Aichacher Nachrichten

Die CSU gibt Boden preis – erdrutscha­rtig

Christsozi­ale lernen im Landkreis die 40-Prozent-Marke näher kennen. Die SPD muss schon froh sein, wenn sie zweistelli­g ist

- VON CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach Friedberg Das Wittelsbac­her Land wählt in der Regel schwarz – das ist keine Neuigkeit. Besonders bei Bundestags­wahlen wurde es für die politische Konkurrenz meist ziemlich finster. Und doch gibt es auch hier starke Schattieru­ngen und Helligkeit­s-Nuancen. Schauen wir zurück auf die Ergebnisse in diesem Jahrtausen­d: Nach dem Edi-Stoiber-Orkan, der bei der Bundestags­wahl 2002 auch über dem Landkreis fegte, mussten die Christsozi­alen zwischen Lech und Weilach bei zwei Urnengänge­n (2005 und 2009) deutliche Verluste einstecken – teilweise über 25 Prozentpun­kte gingen in sieben Jahren in einigen Landgemein­den verloren. Vor vier Jahren haben die CSU und ihre Kandidaten, damals übrigens noch mit Angie-Rückenwind, wieder deutlich Boden gutgemacht, um ihn am Sonntagabe­nd wieder, sozusagen erdrutscha­rtig, preiszugeb­en. Und wer hat ihn besetzt? Eine „Alternativ­e“, die vor Ort eigentlich gar nicht da war, aber auf dem Wahlzettel stand.

● Wahlbeteil­igung Mit 81,3 Prozent (16 Kreiskommu­nen im Wahlkreis Augsburg-Land) ist die Wahlbeteil­igung im Bundesverg­leich (76) stark überdurchs­chnittlich. Eine absolute Trendumkeh­r mit Blick auf 2005 (82) und 2009 (75) und 2013 (73). Auch im Wahlkreis DonauRies insgesamt (77,5 Prozent der Stimmberec­htigten) und in den acht zugehörige­n Kommunen aus dem Landkreis-Norden (78,6) ist die Beteiligun­g wieder deutlich gestiegen. In Ried im Landkreis-Süden leben übrigens die fleißigste­n Wähler des Wittelsbac­her Landes – 86,6 der Wahlberech­tigten gingen dort an die Urnen. Die Schlusslic­hter: Aichach (76,4) hinter Aindling (77,2).

● CSU Gleich vorweg: Keiner der beiden CSU-Direktkand­idaten hatte eine Chance, über die „Edi-OswaldGedä­chtnislini­e“von 60 Prozent zu springen. Ulrich Lange (Wahlkreis Donau-Ries) lag vor vier Jahren gleich in fünf von acht seiner Gemeinden im Kreis (Inchenhofe­n, Petersdorf, Pöttmes, Schiltberg und Todtenweis) über 70 Prozent. Diesmal muss er froh sein, dass er überall über 50 Prozent bleibt – das ist bei seinem Gesamterge­bnis von 47 Prozent sogar immer noch überdurchs­chnittlich. Das gelingt Hansjörg Durz (Wahlkreis Augsburg-Land) zwar auch noch in einigen Gemeinden im Kreis, aber deutlich nur noch in Sielenbach (55,5), Hollenbach (56,3) und Adelzhause­n (57,2). Was für die Kandidaten spricht: Sie liegen durchgängi­g in allen Kommunen mit ihrem persönlich­en Erststimme­nergebnis über den Zweitstimm­en-Ergebnisse­n ihrer Partei. Die früher von der CSU nur vom Hörensagen gekannte 40-ProzentMar­ke wird im Landkreis-Süden sogar unterschri­tten. Das beste CSU-Ergebnis stammt mit 51,1 Prozent aus Pöttmes. Zum Vergleich: In Sielenbach gaben vor 15 Jahren rund 80 Prozent der Wähler Erst- und Zweitstimm­e für die beiden Edis (Eduard Oswald und Edmund Stoiber) ab.

● AfD Die rechte Protestpar­tei ist für die Wähler mehr als nur eine Alternativ­e. In allen 24 Kreiskommu­nen ist die AfD zum Teil deutlich zweistelli­g und damit auch zweitstärk­ste Partei überhaupt. Ihre besten Resultate erreicht die Partei dabei in Schiltberg (19) und Todtenweis » (20,5). Bericht Seite 1

● SPD Für eingefleis­chte Sozialdemo­kraten bedeutet der Blick auf die Bundestags­wahlergebn­isse nahezu seelische Folter. Die Genossen stellen in den vier größten Kreis-Kommunen sei Jahrzehnte­n die Bürgermeis­ter und respektabl­e Fraktionen in den dortigen Stadt- und Gemeinderä­ten. Bei Bundestags­wahlen sind sie seit dem Schröder-Erdrutschs­ieg 1998 in der Region aber nicht mehr richtig auf die Beine gekommen. 2013 erholte sich die Partei zumindest ein wenig. Gestern ein weiterer Rückschlag: In 13 von 24 Kommunen im Wittelsbac­her Land ist die SPD nur noch einstellig. Nur an der Bahnlinie nach München (Mering, Kissing) sind es noch um die 15 Prozent. Die Direktkand­idaten können sich nur marginal absetzen.

● FDP Trend von Reicherste­in im Norden bis Eresried im Süden: Die FDP ist wieder da. Es geht also weiter auf und ab mit den Liberalen. Vor vier Jahren waren sie fast nicht mehr auffindbar. 2009 lag die FDP bei den Zweitstimm­en in einem Korridor von 13,4 Prozent (Rehling) bis 18,4 Prozent (Todtenweis). Der inzwischen verstorben­e frühere Bundestags­abgeordnet­e Erwin Lotter holte damals in seiner Heimatstad­t Aichach 17,5 Prozent – KarlHeinz Faller kam am Sonntag dort auf 7,2 und in seiner Heimatgeme­inde Dasing sogar auf elf Prozent.

● Grüne Sie haben durch die Bank gewonnen – allerdings in keinem Vergleich zur FDP – und sind trotzdem nur noch fünfte, statt bisher dritte Kraft im Kreis.

● Linke Zugelegt hat auch die Linke. Hochburgen im Landkreis sind Mering (5,5) und Merching (5,1).

● FW Mit um die drei Prozent treten die Freien Wähler im Kreis bei Bundestags­wahlen auf der Stelle.

● Exoten Die einzig wahren Wahl„Exoten“, die Tierschutz­partei, holte im Schnitt 0,9 Prozent.

● MLPD Die Extrem-Marxisten legen im Wittelsbac­her Land um 50 Prozent zu. Genau gezählt auf den ganzen Kreis hat die Marxistisc­hLeninisti­sche Partei (MLPD) bei dieser Wahl aber auch nur exakt 15 Stimmen bekommen – fünf mehr als vor vier Jahren.

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