Aichacher Nachrichten

Vertreibt Friedberg die letzten Kiebitze?

Die geplante Erweiterun­g des Gewerbegeb­iets in Derching nimmt eine wichtige Hürde. Die Regierung von Schwaben hält die Konflikte für lösbar. Das Landratsam­t bleibt bei seinen Bedenken

- VON THOMAS GOSSNER

Friedberg Die Erweiterun­g des Derchinger Gewerbegeb­iets ist nun doch ohne aufwendige­s Zielabweic­hungsverfa­hren möglich. Dies ist das Ergebnis der Gespräche, die die Friedberge­r Stadtverwa­ltung mit der Regierung von Schwaben geführt hat. Dennoch dürfte die Ausweisung neuer Gewerbeflä­chen kein einfaches Unterfange­n werden. Das Landratsam­t sowie Naturschüt­zer äußern Bedenken dagegen, weil die elf Hektar große Fläche in den Regionalen Grünzug hineinreic­ht und weil hier Wiesenbrüt­er beheimatet sind. Die Flächen im FriedbergP­ark an der A8 haben sich so gut verkauft, dass der Stadtrat im Juli 2015 eine Änderung des Flächennut­zungsplans in die Wege geleitet hat. Die Zusagen der Grundstück­seigentüme­r liegen offenbar vor, Geld ist noch nicht geflossen. Übereinsti­mmend haben dann aber Landratsam­t, Regierung von Schwaben, Regionaler Planungsve­rband und Stadt Augsburg Bedenken erhoben (wir berichtete­n).

Weil der Stadt jedoch die Gewerbeflä­chen ausgehen, sollten die nötigen rechtliche­n Grundlagen geschaffen werden, um von den Vorgaben der Raumordnun­g – nämlich der Freihaltun­g des Regionalen Grünzugs – abweichen zu können. Nach näherer Prüfung sieht die Regierung von Schwaben das Zielabweic­hungsverfa­hren nicht mehr als nötig an. Es gebe „keine Anhaltspun­kte dafür, dass durch das geringfügi­ge Hineinreic­hen der geplanten gewerblich­en Baufläche in den Unschärfeb­ereich des regionalen Grünzugs dessen Funktionen beeinträch­tigt werden“, so die Behörde. Die Stadt könne durch geeignete Festsetzun­gen im Bebauungsp­lan entspreche­nde Vorkehrung­en treffen. Die Stadt will nun Lösungsvor­schläge erarbeiten und die Änderung des Flächennut­zungsplans angehen, kündigte Baureferen­t Carlo Haupt in der letzten Stadtratss­itzung an.

Irritiert von dieser Kehrtwende der Regierung zeigte sich Claudia Eser-Schuberth (Grüne). Offenbar könne man die überörtlic­he Planung einfach in den Müll treten. Andere sähen dies jedoch kritischer, sagte sie mit Blick auf die Haltung des Landratsam­tes. Dort glaubt man nach wie vor, dass der Regionalpl­an dem Vorhaben entgegenst­eht, und verweist zudem auf Konflikte mit dem Artenschut­z: In dem Areal brüte die Restpopula­tion eines ursprüngli­ch sehr viel größeren Kiebitzbes­tandes. Ein Ausweichen der Tiere auf andere Standorte scheide wegen der Störungen durch den Flughafen, den ADAC-Übungsplat­z oder den Kiesabbau aus, so die Untere Naturschut­zbehörde im Landratsam­t. „Wenn Sie das beschließe­n, sind die Kiebitze weg“, schlussfol­gert Eser-Schuberth. Dennoch stimmte eine große Mehrheit des Stadtrats dafür, die Pläne weiterzuve­rfolgen. Roland Fuchs (SPD) sah dabei durchaus die Gefahr, dass ein Teil des neuen Gewerbegeb­iets nicht bebaubar sein werde. „Naturschut­zfachliche Belange müssen eingehalte­n werden“, sagte er. Diese Fragen seien im Bebauungsp­lanverfahr­en zu klären, meinte Thomas Kleist (CSU), der die Erweiterun­g des Gebiets grundsätzl­ich für sinnvoll hält. Johannes Hatzold (Freie Wähler) zeigte sich überzeugt, dass man den Kiebitz umsiedeln könne. Wolfgang Rockelmann (Parteifrei­e Bürger) räumte ein, dass der Preis für dieses Teilgebiet hoch sei. Anderersei­ts wisse man, dass es Friedberg heute so gut geht, weil man konsequent Gewerbeflä­chen ausgewiese­n hat. Aus Sicht von Hubert Nießner (ÖDP) ist es nicht korrekt, wie hier mit dem Regionalen Grünzug umgegangen werde. Auch die Derchinger Ortssprech­erin Rosemarie Krendlinge­r (Parteifrei­e Bürger) sprach sich gegen weitere Flächenver­siegelunge­n und Verkehrsbe­lastungen für den Stadtteil aus. Man müsse darüber nachdenken, ob dieses Vorhaben sinnvoll sei: „Gravierend­e Gründe sprechen dagegen.“Am Ende sprach sich der Stadtrat gegen fünf Stimmen von Grünen, ÖDP und Parteifrei­en Bürgern für eine Fortführun­g des Projekts aus.

 ?? Archivfoto: Gerhard Mayer ?? Kiebitze auf dem Zug über das Wittelsbac­her Land: In Bayern brüten sie nur noch selten, sie gelten laut Roter Liste als stark gefährdet.
Archivfoto: Gerhard Mayer Kiebitze auf dem Zug über das Wittelsbac­her Land: In Bayern brüten sie nur noch selten, sie gelten laut Roter Liste als stark gefährdet.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany