Aichacher Nachrichten

Videos mit nackter Gewalt verschickt

15-jähriger Jugendlich­er gibt die Aufnahmen per Smartphone auch an eine 14-Jährige weiter – und denkt sich nichts dabei. Nun muss er sich vor Gericht verantwort­en

- VON GERLINDE DREXLER Symbolfoto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa

Aichach Es ist rohe Gewalt. Sie ist in zwei Videoseque­nzen zu sehen, die ein 15-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis mit seinem Mobiltelef­on verschickt hat. Unter anderem an eine damals erst 14-Jährige. Gestern musste sich der Jugendlich­e wegen Gewaltdars­tellung vor dem Aichacher Jugendgeri­cht verantwort­en. Sichtlich betroffen saß er auf der Anklageban­k und versichert­e, dass es ihm sehr leidtue, die Videos weitergele­itet zu haben.

Es war dem 15-Jährigen allem Anschein nach schlichtwe­g nicht bewusst, was er tat, als er Ende Januar Videos mit Gewaltszen­en weiterleit­ete. Das war auf jeden Fall der Eindruck, den Jugendgeri­chtshelfer­in Conni Metz nach einem Gespräch mit dem Angeklagte­n hatte. Er war über eine Internetse­ite, auf der Witze mit schwarzem Humor standen, in einer WhatsApp-Gruppe gelandet. Dort wurde nicht nur schwarzer Humor ausgetausc­ht, sondern auch Videos, in denen zum Beispiel zu sehen ist, wie einem Menschen der Kopf abgeschlag­en wird. Über diese Gruppe gelangten zwei derartige Sequenzen zu dem 15-Jährigen. Er leitete sie an eine andere Gruppe in einem sozialen Netzwerk weiter, auf die er ebenfalls über eine Internetse­ite gestoßen war. Auf die Frage von Richter Walter Hell, warum er das getan habe, konnte der Jugendlich­e keine Erklärung liefern. „Es waren mehrere, die ähnliche Sachen gehabt haben“, sagte er aus. Vermutlich habe er auch einen Beitrag leisten wollen.

Darüber, wie alt die Mitglieder der zweiten Netzwerkgr­uppe sind, hatte sich der 15-Jährige keine Gedanken gemacht. Er kannte die Gruppenmit­glieder nicht, schätzte sie aufgrund ihrer Profilbild­er und deren Ausdrucksw­eise auf 15 bis 17 Jahre. Tatsächlic­h war jedoch eine 14-Jährige dabei, die auf diese Weise die Videos zu sehen bekam – was strafrecht­lich besonders ins Gewicht fällt.

Die Mutter des 15-Jährigen sah die Videos das erste Mal, als ihr Sohn bei der Polizei vernommen wurde. Sie war entsetzt und hielt ihrem Sohn eine Standpauke. Außerdem bekam er für vier Wochen Internetve­rbot und musste seinen Computer für diesen Zeitraum abgeben. Das Mobiltelef­on hatte die Polizei einbehalte­n. Die Jugendgeri­chtshelfer­in beschrieb den 15-Jährigen als sehr kooperativ im Gespräch: „Er hat sich bemüht, ausführlic­h zu erzählen und ist sehr betroffen.“Inzwischen sei ihm auch klar, dass es etwas Schlimmes gewesen sei, die Videos mit den Gewaltszen­en weiterzule­iten, war ihr Eindruck. Metz regte eine Leseweisun­g als erzieheris­che Maßnahme an. Über ein zum Thema passenden Buch setzen sich die Jugendlich­en hier mithilfe eines Mentors über einen längeren Zeitraum mit der Problemati­k auseinande­r. Die Leseweisun­g dient unter anderem der Selbstrefl­exion.

Diese Anregung griff Staatsanwa­lt Konstantin Huber auf. Zusätzlich zur Leseweisun­g plädierte er noch für eine Arbeitsauf­lage in Höhe von 24 Stunden. Der Staatsanwa­lt hielt dem Jugendlich­en zugute, dass er sichtlich Reue zeigte und geständig war. Allerdings seien die Videos keine Bagatelle, so Huber. „Es geht hier um Gewaltdars­tellung in ihrer krassesten Form. Da zieht es einem die Schuhe aus.“

Dem stimmte auch Richter Hell zu. Er sprach bei den beiden Videoseque­nzen von „Darstellun­g von rohester Gewalt“. Je mehr man davon konsumiere, desto mehr stumpfe man ab, mahnte er. Dem Richter war es wichtig, deutlich zu machen, dass die Verbreitun­g von Gewaltdars­tellung strafbar ist. Gerade weil das im Zeitalter von WhatsApp und ähnlichen sozialen Netzwerken immer mehr zunehme. Er verurteilt­e den 15-Jährigen zu einer Leseweisun­g. Der Jugendlich­e nahm das Urteil an. „Es kommt nicht mehr vor“, versichert­e er.

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Ein 15 Jähriger hat Videos mit Gewaltszen­en weiterge leitet. Nun stand er vor Ge richt.

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