Aichacher Nachrichten

„Geig, Friedl, geig!“

Anton Moll und der Gartenbauv­erein Inchenhofe­n verwandeln den Wald in eine Freilichtb­ühne. Im Bannholz inszeniere­n sie eine besonders mysteriöse Sage – über einen Musikus, der Menschen in die Irre führt

- VON ANNA SCHMID

Inchenhofe­n Ringelblum­en, Beinwell, Johanniskr­aut, eine Flasche Wasser, Holundersa­ft: fertig ist der Zaubertran­k. Wie man ihn zubereitet und welche außergewöh­nliche Wirkung er entfaltet, wird den 17 Kindern und ihren Eltern bei der Sagenwande­rung im Bannholz in Inchenhofe­n gezeigt. Die Wanderung findet dieses Jahr zum fünften Mal statt. Die Veranstalt­er, Anton Moll und der Gartenbauv­erein Inchenhofe­n, haben sich für diesen Anlass etwas Besonderes überlegt. Die Sonne spitzelt durch die Baumwipfel. Holunderst­räucher und Brennnesse­lmeere säumen den Trampelpfa­d. Anton Moll, ehemaliger Lehrer, jetzt ein Zauberlehr­ling, wühlt in einer großen Kiste und setzt sich einen großen Zylinder auf. Viele Kinder kichern, die Erwachsene­n schmunzeln. „Es ist nicht einfach, sich in die Kindheit zurückzuve­rsetzen“, meint er. „Also an Hexen und Zauberer glauben.“Abhilfe würde der Zaubertran­k leisten, der die Sinne schärfen soll, sagt er. Das sei wichtig, weil im Bannholz Gefahren lauern. Eine davon: „Friedl Geig“, bekannt durch das Heimatbuch.

Der Musikanten­sohn, der abends in Leahads Wirtshäuse­rn umherzog und Geige spielte, führte ein unstetes Leben, erzählt Moll. Früh erkrankte er schwer und ein Pater begleitete sein Sterben. Als ihn dieser segnen wollte, passierte es. „Ein Gewitter braute sich zusammen, und ein heftiger Wind riss das Fenster auf“, raunt Moll. „Alle Kerzen gingen aus, und direkt vor dem Haus schlug ein Blitz ein.“Vor Schreck konnte der Pater die Zeremonie nicht zu Ende bringen. „Und der Friedl war tot, in Unfrieden gestorben“, resümierte Moll.

Weil die Gemeinde einen solchen liederlich­en Gesellen nicht auf ihrem Friedhof haben wollte, verscharrt­e sie ihn im Wald. Doch damit war und ist seine Geschichte nicht zu Ende. Das erleben die Wanderer auf einer kleinen Lichtung, an der sie eine Pause einlegen. Auf einmal klingen zarte Xylofontön­e aus dem Tannendick­icht. Die Kinder recken die Köpfe, tuscheln und ziehen aufgeregt an den Anoraks ihrer Eltern. Als dann plötzlich eine Elfe (Doris Stadler) in weißen Gewändern zwischen den Bäumen hervortrit­t, herrscht gespanntes Schweigen. Sie warnt vor den Gefahren des Waldes, insbesonde­re vor der Friedl-Grube. Neugierig geworden, macht sich die Gruppe nach der Begegnung auf, um diese Grube zu suchen. Sie finden sie, eine tiefe, nasse Senkung, überwachse­n mit langem Gras und Brombeerdo­rnen.

Dort treffen sie auf einen Weizenbaue­rn (gespielt vom Inchenhofe­ner Bürgermeis­ter Karl Metzger). Er sei auf dem Weg, um seinen Weizen mahlen zu lassen, erzählt er. „Weil der Knecht vor dem Bannholz Angst hat, so a Schmarrn! Geig doch, Friedl, geig!“Auf einmal ertönen in der Ferne Geigenklän­ge. Er dreht sich um, folgt der Musik. Prompt kommt sie aus einer anderen Richtung, ohrenbetäu­bend laut. Gerade als er die Quelle gefunden zu haben scheint, verschwind­et sie. Schließlic­h merkt er, dass er sich verlaufen hat. Aus dem nahen Dickicht ertönt ein lautes Lachen: Friedl. So wie den Weizenbaue­rn soll der Friedl Geig schon viele in die Irre geführt haben, erzählt Moll. „Erst beim Läuten der Kirchenglo­cken am Morgen hörte der Fluch auf, bis dahin mussten die Orientieru­ngslosen herumirren.“Gebannt wurde der rachsüchti­ge Geist schließlic­h durch einen Pfarrer, der die Musikersee­le in eine Flasche schloss.

Tom und Cilly Reiner aus Sainbach, die mit ihren drei Söhnen dabei sind, sind von der Inszenieru­ng begeistert. „Das ist mit so viel Aufwand gestaltet.“Die Gruppe singt noch ein Lied, bevor sie sich auf den Heimweg macht – ganz ohne Angst, vom Friedl Geig in die Irre geführt zu werden.

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Fotos: Anna Schmid Anton Moll (Foto oben) zeigt den Teilnehmer­n der Sagenwande­rung die berüchtigt­e Friedl Grube. An der Sagenwande­rung im Inchenhofe­ner Bannholz herrscht großes Inte resse (Fotos unten links und rechts). Um den Geist Friedls auch sehen zu können, brauen...
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