Aichacher Nachrichten

Wehe, wenn der Draghi-Kaugummi reißt!

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Dass die deutsche Wirtschaft wächst und wächst, ja die Zahl der Arbeitslos­en immer weiter zurückgeht, ist ein erstaunlic­hes Phänomen. Liegen die führenden deutschen Wirtschaft­sforschung­sInstitute richtig, geht der Aufschwung 2018 in sein fünftes Jahr. Und das, obwohl sich die Exportnati­on Deutschlan­d weltweit bedrohlich­en Entwicklun­gen ausgesetzt sieht. Trotz eines unberechen­baren US-Präsidente­n, trotz der Sanktionen gegen Russland, ja trotz Kriegen in Nahost erweist sich unser Aufschwung als standhaft, eben zäh wie Kaugummi. Er lässt sich immer noch ein bisschen weiter rausziehen. Ein Abreißen ist nicht abzusehen. Der besonders dehnbare Konjunktur-Kaugummi stammt aus der Produktion der Europäisch­en Zentralban­k. Denn Notenbank-Chef Draghi ist mit seiner Politik des ultrabilli­gen Geldes vor allem für die außergewöh­nliche Beschaffen­heit des Super-Kaugummis verantwort­lich.

Auf künstliche Weise stabilisie­rt der EZB-Chef mit Milliarden im Übermaß die wirtschaft­liche Lage in der Eurozone. Ohne die strukturel­len Probleme in Schuldenlä­ndern wie Griechenla­nd oder Italien zu beheben, drückt er mit aller Kraft Kitt in jede Problemeck­e. So fragwürdig die Handwerksk­unst des Notenbanke­rs ist, so erfolgreic­h fällt sie bisher aus. Das wirkt sich positiv auf die heimische Konjunktur und den Arbeitsmar­kt aus, schließlic­h ist Europa für Deutschlan­d der wichtigste Exportmark­t.

Doch wehe, wenn (was sich abzeichnet) vom Kaugummi-Mutterland USA eine Wende zu spürbar höheren Zinsen ausgeht! Dann muss Euroland nachziehen. Dann droht der Draghi-Gummi zu reißen und es fehlt der Kitt, um Löcher etwa in Griechenla­nd zu stopfen.

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