Videos mit nackter Gewalt verschickt
15-jähriger Jugendlicher gibt die Aufnahmen per Smartphone auch an eine 14-Jährige weiter – und denkt sich nichts dabei. Nun muss er sich vor Gericht verantworten
Aichach Es ist rohe Gewalt. Sie ist in zwei Videosequenzen zu sehen, die ein 15-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis mit seinem Mobiltelefon verschickt hat. Unter anderem an eine damals erst 14-Jährige. Gestern musste sich der Jugendliche wegen Gewaltdarstellung vor dem Aichacher Jugendgericht verantworten. Sichtlich betroffen saß er auf der Anklagebank und versicherte, dass es ihm sehr leidtue, die Videos weitergeleitet zu haben.
Es war dem 15-Jährigen allem Anschein nach schlichtweg nicht bewusst, was er tat, als er Ende Januar Videos mit Gewaltszenen weiterleitete. Das war auf jeden Fall der Eindruck, den Jugendgerichtshelferin Conni Metz nach einem Gespräch mit dem Angeklagten hatte. Er war über eine Internetseite, auf der Witze mit schwarzem Humor standen, in einer WhatsApp-Gruppe gelandet. Dort wurde nicht nur schwarzer Humor ausgetauscht, sondern auch Videos, in denen zum Beispiel zu sehen ist, wie einem Menschen der Kopf abgeschlagen wird. Über diese Gruppe gelangten zwei derartige Sequenzen zu dem 15-Jährigen. Er leitete sie an eine andere Gruppe in einem sozialen Netzwerk weiter, auf die er ebenfalls über eine Internetseite gestoßen war. Auf die Frage von Richter Walter Hell, warum er das getan habe, konnte der Jugendliche keine Erklärung liefern. „Es waren mehrere, die ähnliche Sachen gehabt haben“, sagte er aus. Vermutlich habe er auch einen Beitrag leisten wollen.
Darüber, wie alt die Mitglieder der zweiten Netzwerkgruppe sind, hatte sich der 15-Jährige keine Gedanken gemacht. Er kannte die Gruppenmitglieder nicht, schätzte sie aufgrund ihrer Profilbilder und deren Ausdrucksweise auf 15 bis 17 Jahre. Tatsächlich war jedoch eine 14-Jährige dabei, die auf diese Weise die Videos zu sehen bekam – was strafrechtlich besonders ins Gewicht fällt.
Die Mutter des 15-Jährigen sah die Videos das erste Mal, als ihr Sohn bei der Polizei vernommen wurde. Sie war entsetzt und hielt ihrem Sohn eine Standpauke. Außerdem bekam er für vier Wochen Internetverbot und musste seinen Computer für diesen Zeitraum abgeben. Das Mobiltelefon hatte die Polizei einbehalten. Die Jugendgerichtshelferin beschrieb den 15-Jährigen als sehr kooperativ im Gespräch: „Er hat sich bemüht, ausführlich zu erzählen und ist sehr betroffen.“Inzwischen sei ihm auch klar, dass es etwas Schlimmes gewesen sei, die Videos mit den Gewaltszenen weiterzuleiten, war ihr Eindruck. Metz regte eine Leseweisung als erzieherische Maßnahme an. Über ein zum Thema passenden Buch setzen sich die Jugendlichen hier mithilfe eines Mentors über einen längeren Zeitraum mit der Problematik auseinander. Die Leseweisung dient unter anderem der Selbstreflexion.
Diese Anregung griff Staatsanwalt Konstantin Huber auf. Zusätzlich zur Leseweisung plädierte er noch für eine Arbeitsauflage in Höhe von 24 Stunden. Der Staatsanwalt hielt dem Jugendlichen zugute, dass er sichtlich Reue zeigte und geständig war. Allerdings seien die Videos keine Bagatelle, so Huber. „Es geht hier um Gewaltdarstellung in ihrer krassesten Form. Da zieht es einem die Schuhe aus.“
Dem stimmte auch Richter Hell zu. Er sprach bei den beiden Videosequenzen von „Darstellung von rohester Gewalt“. Je mehr man davon konsumiere, desto mehr stumpfe man ab, mahnte er. Dem Richter war es wichtig, deutlich zu machen, dass die Verbreitung von Gewaltdarstellung strafbar ist. Gerade weil das im Zeitalter von WhatsApp und ähnlichen sozialen Netzwerken immer mehr zunehme. Er verurteilte den 15-Jährigen zu einer Leseweisung. Der Jugendliche nahm das Urteil an. „Es kommt nicht mehr vor“, versicherte er.