In den Kliniken mehr Ärzte, aber weniger Pfleger
So gravierend ist die Situation an den Krankenhäusern in der Region
Augsburg Es ist eine ungleiche Entwicklung, die sich an deutschen Krankenhäusern beobachten lässt: Während es immer mehr Ärzte gibt, sinkt die Zahl der Pflegekräfte – und das, obwohl immer mehr ältere Menschen in den Kliniken liegen, die viel Zuwendung brauchen.
In Zahlen ausgedrückt heißt das konkret: In den vergangenen 25 Jahren ist die Anzahl der deutschen Krankenhausärzte um 66 Prozent auf rund 158 100 gestiegen. Bei den Pflegekräften gab es indes eine leichte Abnahme auf rund 325100 – etwa 1000 Pfleger weniger als 1991. Gleichzeitig stieg die Zahl der Patienten um 34 Prozent. „Die Schere zwischen Ärzten und Pflegekräften in Kliniken muss endlich kleiner werden“, fordert Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz, die auf die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes aufmerksam gemacht hat. „Die Pflege fährt auf der letzten Rille.“
Besonders problematisch ist, dass in den Kliniken immer mehr ältere und chronisch kranke Patienten liegen. Die Hälfte ist Brysch zufolge über 60 Jahre alt, jeder sechste über 80. „Obwohl viele mehr Hilfe, Zuwendung und Pflege brauchen, werden diese Patienten aber immer schneller entlassen“, kritisiert er. Die Gesundheitsminister sowie die Kliniken haben seiner Ansicht nach den demografischen Wandel ignoriert und die Zahl der Pflegekräfte abgebaut – mit dem Resultat, dass die Arbeitsbelastung pro Pflegekraft in 25 Jahren rechnerisch um ein Drittel gestiegen sei. In Bayern, wo es laut der aktuellen Daten sogar mehr Pflegekräfte gibt als vor 25 Jahren, liegt der Anstieg der Arbeitsbelastung durch das Mehr an Patienten bei etwa einem Fünftel.
Auch in der Region wollen sich viele Pfleger nicht mit der Situation abfinden. Am Augsburger Klinikum stehen am 10. und 11. Oktober Warnstreiks an. Mitarbeiter der Kreiskliniken Günzburg-Krumbach gehen am selben Tag auf die Straße. Und auch die Pflegekräfte der Kliniken in Donauwörth und Nördlingen machen auf ihre Not aufmerksam. 80 Pfleger haben sich in einem offenen Brief an Landrat Stefan Rößle, der auch Verwaltungsratsvorsitzender der Kliniken ist, gewandt. Eine gute Patientenversorgung sei oft nicht mehr möglich, weil es an Personal fehle, heißt es in dem Brief. Und weiter: An freien Tagen einzuspringen und ständig zu entscheiden, was in einer Schicht nicht bearbeitet werden könne, stehe täglich auf der Tagesordnung.
„Die Arbeitssituation ist dramatisch“, sagt Stefan Jagel, Verdi-Gewerkschaftssekretär für Gesundheitsund Sozialwesen. Es habe Situationen gegeben, in denen eine Pflegekraft mit 48 Patienten allein im Frühdienst war, weil sich mehrere Kollegen krankgemeldet hatten. Diese Belastung hat Jagels Angaben nach gravierende Folgen: Immer mehr Pflegekräfte kündigen.
Landrat Rößle hat auf den Brief reagiert und will in der heutigen Sitzung des Verwaltungsrats Vorschläge für Verbesserungen vorlegen. Warum mehr Pfleger nötig sind, steht im Kommentar.