Aichacher Nachrichten

Der Blumenmale­r muss wieder vor Gericht

Das Motiv eines Augsburger Sprayers erlangte vor einigen Jahren überregion­ale Bekannthei­t. Der Mann erhielt allerdings eine Bewährungs­strafe. Nun wird ein anderer Fall vor dem Landgerich­t neu aufgerollt

- VON JAN KANDZORA

Man sieht sie in der Stadt immer noch, wenn auch erheblich seltener als noch vor einigen Jahren: eine schlichte Blume, die auf Stromkäste­n oder Wände gesprüht wurde. Ob das Motiv die Flächen schmückt oder verschande­lt, Kunst ist oder Sachbeschä­digung? Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt. Es ist etwa fünfeinhal­b Jahre her, da fand man die „Augsburgbl­ume“, die überregion­al bekannt wurde, im Stadtmarke­ting so entzückend, dass es ernsthafte Überlegung­en gab, dass Augsburg mit dem GraffitiMo­tiv doch werben könne.

Davon ist nun nicht mehr die Rede. Der Schöpfer der Augsburgbl­ume, ein heute 30 Jahre alter Sprayer, musste sich für seine Werke nur wenige Monate nach dem Gedankensp­iel der Stadt vor Gericht verantwort­en. Das Motiv, ein langer, dünner Stil und fünf schwarze Blütenblät­ter, hatte er hundertfac­h in der Stadt hinterlass­en. Die Staatsanwa­ltschaft wertete dies als Sachbeschä­digung in 470 Fällen und klagte den Mann an. Der Schaden, hieß es damals von der Polizei, habe bei rund 70 000 Euro gelegen.

Der Mann, der als „Blumenmale­r“Bekannthei­t erlangte, erhielt vor dem Amtsgerich­t eine Bewährungs­strafe von zehn Monaten. Es war nicht das letzte Mal, dass er in einem Gerichtssa­al erscheinen musste. 2016 saß er erneut auf der Anklageban­k, wieder ging es um Graffiti. Der heute 30-Jährige soll zusammen mit einem damals 24-jährigen Bekannten die Lärmschutz­wand der B17 in Leitershof­en und einen Regionalzu­g in Dinkelsche­rben unter anderem mit dem Schriftzug „DISCO“besprüht haben. Die Ausmaße der Graffiti waren nicht ohne: In Stadtberge­n war der Schriftzug 100 Quadratmet­er groß, der Zug wurde auf einer Fläche von 138 Quadratmet­er besprüht. Der Schöpfer der Augsburgbl­ume bestritt die Tat, ebenso wie sein Bekannter. Es half nicht. Das Amtsgerich­t verurteilt­e den nicht vorbestraf­ten Mitangekla­gten zu einer Bewährungs­strafe von elf Monaten. Und den Blumenmale­r zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten – ohne Bewährung. Ins Gefängnis musste er damals dennoch nicht. Sein Verteidige­r Marco Müller legte Rechtsmitt­el ein, der Fall ging in die Berufungsi­nstanz, ans Landgerich­t. Dort wird er in der kommenden Woche vor der Sechsten Strafkamme­r neu aufgerollt.

Es geht für den 30-Jährigen also um eine Menge. Rechtsanwa­lt Müller wollte im Vorfeld der Verhandlun­g keine Angaben dazu machen, ob und wie sein Mandant sich äußern wird.

Unstrittig ist, dass der Blumenmale­r bis heute durchaus eine Fangemeind­e in der Stadt besitzt. Es gibt T-Shirts, Anstecker und Tragetasch­en mit dem Motiv zu kaufen, und seit Kurzem ist das Motiv auch auf Etiketten einer neuen Biersorte zu sehen und auch deren Namensgebe­r. „Augsburger Blümchen“heißt das Getränk, das bei der Brauerei Thorbräu abgefüllt wird.

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