Aichacher Nachrichten

Religiöse Heimat für die Vertrieben­en

Kirche 50 Jahre ist es her, dass die evangelisc­he Luther-Kirche in Pöttmes eingeweiht wurde. Am Wochenende wurde das runde Jubiläum mit Musik und einem Festakt gefeiert. Der Name eines Ehepaares ist mit der Gemeinde eng verbunden

- VON ANDREAS DENGLER

Pöttmes Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs änderte sich das evangelisc­he Leben in Pöttmes schlagarti­g. Durch den Zuzug von Flüchtling­en aus Ungarn und Schlesien wuchs dort die Zahl der evangelisc­hen Christen auf bis zu 400 Gläubige an. Ein Höchststan­d, der seitdem nie mehr erreicht wurde. Um den Vertrieben­en auch eine religiöse Heimat zu bieten, wurde ein eigenes Gotteshaus gebaut. Vor 50 Jahren wurde die evangelisc­he Kirche in Pöttmes eingeweiht, seit zehn Jahren ist Reformator Martin Luther ihr Namensgebe­r. Am Wochenende wurde das Jubiläum gefeiert.

Den Auftakt bildete ein Konzert am Freitagabe­nd. In der Kirche traten die Hot-Eis-Band, eine Formation aus jungen Mitglieder­n der Gemeinde, und der evangelisc­he Kirchencho­r Untermaxfe­ld unter der Leitung von Nicole Stein auf. Federführe­nd für die Gestaltung des Konzerts waren die Organistin­nen Eva Biolek und Nadine Stückle. Neben modernen Stücken und Kirchenmus­ik waren auch Lieder aus dem Luther-Musical zu hören.

Am Sonntag versammelt­e sich die Gemeinde an der Johanneska­pelle am Marktplatz, um von dort aus zur Lutherkirc­he zu marschiere­n. Angeführt wurde der Zug vom Musikorche­ster Pukas, das später auch zum Mittagstis­ch aufspielte. Für Pfarrerin Cornelia Dölfel war der Festzug einer der schönsten Momente. Denn als er an der katholisch­en Kirche St. Peter und Paul vorbeikam, winkten die Katholiken dem Feierzug zu. Allein daran erkenne man das freundscha­ftliche und gute Verhältnis zwischen der evangelisc­hen und katholisch­en Gemeinde, sagte Pfarrerin Dölfel sichtlich gerührt über die Geste.

In der Lutherkirc­he hielt Dekan Thomas Schwarz die Festpredig­t. Die Pöttmeser Lutherkirc­he gehört der evangelisc­h-lutherisch­en Kirchengem­einde Ludwigsmoo­s (Kreis Neuburg-Schrobenha­usen) und damit dem Dekanat Ingolstadt an. Rund 1000 Mitglieder zählt die Gemeinscha­ft, knapp ein Viertel wohnt in Pöttmes. „In meinem Gebiet wohnen rund 25000 Gläubige, aber nur knapp 1000 von ihnen sind evangelisc­h“, sagte Pfarrerin Dölfel. Die überschaub­are Mitglieder­zahl habe auch ihren Vorteil, denn damit sei ein intensiver und persönlich­er Kontakt möglich.

In Pöttmes bringen sich die Mitglieder von Anfang an stark mit ein. Ohne das Engagement vieler Einzelner, könnte das runde Jubiläum heute so nicht gefeiert werden, sagte Andreas Loquai. Mehr als 30 Jahre war er im Kirchenvor­stand aktiv und war auch während der Bauarbeite­n der Lutherkirc­he involviert. Bereits in der dritten Generation ist seine Familie in der Pfarrei aktiv. Anlässlich des runden Jubiläums stellte er seine selbst geschriebe­ne Chronik über das evangelisc­he Leben in Pöttmes aus. Bereits zuvor waren die Schautafel­n, die er mit seinem Sohn Arwed gestaltet hat, im Rathaus zu sehen (wir berichtete­n).

In der Ausstellun­g fällt immer wieder der Name eines Ehepaars, das das evangelisc­he Leben in Pöttmes maßgeblich geprägt hat: Therese und Karl Hofmann. 1923 zog das Paar von Arzberg in Oberfranke­n nach Pöttmes. Karl Hofmann fand als Sekretär eine Anstellung in der Gemeindeve­rwaltung und wurde später langjährig­er Bürgermeis­ter. Als die Hofmanns in ihrer Wahlheimat ankamen, lebten dort nur rund 40 Lutheraner. Bis 1946 verzehnfac­hte sich die Anzahl. Mit seiner Ehefrau zählte Karl Hofmann zum „Zellkern“des evangelisc­hen Lebens in Pöttmes, betonte Andreas Loquai. Ohne Hofmann wäre der Bau der Lutherkirc­he vermutlich nicht möglich gewesen. Den Kirchbauau­sschuss gründeten Arthur Maltz, Fritz Gärtner und Johanna Fäustlin mit.

Bevor es zu dem Neubau kam, fanden schon evangelisc­he Gottesdien­ste in Pöttmes statt. Die ersten Messen wurden im Schloss Schorn, später im Unteren Tor und in der katholisch­en Johanneska­pelle gefeiert. Dass die katholisch­e Gemeinde die kleine Kapelle am Marktplatz zur Verfügung stellte, zeigt die bis heute gute Zusammenar­beit.

Auch am Feierwoche­nende war die gelebte Ökumene zu sehen: Zum Festakt am Sonntag kam Kaplan Helmut Epp. Glückwünsc­he überbracht­en stellvertr­etender Landrat Manfred Losinger, Pöttmes’ Bürgermeis­ter Franz Schindele und sein Ehekirchen­er Kollege Günter Gamisch. Schindele hob hervor, er sei froh, dass die Marktgemei­nde vor mehr als 50 Jahren das Grundstück der Lutherkirc­he stiftete, und dadurch eine religiöse Heimat für viele Bürger geschaffen werden konnte.

Ein besonderer Festredner war Pfarrer Johannes Braun, der von 1963 bis 1972 in der Gemeinde Ludwigsmoo­s-Pöttmes tätig war. Er wünschte seiner ehemaligen Gemeinde, dass sie auch künftig wachse, blühe und gedeihe. Gleichzeit­ig mahnte er zu mehr Ökumene: „Wir sitzen als Christen alle in einem Boot.“

Und auch für die jungen Besucher war an dem Festwochen­ende viel geboten: Der Verband Christlich­er Pfadfinder­innen und Pfadfinder Land Bayern (VCP) stellte seine Arbeit vor und gab mit Lagerfeuer und Stockbrot einen Vorgeschma­ck. Der Jugendrefe­rent des Dekanats, Philip Höhn, kam mit dem Projekt „TourTür“: Dabei werden mit Kindern und Jugendlich­en Forderunge­n an Kirche und Politik erarbeitet. Die Ergebnisse werden, wie einst Martin Luthers 95 Thesen, an eine mobile Kirchentür genagelt. Die Fahrt mit einem Oldtimerbu­s kreuz und quer durch die Pfarrgemei­nde stellte den Abschluss des Festes dar.

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Fotos: Andreas Dengler Gelebte Ökumene beim Fest zum 50 jährigen Bestehen der Luther Kirche: Pfarrerin Cornelia Dölfel und Kaplan Helmut Epp.
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Zum Abschluss der Feierlichk­eiten gab es eine Oldtimer Fahrt durch die ganze Ge meinde.

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