Ein Essen, das Selbstständigkeit bedeutet
Seit 50 Jahren gibt es in Augsburg nun „Essen auf Rädern“des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Hinter diesem Angebot steckt für Senioren meist mehr als nur eine warme Mahlzeit
Es ist kurz vor halb zwölf Uhr mittags. Margot Lüwa weiß, dass es gleich an ihrer Tür klingelt. Sie freut sich. Die 84 Jahre alte Seniorin bekommt dann ihr Mittagessen geliefert. Seit genau 50 Jahren gibt es jetzt „Essen auf Rädern“des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Schwaben in Augsburg und näherer Umgebung. Geschäftsführer Walter Wüst erzählt, warum dieser Service für alte Menschen so wichtig ist.
Für heute hat sich Margot Lüwa Bratwurst mit Soße, Kartoffelpüree und Karottengemüse bestellt. Bei „Essen auf Rädern“des Paritätischen können die Kunden zwischen den Kategorien „Normal“, Vollkost und Diät wählen. Wer will, kann dazu Suppe und Nachtisch buchen. „Wenn ich mal soweit bin, werde ich das auch in Anspruch nehmen“, sagt Sabine Lüwa, Tochter der 84-Jährigen. Sie ist froh, dass ihre Mutter so gut versorgt wird. Denn selber einkaufen und kochen, ist der alten Dame inzwischen zu viel. „Seit Mai 2015 bekomme ich das Essen auf Rädern“, erzählt diese und lobt die Einrichtung. Das Essen ist immer warm und es schmeckt sehr gut“, sagt sie. Ihre Lieblingsgerichte seien Königsberger Klopse und der Eintopf.
Rund 300 Kunden beliefert der Paritätische Wohlfahrtsverband derzeit in Augsburg und näherer Umgebung. Gekocht wird extern. Man habe mit der Küche MVV Industriepark in Gersthofen einen Kooperationsvertrag, berichtet Wüst. Dort werde das Essen immer frisch und mit regionalen Zutaten zubereitet. Die Küche beliefert auch Kantinen mit ihrem Essen. Mit zwölf Fahrzeugen gehen die Fahrerinnen und Fahrer mittags täglich auf Tour. Sie sind auf 450-Euro-Basis angestellt. „Die meisten sind rüstige Frührentner“, erzählt Wüst. Wie etwa Dieter Sönning, der Margot Lüwa jetzt das Mittagessen bringt. 20 bis 35 Kunden beliefere er am Tag, sagt Sönning. Manchmal bliebe auch noch Zeit für ein kurzes Schwätzchen. Die Fahrer haben auch im Blick, wie es den Senioren geht. Merken sie, dass ein Kunde schlecht isst, geben sie ihre Beobachtung weiter. „Wir haben die Kontaktdaten von Pflegediensten und den Angehörigen. Wenn etwas ist, setzen wir uns mit ihnen in Verbindung“, erklärt Wüst vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.
In Thermoboxen werden die Essensportionen warm gehalten. Zwischen 8,60 und 8,95 Euro kostet eine Mahlzeit inklusive Lieferung, informiert Karin Dettenrieder von der Kundenbetreuung der Paritätischen. In den letzten 50 Jahren hat der Wohlfahrtsverband rund zwei Millionen Essen an Augsburger Bürger ausgeliefert. Dabei war „Essen auf Rädern“vor einem halben noch ein kleines und innovatives soziales Projekt.
„Im September 1967 wurden die ersten Mahlzeiten an ältere Menschen im Stadtteil Oberhausen ausgeliefert“, sagt Wüst rückblickend. Längst sei die Einrichtung zu einem wichtigen Baustein der ambulanten Versorgung geworden. „Es unterstützt ältere Menschen dabei, möglichst lange und selbstständig in den eigenen vier Wänden und in der gewohnten Umgebung wohnen bleiben zu können.“
Wie etwa im Fall der 84-jährigen Margot Lüwa. „Essen auf Rädern“liefert jährlich zwischen 80000 und 100 000 Essen in Augsburg und näetwa herer Umgebung aus. Derzeit würden rund 300 Kunden beliefert, informiert Wüst. Natürlich kann aber nicht jeder Bürger bei „Essen auf Rädern“Mahlzeiten bestellen. Die Einrichtung ist nur für Seniorinnen und Senioren ab 65 Jahren und Menschen mit Behinderung gedacht. Laut Wüst gibt es aber Ausnahmen, wenn nämlich jemand geJahrhundert sundheitlich erheblich eingeschränkt ist. „Eine schwangere Frau etwa, die bettlägerig ist, könnte unseren Dienst auch in Anspruch nehmen.“
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Kontakt Buchungen sind telefonisch möglich zwischen 8 und 12 Uhr unter 0821/241940 oder im Internet unter: www.ear augsburg.de.