Auch die Protestanten sind zuverlässig
Zum Artikel „Was den Rabbiner freut und was ihn sorgt“vom 25. September: Den Glückwünschen zum 90. Geburtstag von Rabbiner Dr. Henry Brandt schließe ich mich an. Sie gelten einem Mann, der große Verdienste um den christlich-jüdischen Dialog hat. Gleichwohl hat mich ein Passus im Interview befremdet, der für mich als Mitglied einer evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde nicht ohne Kommentar bleiben kann. Es geht um den Passus: „Auf die Katholiken ist für uns Juden Verlass, was das solidarische Miteinander angeht. Etwas anders sieht das bei den Protestanten aus. Da gibt es leider immer noch Evangelikale, die uns taufen wollen. Nicht mit mir.“Dies erweckt den Eindruck, als ob die Protestanten schlechthin diese Tendenz vertreten und nicht verlässlich solidarisch seien. Nun sind „Evangelikale“zwar eine evangelische Denomination, aber als unabhängige Freikirchen organisiert, und nicht mit Lutherischen oder reformierten Protestanten gleichzusetzen. Nach einer Verlautbarung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Landeskirchen Deutschlands wurde einer Judenmission, die ja auch eine Taufe bedingen würde, ausdrücklich eine Absage erteilt. Und was die Historie der katholischen Kirche im Verhältnis zu den Juden angeht, so sei an die Zwangstaufe der Juden im ausgehenden 15. Jahrhundert im katholischen Königreich Spanien erinnert. Ferner an die Katholische Karfreitagsliturgie mit dem Passus über die „perfiden, tückischen, treulosen Juden“. Ohne die Konfrontation mit der katholischen Kirche suchen zu wollen, ist es schmerzlich genug, in diesem Zusammenhang daran erinnern zu müssen.