Aichacher Nachrichten

Ein Profi, der nie einer werden wollte

Marcel Heller spielte noch als A-Jugendlich­er bei seinem Heimatvere­in. Er hatte einfach nur Spaß am Fußball. Dass er den auch im Profigesch­äft hat, ist für ihn ganz wichtig

- VON WOLFGANG LANGNER

Marcel Heller kann sich unglaublic­h schnell auf eine neue Situation umstellen. Nicht nur auf dem Platz. Der ehemalige Darmstädte­r hat bewiesen, dass er dies auch im wahren Leben beherrscht. Auf der turnusmäßi­gen Pressekonf­erenz vor der Partie des FC Augsburg bei Eintracht Frankfurt kamen Fragen eines Journalist­en auf Heller zu, mit denen er eher nicht gerechnet hat.

Grund war ein Interview, dass Frankfurts Star Kevin-Prince Boateng in Die Welt gegeben hat. Boateng zeigte kürzlich beim Torjubel ein T-Shirt mit der Nummer 34. Die trug auch der Amsterdame­r Abdelhak Nouri, der vor zwei Monaten in einem Testspiel gegen Werder Bremen eine Herzattack­e erlitt und bleibende Schäden davontrug.

Im Interview verglich Boateng jetzt Fußballer mit „Robotern“. Darin greift er vor allem die Medien an. Boateng sagt unter anderem, dass der Selbstmord des ehemaligen Nationalto­rwarts Robert Enke (2009) auch „zu einem Prozent mit der Presse und dem ganzen Trubel zu tun hat“. Boateng gestand, dass es auch bei ihm Tage gab, an denen er gesagt habe, dass er nicht mehr könne. Es gab weitere emotionale Antworten von Boateng: „Es kann ja mal passieren, dass du schlecht spielst. Note Sechs? Okay, die habe ich verdient. Aber es werden persönlich­e Sachen geschriebe­n, die dir wehtun. Das darf nicht sein.“

Der Fragestell­er wollte von Heller wissen, was er von den Aussagen Boatengs hält. „Das ist schwer und muss jeder Einzelne für sich entscheide­n. Von außen heißt es immer, wie schön es sein muss, Profifußba­ller zu sein, aber die meisten wissen nicht, unter welchem Druck man da manchmal steht. Da ist immer eine Riesenerwa­rtungshalt­ung.“

Heller selbst hatte damit noch keine Probleme: „Persönlich bin ich mit der Situation bisher gut zurechtgek­ommen. Aber ich kenne einige, die ziemlich unter Druck stehen oder standen. Das hat sich dann auch gewaltig auf die Leistung ausgewirkt.“Der 31-jährige Stürmer versucht, das zu erklären: „Du bist im Kopf so eingestell­t, dass du Leistung bringen musst. Wenn du keine bringst, spielst du auch nicht. Das ist schwer, damit umzugehen. Vor allem wenn du weißt, wenn du einmal schlecht spielst, dann spielst du im nächsten Spiel nicht mehr.“

Große Ratschläge kann aber auch Heller nicht geben: „Das ist in wenigen Worten nur schwer zu sagen. Für dieses Thema würde man mehr Zeit benötigen, aber ich denke, das hat auch viel mit Abschalten oder mit Ablenkung zu tun.“Der Umgang mit den Medien war bisher für Heller okay. Auch in Augsburg? „Ich bin ja noch nicht so lange hier. Es ist aber in Ordnung und von meiner Seite kann es auch so bleiben, wie es ist“, so Heller.

Er macht den Eindruck, dass er mit beiden Beinen fest im Leben steht. Vielleicht liegt das auch daran, dass der ehemalige U-21-Nationalsp­ieler lange gar nicht den Wunsch hatte, Profifußba­ller zu werden. „Ich habe früher nur mit meinen Freunden gekickt und habe bis zur A-Jugend nur für meinen Dorfverein gespielt. Dabei wollte ich nur Spaß haben. Ich hatte nie das Ziel, Profi zu werden. Am Ende hat es sich aus dem Spaß aber doch zum Profifußba­ll entwickelt.“

Wenn nichts schiefläuf­t, dürfte der „Spaßfußbal­ler“Heller am heutigen Samstag in der Startaufst­ellung stehen. Der Ex-Darmstädte­r empfahl sich jedenfalls zuletzt mit einer starken Leistung beim 3:0-Sieg über den 1. FC Köln. Sein Trainer Manuel Baum hat ihm jedenfalls schon Hoffnungen gemacht: „Marcel hat das zuletzt richtig gut gemacht und gegen Köln für viel Wirbel gesorgt. Er ist gut in Augsburg angekommen.“

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Foto: Ulrich Wagner Marcel Heller (rechts) gratuliert Alfred Finnbogaso­n zu dessen Elfmeterto­r. Heller selbst war zuvor gefoult worden. Der Ex Frank furter und Darmstädte­r spielte gegen Köln zum ersten Mal von Beginn an.

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