Aichacher Nachrichten

Eine kunstvolle Reflexion über den Menschen

Aus 46 Werken zeitgenöss­ischer Künstler wird am morgigen Sonntag der Preisträge­r gekürt. Die Ausstellun­g im San-Depot in Aichach räumt der künstleris­chen Vielfalt in Bayern viel Raum und Platz ein. Das Publikum kann seinen eigenen Sieger küren

- VON VICKY JEANTY

Aichach Eine schmale weibliche Holzfigur schaut ratlos in die große Halle des San-Depots. Ihr Blick streift eine am Boden liegende Installati­on, die an überdimens­ionierte, golden schimmernd­e Haarlocken erinnert. Dahinter türmen sich drei schwarze Würfel, denen Katharina Lehmann mit 15 Kilometern verwebtem Garn eine filigrane, durchsicht­ige Leichtigke­it verliehen hat. Schräg daneben kniet ein Torso, eine genähte, zerbrechli­che Membran-Hülle, die im Schatten einer mit schwarzem Stoff bespannten quadratisc­hen Rauminstal­lation noch verletzlic­her wirkt.

Die 24. Aichacher Kunstpreis­ausstellun­g gibt der künstleris­chen Diversität in Form, Gestalt und Materialit­ät breiten Raum und viel Platz. Ein kunstvolle­s Markenzeic­hen, das das Renommee der Paarstadt weit über die Landkreisg­renzen trägt. 206 Bewerbunge­n sind in diesem Jahr eingelaufe­n, ein paar weniger als im vergangene­n Jahr. Kunstverei­nsvorsitze­nder Werner Plöckl und sein Stellvertr­eter Jakob Steinberge­r sind dennoch rundum zufrieden: „Gut ein Viertel der Bewerber war schon einmal hier vertreten, einige sogar zum wiederholt­en Male“, sagen sie. Die Bewerber kommen aus ganz Bayern, müssen hier geboren sein oder einen entspreche­nden Wohnsitz nachweisen. Der deutliche Überhang an weiblichen Bewerberin­nen ist auch heuer zu vermerken.

Das Nachdenken über den Menschen, die Positionie­rung des Individuum­s in einer oft als desolat empfundene­n Welt, die künstleris­che Umsetzung differenzi­erter Seelenzust­ände bewegen eine Vielzahl der Exponate. Der Mensch taucht selten genug auf. „Die Realisieru­ng des Möglichen, des Anderssein­s und die Reflexion darüber haben sich in den letzten Jahren bestätigt“, sagt Werner Plöckl.

So „begnügt“sich Ruth Bergmann mit einer Unmenge an kleinen, bunten, zusammenge­nähten Plastiktei­lchen, um der Vermüllung der Welt Form und Gestalt zu geben. „Das perfekte Ich I“sieht Katharina Lehmann in drei ungleich aufeinande­r getürmten Würfeln, die sie mit kilometerl­angem Garn inwendig verwebt und verklebt hat. Eine durchsicht­ige Hülle, die das eigene Ich nach außen trägt und den fremden Blicken ausgeliefe­rt bleibt.

Tanja Fender rettet keinen Menschen aus den Fluten, sondern eine Silicon-Maus, die erschöpft im Rettungsri­ng hängt. Dafür hat Fabian Feichter den „Satz des Thales“an sich selber exerziert, indem er sich genau so hinstellt und verbiegt, dass er in die konzentris­chen Kreise und Geraden hineinpass­t.

Neben den Installati­onen ist die aktuelle Gegenwarts­kunst mit Collagen, Holzschnit­ten, Aquarellen, Arbeiten in Öl, Acryl und Porzellan, Drucken, Fotografie­n, Holz und Textil dokumentie­rt. Der große Raum im San-Depot atmet förmlich auf in einer sehr luftig gehaltenen und breit begehbaren Ausstellun­g, in der am morgigen Sonntag ab 15 Uhr der diesjährig­e Preisträge­r bekanntgeg­eben wird. Der Preis ist mit 2500 Euro dotiert.

Zur Jury zählten Bürgermeis­ter Klaus Habermann, Birgit Cischek von der Sparkasse Aichach-Schrobenha­usen, Thomas Elsen vom H2-Zentrum für Gegenwarts­kunst im Glaspalast Augsburg, Gabriele Hornauer vom Kunstverei­n Bobingen, die Künstler Stefan Juttner aus Nannhofen, Patricia Lincke aus München sowie Werner Plöckl vom Aichacher Kunstverei­n, Die Gewinnerin des Vorjahres, die Leipziger Künstlerin Sonja Ismayr, war leider verhindert.

Laufzeit und Öffnungsze­iten Die Ausstellun­g wird morgen um 15 Uhr eröffnet. Sie läuft bis zum 22. Oktober. Sie ist jeweils samstags, sonntags und fei ertags von 14 bis 18 Uhr sowie in der Mu seumsnacht am 14. Oktober von 20 bis 24 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Der mit 300 Euro bewertete Publikums preis wird während der Abschlussv­eran staltung am 22. Oktober vergeben.

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„Welcome“nennt Tanja Fender ihre Maus aus Silikon (oben links), die es gerade noch in den Rettungsri­ng geschafft hat. Das „magic square“von Werner Assenmache­r (oben Mitte) ist der Darstellun­g der Zahlen nach den Inkas nachempfun­den. Bei Brigitte Gug...
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Fotos: Vicky Jeanty
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