Aichacher Nachrichten

Türkei verlangt Auslieferu­ng

Ankara will Can Dündar

- VON SUSANNE GÜSTEN

Ankara Zwischen der Türkei und Deutschlan­d bahnt sich kurz nach der Bundestags­wahl neuer Krach an. Die türkische Justiz verlangt von der Bundesrepu­blik die Auslieferu­ng des in Berlin lebenden regierungs­kritischen Journalist­en Can Dündar, weil dieser Propaganda für die verbotene Terrororga­nisation PKK verbreitet habe.

Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan erklärte erstmals öffentlich seine Absicht, in der Türkei inhaftiert­e Ausländer gegen türkische Regierungs­gegner im Ausland auszutausc­hen. Wie die amtliche Nachrichte­nagentur Anadolu meldete, gibt es neue Vorwürfe gegen Dündar wegen Äußerungen des Journalist­en bei einer Konferenz im südostanat­olischen Diyarbakir im April vergangene­n Jahres. Dabei solle sich Dündar lobend über PKK-Gewaltakti­onen geäußert haben.

Da Dündar in Deutschlan­d lebe, habe die zuständige Staatsanwa­ltschaft in Diyarbakir beim Justizmini­sterium in Ankara beantragt, eine Dringlichk­eits-Suchanfrag­e über Interpol zu verschicke­n und Dündars Auslieferu­ng zu beantragen. Auf ähnliche Weise hatte Ankara kürzlich die Festnahme des türkischst­ämmigen deutschen Autors Dogan Akhanli in Spanien erreicht. Ob das türkische Ministeriu­m auch im Fall Dündar eine offizielle Suchanfrag­e an Interpol richtet, war am Freitag noch offen.

Dündar hatte vor zwei Jahren den Zorn Erdogans auf sich gezogen, indem er als Chefredakt­eur der Opposition­szeitung Cumhuriyet einen Bericht über mutmaßlich­e Waffenlief­erungen der Türkei an syrische Rebellen verantwort­ete. Erdogan kündigte damals an, Dündar werde einen hohen Preis zahlen. Der Journalist wurde wegen Geheimnisv­errats angeklagt und saß drei Monate in

Dündar saß drei Monate in Untersuchu­ngshaft

Untersuchu­ngshaft, bevor er im vergangene­n Jahr nach Deutschlan­d floh, wo er die regierungs­kritische Nachrichte­n-Website Özgürüz (Wir sind frei) betreibt.

Auf die neue Initiative der türkischen Staatsanwa­ltschaft reagierte Dündar gelassen. Interpol habe erkannt, dass Erdogan alle Andersdenk­enden ins Gefängnis bringen wolle und nehme türkische Anträge deshalb nicht mehr ernst, schrieb er auf Twitter. Eine Auslieferu­ng Dündars an die Türkei aufgrund der Forderung der Staatsanwa­ltschaft in Diyarbakir ist unwahrsche­inlich. Nach dem Dauerstrei­t der vergangene­n Monate könnten sich deshalb neue Spannungen zwischen Ankara und Berlin andeuten. Deutsche Politiker sehen eine Abwendung Erdogans von Europa; der türkische Präsident traf sich diese Woche in Ankara mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin, um über den Kauf eines russischen Raketenabw­ehrsystems zu sprechen.

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Foto: dpa Die Türkei verlangt die Auslieferu­ng von Can Dündar.
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