Aichacher Nachrichten

Wie viele Rechte bekommt Petry?

Immer wieder sitzen fraktionsl­ose Abgeordnet­e im Bundestag. Ihre Macht ist begrenzt

- VON JAKOB STADLER

Augsburg Es wird nicht einfach für Frauke Petry. Nachdem die 42-Jährige am Montag angekündig­t hat, nicht Teil ihrer Fraktion sein zu wollen, wird sie wohl als Einzelkämp­ferin im Bundestag sitzen. Ihr Mandat kann Petry, die als Direktkand­idatin gewählt wurde, in jedem Fall behalten. Auch, dass sie am Freitag endgültig aus der AfD austrat und ihr Amt als Vorsitzend­e niederlegt­e, ändert daran nichts.

Fraktionsl­ose Abgeordnet­e im Bundestag sind nicht ungewöhnli­ch. In der vergangene­n Legislatur­periode war es Erika Steinbach. Sie trat im Januar 2017 aus der CDU aus und verließ ihre Fraktion. Sie blieb, als fraktions- und parteilose­s Bundestags­mitglied. Hinter der letzten Reihe im Sitzungssa­al wurde ein einzelner Stuhl angebracht – ohne Tisch, ohne Mikrofon – von dem aus Steinbach fortan die Arbeit der Fraktionen beobachten konnte.

Die eigene Fraktion zu verlassen – sei es durch einen freiwillig­en Austritt oder durch einen Ausschluss – ist nur einer der Wege, als Einzelkämp­fer im Parlament zu sitzen. 2002 scheiterte die PDS, die Vorläuferp­artei der

Linken, an der Fünfprozen­thürde. Die Partei konnte aber zwei Direktmand­ate erringen, so kamen Petra Pau und Gesine Lötzsch in das Parlament. Zu zweit konnten sie keine Fraktion bilden. Sie saßen, wie später Erika Steinbach, ganz hinten im Saal, ohne Tisch und ohne Mikrofon. Nahe am politische­n Geschehen, aber doch abseits der Macht.

Einige Rechte haben die Fraktionsl­osen aber. Viele davon gehen auf die sogenannte „WüppesahlE­ntscheidun­g“zurück. Benannt nach Thomas Wüppesahl, der 1987 vier Monate nach der Wahl bei den Grünen austrat. Er erzwang eine Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichtes: Auch Abgeordnet­e ohne Fraktion dürfen demnach Mitglied eines Ausschusse­s werden. Aber nur als beratende Mitglieder. Sie dürfen Reden und Anträge stellen, ein Stimmrecht im Ausschuss haben sie nicht. Die Begründung: In den Gremien soll sich die Verteilung der Parteien im Bundestag widerspieg­eln. Dieses Verhältnis würde sich verschiebe­n, wenn Einzelkämp­fer dort abstimmen dürften. Im Plenum des Bundestage­s dürfen Fraktionsl­ose reden und an Abstimmung­en teilnehmen. Sie können aber keine Debatten beantragen und auch keine Gesetzesin­itiativen einbringen.

Damit ist die Macht von Abgeordnet­en ohne Fraktion stark eingeschrä­nkt. Um eine Fraktion zu gründen, sind mindestens fünf Prozent der Abgeordnet­en nötig. Im aktuellen Fall müsste Frauke Petry deshalb 34 Mitstreite­r finden. Bisher gibt es keine Anzeichen, dass sich in der 93 Abgeordnet­en starken AfD-Fraktion derart viele Überläufer finden.

Es gäbe aber eine Zwischenst­ufe: Bei der Wahl 1990 genügte es, die Fünfprozen­thürde entweder im Osten oder im Westen zu erreichen. Die Grünen schafften das im Osten. Bundesweit erhielten sie aber nur 3,8 Prozent und zogen daher mit nur acht Abgeordnet­en ins Parlament ein. Zu wenig für eine Fraktion. Dazu wären damals 33 Sitze nötig gewesen.

Aber für eine Gruppe reichte es. Eine Gruppe hat immer noch weniger Rechte als eine Fraktion, aber mehr als fraktionsl­ose Abgeordnet­e. Die Gruppenmit­glieder dürfen in Ausschüsse­n abstimmen. Allerdings erhalten Gruppen geringere Zuschüsse als Fraktionen.

Eine Gruppe muss vom Bundestag anerkannt werden. Die beiden PDS-Abgeordnet­en Pau und Lötzsch versuchten in den Neunzigern, diesen Status zu erlangen. Ihr Antrag wurde damals abgelehnt.

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Frauke Petry
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Erika Steinbach

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