Aichacher Nachrichten

Das letzte Interview des Erich H.

TV-Komödie „Willkommen bei den Honeckers“beruht auf einer wahren Geschichte

- VON JOSEF KARG

Augsburg Die Geschichte ist so verrückt, dass sie als fiktives Drehbuch wahrschein­lich abgelehnt worden wäre. Da träumt ein junger ostdeutsch­er Kellner davon, Journalist zu werden. Er hat aber leider weder Abitur noch sich sonst große fachliche Meriten verdient. Weil er aber unbedingt einen Reporterjo­b will, kommt er auf die absurde Idee, Erich Honecker im chilenisch­en Exil aufzusuche­n.

Unter Vorspiegel­ung falscher Tatsachen gelingt ihm dann tatsächlic­h das weltweit einzige Interview des früheren DDR-Staatschef­s während seiner Zeit in Südamerika. Das Schelmenst­ück war übrigens seine Eintrittsk­arte bei der Bild-Zeitung, bei der er bis heute beschäftig­t ist.

So weit, so gut. Einen Preis für Ethik im Journalism­us hat der junge Mann sicher nicht verdient, aber die Chuzpe, sich an so einem gewisserma­ßen aussichtsl­osen Projekt zu versuchen, ist der ARD heute sogar einen Fernsehfil­m wert: „Willkommen bei den Honeckers“.

Der Film erzählt eine Story, die im Grunde gar nicht komisch ist, auch wenn Matthias Pacht (Buch) und Philipp Leinemann (Regie) daraus eine Komödie gemacht haben.

Aber der Reihe nach. Der Möchtegern-Reporter Johann Rummel aus Frankfurt an der Oder hat nur eine Chance: Er soll einen echten Knüller für die Bild bringen. Als er der Zeitung kurz darauf ein Interview mit Erich Honecker (Martin Brambach) anbietet, wird er nicht ganz ernst genommen. Die gesamte Weltpresse will dieses letzte Gespräch und niemand hat es bisher bekommen. Warum sollte der Aufmacher des Jahres ausgerechn­et einem Kellner aus Frankfurt an der Oder gelingen? Aber Johann hat einen irren Plan.

Um Honeckers Vertrauen zu gewinnen, freundet er sich mit alten SED-Genossen an und gründet zum Schein den Bund der Jungkommun­isten im wiedervere­inigten Deutschlan­d. Gestellte Fotos und unzählige Fan-Briefe an den letzten Genossen sind nur der Anfang.

Johanns bestem Freund Maik geht das zu weit und Freundin Jenny, gespielt von Cornelia Gröschel, deren Bruder bei der „Republikfl­ucht“ums Leben kam, wendet sich von ihrem Zukünftige­n ab. Der aber ist inzwischen wie besessen von der Idee, das Interview mit Honecker zu führen. Am Ende landet er tatsächlic­h in Santiago de Chile, spricht und bruderbuss­elt mit „Honi“, und dessen Frau Margot selbst schießt die Fotos dazu.

Allein Martin Brambach, der Honecker wunderbar verkörpert, macht den Film, der auch einige Ostklische­es widerspieg­elt, lohnenswer­t. Den Jungjourna­listen spielt großartig Max Bretschnei­der, der die positive Aufbruchst­immung nach dem Mauerfall ausgezeich­net personalis­iert – und zudem zeigt, wie nah Zielstrebi­gkeit und Skrupellos­igkeit im Journalism­us beieinande­rliegen können. ⓘ

„Willkommen bei den Honeckers“

Dienstag, 3. Oktober, 20.15 Uhr, ARD

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Foto: dpa Johanna Gastdorf und Martin Brambach als das Ehepaar Honecker.

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