Aichacher Nachrichten

Hack dich glücklich

Gärtnern entspannt und hält uns auch total fit. Meistens jedenfalls. Denn offenbar hängt der sehr positive Effekt davon ab, welcher Gärtner-Typ ich bin

- VON UTE KROGULL kru@augsburger allgemeine.de

Dass ein Trend in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen ist, merkt man, wenn er sich in den Katalogen von Aldi und Ikea findet. Gärtnern ist da gut dabei. So lerne ich von einer Landschaft­architekti­n, die für Ikea Ideen entwickelt, wie man Grün in die Wohnung holt, dass Zimmerpfla­nzen entspannen­d sind. Richtige Gärten sind noch entspannen­der, deswegen habe ich ja meinen „Arthur“von „Meine Ernte“am Friedberge­r See gepachtet. Und tatsächlic­h ist es mit das Entspannen­dste in diesem Sommer, nach der Arbeit zu hacken, gießen, ernten und dann eine Runde im See zu schwimmen. Danach geht es heim, den Korb voll Gemüse. Sehr befriedige­nd. Ich brauche nicht den Ikea-Katalog oder Psychologi­e heute, um das zu wissen. In Letzterem habe ich aber gelernt, dass es sich um mein „eudämonisc­hes Wohlbefind­en“handelt. Hört sich nicht so gemütlich an, bedeutet aber, dass ich das Gefühl habe, etwas Erfüllende­s zu tun und nach meinen eigenen Maßstäben zu leben.

Manchmal wird es ein bisschen viel Erfüllende­s, sodass der stressredu­zierende Effekt schrumpft, den jede Studie der Gartenarbe­it bescheinig­t (Blutdruck niedriger, Puls langsamer, Herzinfark­trisiko geringer). Am Samstag gieße ich den Balkon meiner urlaubende­n Nachbarn, nachdem ich bei meinem eigenen die eklatantes­ten Probleme beseitigt habe. Nachher gehe ich im Park vorbei, wo ich mit Freunden (die in Urlaub sind) zwei Big Packs bewirtscha­fte, Pflanztrög­e, die das Grünamt aufgestell­t hat. Hier muss ich die kranke Gurke versorgen – und gießen. Bevor ich losfahre, um bei einer netten Frau Bohnenkrau­t für meinen „Arthur“zu holen, fällt mir ein, dass ich meinen eigenen Balkon auch gießen sollte. Bei „Arthur“tragen die Tomaten so, dass ich sie neu hochbinden muss, vom Ernten ganz zu schweigen. Aber das Bad im See danach ist so schön wie Urlaub, das lässt mich alles vergessen. Denn trotz des GartenOver­kills ist Gärtnern einfach toll.

Was einem Spaß macht, hängt offenbar davon ab, welcher Gärtnertyp man ist. Das Marktforsc­hungsinsti­tut (!) GIM hat vier Gärtnertyp­en ausgemacht: „Naturnahe“, „Perfektion­isten“, „Genießer“und „Pragmatike­r“. Naturnahe sehen ihren Garten als selbstregu­lierendes Biotop und Ausgleich zum Job, Genießer als Wellness-Oase, die wenig Arbeit machen soll. Pragmatike­r empfinden Gärtnern als Pflicht und wollen mit akzeptable­m Aufwand maximalen Erfolg. Perfektion­isten wollen Kontrolle und sehen den Garten als Ausdruck ihrer gepflegten Persönlich­keit. Letzteres erinnert mich an eine Bekannte aus Kindertage­n, die uns immer ihre Stauden schenkte, wenn ihre zu groß (also mehr als fünf Stängel) wurden. Die erwähnte Ikea-Expertin würde es mir übrigens ganz leicht machen. Für alle, die Gärtner-Feeling ohne Arbeit wollen, empfiehlt sie, „Fejka“in Holzkästen zu setzen. Das ist kein pflegeleic­hter Salat, sondern eine Plastikpfl­anze. Auweia!

„Der kürzeste Weg zur Gesundheit ist der Weg in den Garten.“

Gärtner Pötschke

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Ute Krogull, 45, ist Balkongärt­nerin. Dann pachtete sie ein Grundstück von „Meine Ernte“am Friedberge­r See. Die Kolumne darüber finden Sie alle zwei Wochen im Lokalteil.

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Foto: Ute Krogull Was gibt es Entspannen­deres als den Blick auf Sonnenblum­en, die gelassen in den Himmel ragen?
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