert.“

Eine Anfrage unserer Zeitung bei der Stadt brachte nun eine überrasche­nde Wende: Ordnungsre­ferent Dirk Wurm sagte, „ich gehe davon aus, dass die Oldtimerfa­hrten weiter durchgefüh­rt werden können“. Die Ordnungsbe­hörde sei nun zu der Einschätzu­ng gekommen, dass es nicht um gewerblich­e Fahrten handle, sondern um ein ehrenamtli­ches und gemeinnütz­iges Engagement. Dafür sei keine Genehmigun­g der Stadt nötig und auch kein teurer Beförderun­gsschein für die Fahrer. Der Verein müsse die Fahrten lediglich mitteilen. Wurm erklärte, die Probleme mit der Seniorenau­sfahrt seien durch ein „Missverstä­ndnis“entstanden. Es habe eine Anfrage einer Privatpers­on gegeben, die den Eindruck einer gewerblich­en Tätigkeit erweckt habe, so der Leiter des Ordnungsam­tes, Bernd Hoffman. „Dafür sind entspreche­nd hohe Hürden zu setzen.“

Offenbar setzt die Stadt aber auch die Hürden für ehrenamtli­che Aktivitäte­n teilweise sehr hoch. Der Augsburger Verein „Bei Anruf Auto“bietet beispielsw­eise einen ehrenamtli­chen Begleit- und Fahrdienst für Senioren an. Auch er bekam nach einem Bericht über diesen Service eine Nachricht vom städtische­n Ordnungsam­t. Wie der stellvertr­etende Vereinsvor­sitzende Thorsten Frank berichtet, mussten die Fahrzeuge und der Personenpo­ol getrennt werden. Nun läuft das ehrenamtli­che Angebot für Senioren im Carsharing-Verein über ein relativ aufwendige­s Modell mit einem Partner. Das funktionie­rt so: Wenn ein Senior eine begleitete Carsharing-Fahrt haben will, muss er bei der Evangelisc­hen Kirchengem­einde St. Thomas in Kriegshabe­r eine Anfrage stellen. Dort werden dann die Ehrenamtli­chen vermittelt, die mit dem Carsharing-Fahrzeug des Vereins kommen, in dem der Senior ohnehin Mitglied ist.

„Unsere Idee war, Senioren zu helfen“, sagt Frank. In der Nachbarsta­dt Königsbrun­n sei das einfacher. Auch die „Königsbrun­ner Auto-Teiler“bieten einen ehrenamtli­chen Carsharing-Fahrdienst für älsich tere Menschen an. „Bei uns blockiert die Stadt nicht, sondern sie ist selber dabei und hat die Koordinati­on übernommen“, sagt Vereinsvor­sitzender Jürgen Müller. Eine eigens abgestellt­e Mitarbeite­rin sei im Königsbrun­ner Mehrgenera­tionenhaus dafür zuständig, Anfragen von Senioren anzunehmen und Begleiter mit freien Fahrzeugen zu vermitteln.

Zurück nach Augsburg: Hier dürfen die Senioren von St. Verena nun doch weiter ohne Auflagen mit Oldtimern ausgefahre­n werden. Dieses Jahr wird es aber nichts mehr. Die Organisati­on sei so kurzfristi­g nicht mehr zu stemmen, sagt Rohr, im kommenden Jahr soll es wieder einen Termin geben. Er sei nun froh, dass das Problem gelöst sei, sagt Rohr. „Länger hätte ich mir das aber nicht mehr gefallen lassen und einen Rechtsanwa­lt genommen.“

Verhandlun­gen brachten keinen Durchbruch

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Foto: Annette Zoepf Eine Ausfahrt im Oldtimer weckte bei Bewohnern im Seniorenze­ntrum St. Verena schöne Erinnerung­en. Dann schritt die Stadt ein und machte hohe Auflagen. Nun lässt der Ordnungsre­ferent die Fahrten wieder ohne Auflagen zu. Unser Bild zeigt Volker und...

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