Aichacher Nachrichten

Sucht die SPD eine Hintertür?

Spekulatio­nen über GroKo ohne Merkel

- VON RUDI WAIS

Augsburg Thomas Oppermann denkt bereits über das vermeintli­ch Undenkbare nach. Wäre die SPD denn bereit, sich noch einmal auf eine Große Koalition einzulasse­n, wenn deren Kanzlerin nicht Angela Merkel hieße? „Das wäre in der Tat eine neue Situation“, sagt der ehemalige Fraktionsv­orsitzende in der Talkshow von Markus Lanz. Für den Fall, dass es eine Art „Staatsnots­tand“gebe, fügt er dann noch hinzu, müsste die SPD noch einmal überlegen. Diesen Notstand aber, so Oppermann, sehe er noch nicht.

Eigentlich sind die Sozialdemo­kraten nach dem Absturz vom Sonntag ganz auf Opposition gepolt. Sollten die Gespräche über eine Jamaika-Koalition allerdings scheitern, sei es an den Grünen, sei es an der CSU, deutet Oppermann nun aber zumindest Gesprächsb­ereitschaf­t an – ohne jedoch zu sagen, was er sich unter einem „Staatsnots­tand“vorstellt. Vorgezogen­e Neuwahlen, die die AfD auf weit über 20 Prozent katapultie­ren könnten? Schon kurz nach der Wahl hatte Parteichef Martin Schulz beteuert, er trete auf keinen Fall in ein Kabinett unter Angela Merkel ein. Heißt

Am Wahlabend dachte Martin Schulz an Rücktritt

das im Umkehrschl­uss vielleicht, dass er sich einen Platz in einer Bundesregi­erung ohne Angela Merkel vorstellen könnte? Muss sie nur abtreten, um die SPD wieder zurück ins GroKo-Boot zu holen?

Wie immer, wenn das politische Berlin nach einer Wahl zu rotieren beginnt, liest jeder aus allem alles heraus. Bis zum Beweis des Gegenteils gilt allerdings, was Andrea Nahles sagt, Oppermanns Nachfolger­in als Fraktionsv­orsitzende: „Die SPD ist in die Opposition geschickt worden. Punkt.“Es gebe keine Hintertür für eine Große Koalition, sekundiert die stellvertr­etende Parteivors­itzende Manuela Schwesig.

Im Moment ist die SPD vor allem mit sich selbst beschäftig­t: In einem Brief an die Mitglieder hat Parteichef Martin Schulz eingeräumt, dass er am Wahlabend an Rücktritt gedacht habe – und gleichzeit­ig jahrelange Versäumnis­se in der SPD beklagt. „Strukturel­l, organisato­risch, inhaltlich und strategisc­h hat sich unsere Partei nicht ausreichen­d weiterentw­ickelt“, schreibt er. Außerdem seien aus den bisherigen Niederlage­n keine Konsequenz­en gezogen worden. In Parteikrei­sen wird das als Kritik an seinem Vorgänger Sigmar Gabriel verstanden, auch wenn Schulz diesen nicht namentlich nennt. Sein Vorwurf, wie schon 2009 und 2013 habe die Bestimmung des Kanzlerkan­didaten auch diesmal so lange gedauert, dass zu wenig Zeit für die Vorbereitu­ng der Kampagne geblieben sei, trifft aber zumindest in einem Punkt nicht zu. Den früheren Finanzmini­ster Peer Steinbrück hatte Gabriel schon ein Jahr vor der Wahl 2013 ausgerufen.

 ?? Foto: John MacDougall, afp ?? SPD Größen in Berlin: Oppermann und Nahles.
Foto: John MacDougall, afp SPD Größen in Berlin: Oppermann und Nahles.

Newspapers in German

Newspapers from Germany