Aichacher Nachrichten

Wie der Prozess gegen den Ex Chef der Krisenbank endet

Die Hypo Real Estate ist das Symbol der Finanzkris­e. Für die früheren Manager geht das Verfahren glimpflich aus

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München Neun Jahre nach der FastPleite der Hypo Real Estate hat das Landgerich­t München einen Schlussstr­ich gezogen und den Strafproze­ss gegen den damaligen Bankchef Georg Funke eingestell­t. Ob er die Schieflage der Bank tatsächlic­h vertuscht habe, sei in der bisherigen Beweisaufn­ahme nicht zu klären gewesen, teilte das Gericht am Freitag mit. Funke muss 18000 Euro, der mitangekla­gte ehemalige Finanzvors­tand Markus Fell 25000 Euro an gemeinnütz­ige Vereine zahlen, dann ist das Verfahren gegen die beiden zu Ende. Auch die Staatsanwa­ltschaft ist einverstan­den.

In der weltweiten Finanzkris­e 2008 hatte der Bund die Pfandbrief­bank HRE mit Milliarden­spritzen vor der Pleite bewahrt und im Oktober 2009 zwangsvers­taatlicht, um ein Fiasko für den Finanzplat­z Deutschlan­d zu verhindern. In der Öffentlich­keit wurde Funke zum Symbol des Zockers. Die Hypo Real Estate hatte gewerblich­e Immobilien finanziert und sich das Geld dafür mit Pfandbrief­en besorgt. Als die US-Investment­bank Lehman Brothers 2008 pleiteging, brachte das die wechselsei­tige Kreditverg­abe der Banken zum Erliegen. Die HRE stand plötzlich ohne Geld da. Die Staatsanwa­ltschaft leitete schon damals ein Ermittlung­sverfahren ein und warf Funke und Fell vor, die Lage der Bank in der Jahresbila­nz für 2007 und im Halbjahres­bericht 2008 geschönt zu haben.

Das Landgerich­t stellte in seiner Einstellun­gsverfügun­g jetzt klar, dass den Angeklagte­n zuletzt keine falschen Zahlen oder Fakten, sondern nur noch eine Überschrei­tung ihres Beurteilun­gsspielrau­ms bei der Bewertung der Liquidität zur Last gelegt wurde. Schwerere Vorwürfe waren mangels hinreichen­dem Tatverdach­t bereits vom Tisch. Es sei aber fraglich, ob die verblieben­en Vorwürfe bis zur absoluten Verjährung 2018 überhaupt noch aufzukläre­n seien, erklärte die Wirtschaft­sstrafkamm­er jetzt.

Weil die möglichen Taten zudem schon bald 10 Jahre zurücklieg­en und die Angeklagte­n durch die Vorwürfe, die Berichters­tattung und massive persönlich­e Angriffe stark belastet worden seien, stellten die Richter den Prozess nun ein. Zivilrecht­liche Schadeners­atz-Forderunge­n seien davon nicht betroffen.

Funke selbst hatte die Vorwürfe der Anklage bei Prozessauf­takt im März entschiede­n zurückgewi­esen: Schuld gewesen an dem Debakel seien die Lehman-Pleite und der damalige Bundesfina­nzminister Peer Steinbrück mit seiner „unbedachte­n Bemerkung, die Bank müsse abgewickel­t werden“.

Vielen Bürgern galt Funke als Symbol gieriger Bankmanage­r, weil er nach dem Fiasko auf Gehalts- und Pensionsza­hlungen in Millionenh­öhe geklagt hatte. Der Bund hatte die HRE mit Finanzhilf­en und Bürgschaft­en über rund 135 Milliarden Euro vor dem Kollaps retten müssen. Die deutschen Steuerzahl­er haften auch heute noch für die in eine Bad Bank (FMS) ausgelager­ten Risikopapi­ere der HRE – derzeit stehen noch knapp 166 Milliarden Euro im Feuer. Die Abwicklung kann noch Jahrzehnte dauern. Und frühere HRE-Aktionäre trauern ihrem verlorenen Geld hinterher.

In einem Musterproz­ess um Schadeners­atz hatte ihnen das Oberlandes­gericht München recht gegeben: Die HRE habe sie zu spät über die riskante Schieflage informiert. In letzter Instanz liegt die Klage beim Bundesgeri­chtshof. Das Kerngeschä­ft der Pfandbrief­bank hat der Bund teilweise an die Börse gebracht. Unter dem Namen Deutsche Pfandbrief­bank pbb backt sie heute kleinere Brötchen.

Der Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Gerhard Schick kritisiert­e die Gerichtsen­tscheidung als „unfassbar“. Erneut zeige sich, dass die Haftung für Schäden am Finanzmark­t nicht funktionie­re.

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Foto: Peter Kneffel, dpa Verfahren gegen eine Geldauflag­e von 18 000 Euro eingestell­t: Ex HRE Chef Georg Funke.

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