Aichacher Nachrichten

AfD Ergebnis sorgt für Entsetzen

Im Landkreis erhielt die Partei die meisten Stimmen in einer Gemeinde, in der keine Flüchtling­e leben. Deren Bürgermeis­ter ist schockiert. Was dagegen der AfD-Kreischef sagt

- VON NICOLE SIMÜLLER UND EVA WEIZENEGGE­R

Aichach Friedberg Die Ergebnisse der Bundestags­wahl sorgten gestern für Gesprächss­toff im Landkreis. Mit der AfD gibt es nun auf der politische­n Bühne eine neue zweitstärk­ste Kraft. In den Wahlkreise­n Augsburg-Land und Donau-Ries, zu denen 16 beziehungs­weise acht Kommunen aus dem Wittelsbac­her Land gehören, erzielte sie mit 13,7 und 14,7 Prozent Ergebnisse über dem bundesweit­en Resultat von 12,6 Prozent. Rainer Kraft aus Langweid-Stettenhof­en, der im Wahlkreis Augsburg-Land als Direktkand­idat angetreten war, zieht über die Liste in den Bundestag ein.

Landkreisw­eit erhielt die AfD in Todtenweis (20,5 Prozent) und Schiltberg (19) die meisten Zweitstimm­en. Dahinter folgten Steindorf und Ried (16,8 und 16,0). Konrad Carl (CSU), Bürgermeis­ter von Todtenweis, war gestern regelrecht schockiert über das Ergebnis der AfD: „Ich hab’ mich heute früh schon so geärgert“, erzählte er. Er ist überzeugt, dass vor allem der Flüchtling­szuzug viele Wähler in die Arme der AfD trieb: „Da ver- bergen sich Ängste, die natürlich unbegründe­t sind, aber die wir nicht rausbringe­n aus den Köpfen.“Dabei leben in Todtenweis nicht mal Flüchtling­e. Carl nachdenkli­ch: „Vielleicht war das von Nachteil.“

Im Gegensatz zu CSU-Direktkand­idat Ulrich Lange sei AfDKandida­t Rafael Hauptmann im Ort nicht bekannt. Carl: „Das hat mich am meisten geärgert und enttäuscht, dass man jemanden wählt, den man nicht kennt.“Er hofft, dass die neue Bundesregi­erung schnell Themen anpackt, die die Bürger in seinen Augen umtreiben: darunter die Zukunft der Rente, unsichere Arbeitsver­hältnisse, wie Leiharbeit, und die Flüchtling­spolitik.

Auch in Schiltberg sammelte der AfD-Kandidat viele Stimmen. Bürgermeis­ter Josef Schreier (CSU), der am Sonntag beim Auszählen mithalf, sagte gestern seufzend: „Der Bürger hat gewählt.“Zum Ergebnis der AfD habe die Flüchtling­spolitik ebenso beigetrage­n wie eine Protesthal­tung vieler Wähler.

Im Schiltberg­er Ortsteil Rapperzell ist der AfD-Kreisvorsi­tzende Paul Traxl zu Hause. Der 69-jährige Arzt und Zahnarzt freut sich über das „besonders gute Ergebnis in meiner Heimat“und über das bundesweit­e Ergebnis seiner Partei. Die Leute bemerkten die AfD nun – trotz der „Kampagne der Altparteie­n und Medien“, die die Partei in die rechte Ecke stellten. Die Frage, wie er sich von rechtem Gedankengu­t in seiner Partei abgrenze, wies er zurück: „Es ist nicht meine Aufgabe, mich gegen alles abzugrenze­n, was verrückt ist.“Seine Partei wolle an Themen gemessen werden.

So sei der Euro eine Fehlkonstr­uktion, die Eurorettun­g in Wahrheit eine Bankenrett­ung gewesen. Dass die Regierung Gesetze nicht einhalte und eine unkontroll­ierte Masseneinw­anderung zulasse, sei „unerträgli­ch“, so Traxl. Auch bei der Energiewen­de sieht er Handlungsb­edarf: „Wir haben den teuersten Strom auf der ganzen Welt.“Als Protestpar­tei sieht er die AfD nicht. Die Leute hätten sehr wohl nach Inhalten entschiede­n, sie seien eben mit der Politik der großen Koalition nicht einverstan­den gewesen.

Dass die AfD in Schiltberg ein Fünftel aller Stimmen holte, zeige, „dass das eine Gegend ist mit Leuten, die wirklich noch gesunden Menschenve­rstand haben“, so Traxl. Er verfolgte die Auszählung am Sonntag im Wahllokal und begründete das so: „Es gibt den nicht ganz unberechti­gten Verdacht, dass Unstimmigk­eiten vorkommen können.“Auf Nachfrage schränkte er ein, dass sich das nicht auf die Wahlhelfer in Rapperzell beziehe. Der AfD-Kreisverba­nd war 2013 gegründet worden. Zu den Mitglieder­zahlen wollte sich Traxl nicht äußern. Ortsverbän­de der Partei gibt es im Landkreis bisher nicht.

Rieds Bürgermeis­ter Erwin Gerstlache­r (CSU) hinterläss­t das Wahlergebn­is ratlos: „Ich hätte nicht gedacht, dass gerade bei uns die AfD so stark punkten kann.“Etwa 30 Flüchtling­e leben in Ried. Sie werden von Helfern betreut und haben sich gut integriert. Gerstlache­r sieht das Wahlergebn­is als „klares Zeichen gegen die Bundesregi­erung.“In Steindorf holte die AfD ihr drittstärk­stes Resultat im Kreis. CSU-Ortsvorsit­zender Georg Hermann hält die Ursachenfo­rschung für nicht so einfach. Auch in Steindorf ist das Thema Flüchtling­spolitik kaum spürbar. „Wir hatten Container hier, doch es zogen gar keine Flüchtling­e ein.“Er sieht den Grund eher in der Stimmungsl­age der Wähler. u. S. 2

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