AfD Ergebnis sorgt für Entsetzen
Im Landkreis erhielt die Partei die meisten Stimmen in einer Gemeinde, in der keine Flüchtlinge leben. Deren Bürgermeister ist schockiert. Was dagegen der AfD-Kreischef sagt
Aichach Friedberg Die Ergebnisse der Bundestagswahl sorgten gestern für Gesprächsstoff im Landkreis. Mit der AfD gibt es nun auf der politischen Bühne eine neue zweitstärkste Kraft. In den Wahlkreisen Augsburg-Land und Donau-Ries, zu denen 16 beziehungsweise acht Kommunen aus dem Wittelsbacher Land gehören, erzielte sie mit 13,7 und 14,7 Prozent Ergebnisse über dem bundesweiten Resultat von 12,6 Prozent. Rainer Kraft aus Langweid-Stettenhofen, der im Wahlkreis Augsburg-Land als Direktkandidat angetreten war, zieht über die Liste in den Bundestag ein.
Landkreisweit erhielt die AfD in Todtenweis (20,5 Prozent) und Schiltberg (19) die meisten Zweitstimmen. Dahinter folgten Steindorf und Ried (16,8 und 16,0). Konrad Carl (CSU), Bürgermeister von Todtenweis, war gestern regelrecht schockiert über das Ergebnis der AfD: „Ich hab’ mich heute früh schon so geärgert“, erzählte er. Er ist überzeugt, dass vor allem der Flüchtlingszuzug viele Wähler in die Arme der AfD trieb: „Da ver- bergen sich Ängste, die natürlich unbegründet sind, aber die wir nicht rausbringen aus den Köpfen.“Dabei leben in Todtenweis nicht mal Flüchtlinge. Carl nachdenklich: „Vielleicht war das von Nachteil.“
Im Gegensatz zu CSU-Direktkandidat Ulrich Lange sei AfDKandidat Rafael Hauptmann im Ort nicht bekannt. Carl: „Das hat mich am meisten geärgert und enttäuscht, dass man jemanden wählt, den man nicht kennt.“Er hofft, dass die neue Bundesregierung schnell Themen anpackt, die die Bürger in seinen Augen umtreiben: darunter die Zukunft der Rente, unsichere Arbeitsverhältnisse, wie Leiharbeit, und die Flüchtlingspolitik.
Auch in Schiltberg sammelte der AfD-Kandidat viele Stimmen. Bürgermeister Josef Schreier (CSU), der am Sonntag beim Auszählen mithalf, sagte gestern seufzend: „Der Bürger hat gewählt.“Zum Ergebnis der AfD habe die Flüchtlingspolitik ebenso beigetragen wie eine Protesthaltung vieler Wähler.
Im Schiltberger Ortsteil Rapperzell ist der AfD-Kreisvorsitzende Paul Traxl zu Hause. Der 69-jährige Arzt und Zahnarzt freut sich über das „besonders gute Ergebnis in meiner Heimat“und über das bundesweite Ergebnis seiner Partei. Die Leute bemerkten die AfD nun – trotz der „Kampagne der Altparteien und Medien“, die die Partei in die rechte Ecke stellten. Die Frage, wie er sich von rechtem Gedankengut in seiner Partei abgrenze, wies er zurück: „Es ist nicht meine Aufgabe, mich gegen alles abzugrenzen, was verrückt ist.“Seine Partei wolle an Themen gemessen werden.
So sei der Euro eine Fehlkonstruktion, die Eurorettung in Wahrheit eine Bankenrettung gewesen. Dass die Regierung Gesetze nicht einhalte und eine unkontrollierte Masseneinwanderung zulasse, sei „unerträglich“, so Traxl. Auch bei der Energiewende sieht er Handlungsbedarf: „Wir haben den teuersten Strom auf der ganzen Welt.“Als Protestpartei sieht er die AfD nicht. Die Leute hätten sehr wohl nach Inhalten entschieden, sie seien eben mit der Politik der großen Koalition nicht einverstanden gewesen.
Dass die AfD in Schiltberg ein Fünftel aller Stimmen holte, zeige, „dass das eine Gegend ist mit Leuten, die wirklich noch gesunden Menschenverstand haben“, so Traxl. Er verfolgte die Auszählung am Sonntag im Wahllokal und begründete das so: „Es gibt den nicht ganz unberechtigten Verdacht, dass Unstimmigkeiten vorkommen können.“Auf Nachfrage schränkte er ein, dass sich das nicht auf die Wahlhelfer in Rapperzell beziehe. Der AfD-Kreisverband war 2013 gegründet worden. Zu den Mitgliederzahlen wollte sich Traxl nicht äußern. Ortsverbände der Partei gibt es im Landkreis bisher nicht.
Rieds Bürgermeister Erwin Gerstlacher (CSU) hinterlässt das Wahlergebnis ratlos: „Ich hätte nicht gedacht, dass gerade bei uns die AfD so stark punkten kann.“Etwa 30 Flüchtlinge leben in Ried. Sie werden von Helfern betreut und haben sich gut integriert. Gerstlacher sieht das Wahlergebnis als „klares Zeichen gegen die Bundesregierung.“In Steindorf holte die AfD ihr drittstärkstes Resultat im Kreis. CSU-Ortsvorsitzender Georg Hermann hält die Ursachenforschung für nicht so einfach. Auch in Steindorf ist das Thema Flüchtlingspolitik kaum spürbar. „Wir hatten Container hier, doch es zogen gar keine Flüchtlinge ein.“Er sieht den Grund eher in der Stimmungslage der Wähler. u. S. 2