André Bücker inszeniert alles nur ein Mal
Der Theater-Intendant hat schon in über 80 verschiedenen Werken Regie geführt. In seiner ersten Augsburger Produktion nimmt er sich eines Großwerks an – Ibsens „Peer Gynt“. Er findet es durch und durch modern
Alles kommt gerade auf einmal. Erst die Eröffnung der Spielstätte, dann die erste Premiere, eigentlich ist das für einen Intendanten, der gerade mit seiner ersten Spielzeit an einem Haus anfängt, schon genug zu tun. Was die Arbeitstage von André Bücker aber noch zusätzlich in die Länge zieht, sind die Endproben für seine erste eigene Inszenierung in Augsburg. Am Samstag, 7. Oktober, wird seine Interpretation von Henrik Ibsens „Peer Gynt“das erste Mal im Martinipark zu sehen sein.
Bücker studiert – anders als seine Intendanten-Vorgängerin Juliane Votteler – selbst Stücke als Intendant ein. Er sagt, dass das auch eine sehr gute Methode sei, das komplette Haus mit all seinen Bereichen und Abteilungen kennenzulernen. In den mehr als 25 Jahren, die Bücker nun schon an Theatern arbeitet, hat er in mehr als 80 Inszenierungen selbst Regie geführt. Auf eines hat er immer geachtet, sich nicht zu wiederholen. „Ich habe noch nie etwas doppelt inszeniert“, sagt er. Mag sein, dass es einmal ein Stück gebe, das ihn wieder reize, ein Stoff, der sich von einer anderen Seite zeige, aber bislang habe sich diese Frage nie gestellt.
Mit Goethe beschäftigt sich Bücker zum Beispiel gerne als Regis- seur, lieber als mit Schiller. „Man sagt, dass Schiller der dramatischere von beiden sei. Aber Goethe weiß so viel vom Menschen.“
Ein mit Goethe seelenverwandter Dramatiker ist Henrik Ibsen. Auch von ihm hat Bücker schon einige Stücke auf die Bühne gebracht. Und nun zum ersten Mal dessen Großwerk „Peer Gynt“. Das Drama hat Parallelen zu „Faust“, den Bücker übrigens schon einmal inszeniert hat. Und wie im „Faust“steckt auch hier in der Sinn- und Identitätssuche des Protagonisten unheimlich viel Wissen über den Menschen, mehr als zum Beispiel mit einer platten und einfachen Inszenierungsbotschaft vermittelt werden könne.
Bückers „Peer Gynt“soll die Vielschichtigkeit des Werkes nicht reduzieren, sondern freilegen. Und so nähert er sich auch als Regisseur dem Drama. „Du bist kein Kaiser, du bist eine Zwiebel“, heißt es im danach benannten Zwiebel-Monolog Peer Gynts, in dem er Schicht um Schicht seiner Persönlichkeit freilegt, um am Ende nicht auf einen Kern, sondern immer nur auf neue Häute zu stoßen. Dort setzt Bücker in seiner Interpretation ein. „Daraus haben wir die Idee für die Bühne und für die Inszenierung abgeleitet.“Der Abend versucht, Schicht um Schicht dieses Drama zu durchdringen, um zum Kern des Werkes vorzudringen. Die Titelrolle wird dabei übrigens von sechs Darstellern verkörpert.
Verstärkt werden die Schauspieler durch die Augsburger Band Misuk um Eva Gold und Girisha Fernando, die für den Abend Texte aus „Peer Gynt“vertont haben. „Das schafft eine zusätzliche Ebene“, sagt Bücker. Eine weitere werden die Videos zufügen. Die Bühne sei einfach gehalten, verfüge – auch durch den Einsatz der Projektionen – über ein enormes Verwandlungspotenzial.
Die Textfassung führt drei Übersetzungen zusammen: die klassisch zu nennende von Christian Morgenstern, davon abgeleitet eine eigene Fassung von André Bücker und seinem Dramaturgen Lutz Keßler, die Songtexte wiederum folgen einer zeitgenössischen Übertragung des Stücks. In all den Fassungen sieht Bücker in Peer Gynt einen Menschen der Gegenwart, ein Mensch mit starken Lüsten und Begierden, vor allem einen rastlosen Mensch. „Es ist schon faszinierend, dass dieser Stoff vor so langer Zeit geschrieben wurde und so modern ist.“