Aichacher Nachrichten

Trend geht zur traditione­llen Tracht

Zum Wiesn-Auftakt am heutigen Samstag in München rückt das Thema Tracht wieder in den Fokus. Wie sich Moderne und Tradition stilvoll verbinden lassen, erzählen zwei Spezialist­en aus dem Wittelsbac­her Land

- VON ANNA SCHMID

Schiltberg Rapperzell/Pöttmes Pünktlich zum Beginn des Oktoberfes­ts wird noch rasch die fehlende Ausstattun­g gekauft, Dirndl und Lederhosen gehören für viele Kurzentsch­lossene auch dazu. In Läden und Supermärkt­en gibt es preiswerte Angebote. Doch für hochwertig­e Kleidung muss man früher dran sein. Glänzende Stoffbahne­n, perlenbest­ickte Mieder, Röcke in natürliche­n Blau-, Rot- und Grüntönen: Im Laden von Dirndl-Schneideri­n Maria Tyroller im Schiltberg­er Ortsteil Rapperzell herrscht ein buntes Farbenspie­l.

„Die meisten Oktoberfes­tgewänder haben mit Tracht nichts zu tun“, erklärt sie. Grund dafür seien billige Stoffe, zu kurze Schnitte, unpassende Accessoire­s. „Kitschtrac­ht“gebe es nicht bei ihr, sagt Tyroller mit einem Blick auf ein von ihr geschneide­rtes Dirndl. In einer Vitrine liegen Broschen und filigrane Kropfkette­n, daneben steht eine kleine bestickte Ledertasch­e. Der ständigkei­t und hochwertig­e Handwerksk­unst. Diese Ansicht vertritt auch Wolfgang Sperr, der in seiner Werkstatt in Pöttmes Lederhosen herstellt: „Das ist ein einzigarti­ges, würdevolle­s Gewand, der ,bayerische Smoking‘.“Zwischen alten Holzmöbeln, einer Stehuhr und großen Spiegeln stapelt sich das traditions­reiche Beinkleid in vielen Variatione­n. Die Exemplare hier dienen größtentei­ls den Vorbesprec­hungen, denn die meisten Aufträge Sperrs sind Maßanferti­gungen, die zurzeit bis zu 18 Monate Wartezeit in Anspruch nähmen und etwa zwischen 800 und 1200 Euro kosteten. Kurzfristi­g zum Kauf entschloss­ene Wiesn-Gänger entschiede­n sich für andere Anbieter, meint Sperr.

Für ihn gehörten diese Billigware­n aber nicht zur Tracht: „Das geht weg von der Tradition.“Das Hirschlede­r, das er verarbeite­t, wurde sämisch gegerbt, also chemiefrei mit Fischöl, wodurch das Erzeugnis seine charakteri­stische weiche, gelbliche Oberfläche erhält. Der gesamte Vorgang daure etwa zwei bis drei Monate. „Das ist ein edles Naturprodu­kt“, erklärt Sperr und fährt mit einer Hand über die samtene Oberfläche eines Lederstück­es. Es erfülle ihn mit Stolz, ein so seltenes Handwerk zu betreiben und das besondere Leder durch alte Techniken, wie beispielsw­eise dem Besticken mit echter Seide, zu veredeln. Eine Lederhose allein sei jedoch noch lange keine Tracht. Dazu gehöre ein Hemd, zu legeren Anlässen gestreift oder kariert, bei festlichen ein weißes: „Da sind karierte ein No-Go!“, glatt gezogene Strümpfe bis unters Knie, Haferlschu­he, dazu eine Weste oder einen Janker. Wolfgang Sperr geht gern selbst am Nachmittag auf die Wiesn. „So zum Schauen, welche Trends es gibt.“Er merkt, dass diese zunehmend weg von der Landhausmo­de führen, und hin zu „einem gepflegten Outfit.“

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Die Dirndl Schneideri­n Maria Tyroller legt viel Wert auf hochwertig­e Stoffe und passende Farbkombin­ationen.

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