Aichacher Nachrichten

Sanfte Pferde wirken bei Therapie

Auf ihrem Hof in Steinach kümmert sich Beate Schindlmei­er mit den Tieren um geistig und körperlich eingeschrä­nkte Menschen

- VON CHRISTINA

RIEDMANN POOCH Merching Steinach Rosanna spitzt die Ohren und wendet ihre freundlich­en Pferdeauge­n aufmerksam dem kleinen Jungen zu. Beate Schindlmei­er nickt beiden aufmuntern­d zu: „Jetzt kannst du Rosanna begrüßen.“Der Junge schiebt seine kleine Hand nach vorne und streichelt sanft über den weichen Pferdehals. Kurz darauf lässt sich das Pferd von dem Fünfjährig­en bereitwill­ig zum Striegelpl­atz führen. Betreuerin Schindlmei­er ist immer dabei und lobt die drei anderen Kinder und die Pferde Alhambra, Wanda und Samba, die sich an diesemTag zum Ausritt fertigmach­en.

Schindlmei­er ist vor fünf Jahren mit ihrer Familie, ihrer kleinen Pferdeherd­e und zwei Hunden in Steinach angekommen. Erst mit 29 Jahren, als ihre jüngere Tochter gerade geboren war, entdeckte sie die ganz große Liebe zu den Tieren: Eine Freundin betreibt nahe Landsberg einen Therapieho­f für Pferde. Dort half Schindlmei­er bei der Stallarbei­t. Bald begann sie für die Reittherap­ie Pferde zu führen, und es kristallis­ierte sich heraus, wie sehr ihr die Arbeit gerade mit geistig und körperlich eingeschrä­nkten oder psychisch kranken Menschen liegt. Sie entschied, nach einer Ausbildung als Heilerzieh­ungspflege­rin auch die Ausbildung als Reittherap­eutin anzugehen.

Es kommen aber auch Kinder zu ihr, die „einfach so reiten wollen“oder den Kontakt mit Tieren su- chen. „Es war genau mein Ding. Ich hätte niemals gedacht, dass das alles, was ich hier so mache, sein könnte: Meine geregelte Arbeit als Heilerzieh­ungspflege­rin, mein kleiner Hof, die Arbeit mit den Pferden“, sagt sie voller Dankbarkei­t.

Samba wird ungeduldig und wirft seine Mähne um sich – die Stechmücke­n werden lästig, scheint er Reiter Fabian zu sagen, und Wanda versucht interessie­rt, an Kerstins blonden Locken zu knabbern. Rosanna schmiegt sich noch einmal liebevoll mit ihrem Kopf an Beate, dann heißt es: „Reithelme auf und aufsteigen“. Das ist ganz leicht: Für kleine und gehandicap­te Reiter hat Beate eine Rampe gebaut, auf die man bequem fahren oder gehen kann, das Pferd wird direkt daneben geführt, und schon kann es losgehen. Fröhlich reiten die Kinder los, am Bach vorbei, auf Feldwege, die Hufe trippeln den Takt des Spätsommer­tages.

Schindlmei­er erzählt von ihrem Ansatz, der für behinderte und „normale“Reiter gilt: Vor allem will sie keinen Druck bei den Stunden haben. Natürlich gelten klare Regeln, an die sich Menschen und Tiere halten müssen, aber „die Zeit soll damit ausgefüllt sein, was derjenige gerade braucht und auch will“. Als Therapeuti­n weiß sie, wo sie einen Impuls geben muss, aber das meiste entwickele sich von selbst. Vor allem „Perfektion“setzt sie nicht als Prämisse. „Es ist so eine wichtige Erfahrung, wenn man sagen kann: Ich hab mich getraut, ich wurde nicht gezwungen, ich muss nicht immer dies und das, sondern: Ich darf ganz viel, daraus kann sich so viel entwickeln.“Die Ziele der Therapie sind vielfältig. Bei körperlich Behinderte­n sollen sich zum Beispiel Spannungen lösen. Menschen mit seelischen Störungen können durch den Kontakt zu den Pferden wieder mehr Vertrauen gewinnen und sich selbst besser spüren.

Für die Therapieei­nheiten braucht sie Pferde, die ihrer Erfahrung nach erst dann ideal ausgeglich­en und bereit sind, zu arbeiten, wenn sie selbst draußen und in der Herde zusammen sein können. „Dann achten sie den Menschen, und das ist ein ganz anderes Miteinande­r.“

Fröhlich bellend begrüßt Beppo die Gruppe. „Ein ehemaliger Straßenhun­d aus Irland. Er hilft mir bei der Therapie“, stellt ihn Schindlmei­er vor und fügt hinzu: „Er lenkt die Eltern bestens ab – denn oft sind gut gemeinte Ratschläge während der Therapie kontraprod­uktiv. Deshalb arbeite ich am liebsten alleine mit den Kindern.“Nach dem Reiten holen die Kinder Calle von der Weide ab: Unternehmu­ngslustig lugt er mit flinken Augen durch seine blondschwa­rze, lange strubbelig­e Mähne. „So ein liebenswer­ter Charakter“, schwärmt Schindlmei­er und fügt hinzu: „Absolut friedlich, vor allem Kindern gegenüber.“

Kontakt Beate Schindlmei­er ist per E Mail an b.schindlmei­er@gmx.de erreichbar

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Foto: Christina Riedmann Pooch Theapiehof Steinach: Bei der Tour über die Feldwege gibt es viel zu entdecken.

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