Die Innenstadt-Marktsonntage braucht es nicht
Anlässlich des Turamichele-Festes bleiben dieses Jahr die Läden am Sonntag geschlossen. Das ist kein großer Verlust, weder für die Kunden noch die Händler
Das Turamichele-Fest wird in diesem Jahr ein anderes sein. Nicht, weil sich an der grundsätzlichen Struktur im Vergleich zu den Vorjahren etwa geändert hätte. Wie immer wird es am Perlachturm ein Figurenspiel geben, wie immer ein buntes Programm dazu. Manches wird freilich doch anders ablaufen. So wird es, anders als zuletzt, keinen verkaufsoffenen Sonntag in der Innenstadt geben, der parallel zum Fest stattfindet. Er wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einkassiert, ebenso wie der Marktsonntag anlässlich des Europatages im Mai. Die Marktsonntage in den Stadtteilen bleiben.
Es war keine Entscheidung, die man aus Kundensicht groß bedauern muss. Es geht ohnehin nur um zwei Anlässe im Jahr, an denen Läden ausnahmsweise mal sieben statt der üblichen sechs Tage in der Woche geöffnet hatten. Auch Menschen, die gerne an den Sonntagen einkaufen, dürften jetzt nicht in Trauer verfallen, weil das künftig in Augsburgs Innenstadt erst mal nicht möglich ist. Überhaupt ist fraglich, ob diese zwei Veranstaltungen bewirken, was sich einige Vertreter der Stadt und des Einzelhandels von ihnen erhoffen: den Menschen nachhaltig Lust aufs Einkaufen vor Ort zu machen und ein wirksames Argument gegen die Online-Konkurrenz zu sein.
Schon der Einzelhandel selbst ist sich unschlüssig darüber, ob das der Fall ist. Der Geschäftsführer des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH, Kai Hudetz, sagte zuletzt, der gesamtwirtschaftliche Effekt einer Öffnung am Sonntag werde überschätzt. Auch in Augsburg sehen längst nicht alle Ladenbesitzer die Notwendigkeit oder große Einnahmequellen darin, ab und an sonntags zu öffnen. Eine Umfrage des „Bundes der Selbstständigen in Bayern“zu dem Thema hatte das Ergebnis, dass sich 62,8 Prozent der Teilnehmer im Freistaat für eine unveränderte Regelung der Ladenöffnungszeiten aussprechen. Mehr als drei Viertel glauben demnach nicht, dass man dem zunehmenden Online-Handel mit längeren Ladenöffnungszeiten begegnen kann.
Wie auch. Der Versandhandel ist für viele Menschen im Alltag eine enorme Erleichterung, was übrigens schon so war, als die führenden Firmen dazu Quelle oder Neckermann hießen und nicht Amazon oder Zalando. Man wird nicht daran rütteln können, dass der Anteil des Online-Marktes weiter steigen Das wird für den stationären Handel, den ja ohnehin niemand davon abhält, Waren auch online anzubieten, nicht den Tod bedeuten. Schon deshalb nicht, da Innenstädte Menschen anlocken, die dann oft durchaus bereit sind, auch etwas Geld auszugeben, wo sie schon mal da sind. Die Stadt kann vieles tun, um lokalen Läden das Leben zu erleichtern, zuallererst etwas schaffen und erhöhen, das sich sperrig „Aufenthaltsqualität“nennt. Es hilft, wenn zentrale Bereiche auf vielen Wegen gut erreichbar sind, aber nicht von Autos dominiert werden. Das alles umzusetzen kostet Geld. 2,5 Millionen Euro sind es aktuell im Fall der Umgestaltung der Bäckergasse. Es ist schwieriger und teurer, als die Läden sonntags öffnen zu lassen oder ab und an besondere Aktionen auszurichten, aber dafür auch effektiver. Augsburg steht aber bei dem Thema insgesamt nicht schlecht da.
Es ist nachvollziehbar, wenn sich Vertreter des Einzelhandels über die strikten Vorgaben ärgern. Bäcker und Tankstellen dürfen sonntags öffnen, aber bei den ohnehin raren Marktsonntagen sieht das Gesetz vor, dass es diese nur in Zusammenhang mit einer „prägendenden“Veranstaltung geben darf, die für sich genommen mehr Leute anzieht als die Ladenöffnungen. Eine hohe Hürde. Das aber ist eine Frage der Rechtslage, keine des Bedarfs. Die Form, in der die verwird. kaufsoffenen Sonntage zuletzt vom Stadtrat genehmigt wurden, lässt zugleich vermuten, dass diese beiden Termine auch auf der politischen Ebene der Stadt niemandem wirklich wichtig sind. Andernfalls hätte man sich mehr Mühe gegeben, die Beschlüsse rechtskonform zu gestalten. Die Stadt nahm aber, neben dem Turamichele-Fest, den Europatag als Anlass, also einen Tag, der von „prägend“ziemlich weit weg ist und von der Mehrheit der Bevölkerung nicht einmal wahrgenommen wird, geschweige denn besonderes Interesse weckt. Dazu noch das Einzugsgebiet bis auf die City-Galerie auszudehnen und zu hoffen, rechtlich durchzukommen, war eine optimistische Idee.
Der Online-Markt wird weiter wachsen