Bald geht’s zum Alterssitz nach Aichach
Pfarrer Thomas Gerstlacher nimmt aber noch nicht sofort Abschied von Hirblingen
Gersthofen Hirblingen Offiziell haben sich die Hirblinger schon am 17. September von Pfarrer Thomas Gerstlacher verabschiedet. Inoffiziell ist der Seelsorger, der acht Jahre lang zusätzlich zu seinen vielen anderen Aufgaben nebenamtlicher Pfarrer im Gersthofer Stadtteil war, aber noch immer für die Hirblinger da. Denn eine kleine Weile wird es noch dauern, bis sein Nachfolger Thomas Groll ins schöne Pfarrhaus in der Wertinger Straße einzieht.
Ein paar Umbauten werden für den neuen Bewohner vorgenommen und auch der Ruhestandssitz von Thomas Gerstlacher und seiner Pfarrhausfrau Johanna Kaufmann in Aichach-Oberbernbach ist noch nicht ganz fertig. Die vermisst schon jetzt den riesigen Garten in Hirblingen, den sie liebevoll zu einem grünen Paradies gemacht hat, und die Menschen, die ihr ans Herz gewachsen sind. Doch nach 30 Jahren, in denen sie dem viel beschäftigten Pfarrer immer den Rücken frei gehalten hat, bereitet sie auch den Umzug in den Ruhestand umsichtig vor.
Wobei Ruhestand für den vitalen 70-Jährigen ein eher weit gefasster Begriff ist. Er freut sich zwar auf eine Zeit mit mehr Freiräumen zum Spazierengehen und der Muse für sein großes Hobby, die Literatur. Doch die Seelsorge, das Ganz-Dasein für die Menschen, das wird auch in Zukunft eine wichtige Komponente seines Lebens sein. Er wird in der Aichacher Pfarrei mitarbeiten, weiterhin Exerzitienkurse geben und seit dem 1. September ist er Leiter des päpstlichen Werkes für geistliche Berufe in Augsburg.
Seinen Posten als Leiter der Priesterseelsorge im Bistum Augsburg hat er an seinen Nachfolger Pfarrer Georg Schneider abgegeben, doch langweilig wird es dem agilen Pensionär sicher nicht. Nachdem er von den vielen Verwaltungsaufga- ben befreit ist, freut er sich auf das „Mehr-Priester-Sein“. Die Bürokratie liegt ihm ohnehin nicht so sehr und deshalb war er auch froh, in Hirblingen eine eigenständige, lebendige Gemeinde zu haben. Die „tüchtige Kirchenverwaltung und der selten kreative Pfarrgemeinderat“haben ihm sehr viel abgenommen und Raum gelassen für die Begegnung mit den Menschen.
„Es ist doch ein Unding, dass ein Mensch in Nöten bis zu acht Monate auf einen Termin bei einem Psychologen warten muss“, ist das offene Ohr und die offene Tür für Gerstlacher das wichtigste Werkzeug eines Seelsorgers. Nie wollte der Bub aus dem Friedberger Ortsteil Bachern etwas anderes werden als Priester. Im Internat in Dillingen wurden die Grundlagen dafür gelegt, mit elf Jahren war er beim katholischen Kirchentag in Berlin dabei. „Unsere Sorge ist der Mensch, unser Heil ist der Herr“, zitiert er den von dort mitgebrachten Leitspruch seines Lebens.
Als einen „schönen Weg“bezeichnet er die Stationen als Kaplan in Kempten und Augsburg, als Jugendseelsorger in der Region NeuUlm, als Religionslehrer in Kaufbeuren und als Gemeindepfarrer in Neugablonz und Streitheim. Von der Pfarrstelle im Augsburger Stadtteil Hochzoll kam er vor acht Jahren nach Hirblingen. Immer neue Anregungen und Aufgaben sind dem Kirchenmann auch heute noch wichtig. Auf seinem Nachttisch liegen Stadtpläne und Reiseliteratur, acht Mal war er in den USA, die englischen Counties hat er systematisch bereist.
Nach New York möchte er nicht mehr, aber Abstecher nach London reizen ihn immer noch. Die Stadt und ihre vielfältige Architektur zieht den Augenmenschen Gerstlacher an. Doch das hat nichts mit Ablenkung oder schönem Schein zu tun. Am Ende führen alle äußeren Reisen nach innen, ist der Freund russischer Literatur und Anhänger kraftvoller Gedichte überzeugt. Seinem anstehenden Umzug in das urbayerische Aichach, zu neuen Menschen und neuen Erfahrungen sieht er ebenso neugierig entgegen wie allen Veränderungen in seinem Leben. Das Lebendig-im-GesprächBleiben, das ihm so wichtig ist, wird er mit einem Augenzwinkern und viel Verständnis für die Menschen sicher auch dort prima meistern.