Der Blumenmaler muss wieder vor Gericht
Das Motiv eines Augsburger Sprayers erlangte vor einigen Jahren überregionale Bekanntheit. Der Mann erhielt allerdings eine Bewährungsstrafe. Nun wird ein anderer Fall vor dem Landgericht neu aufgerollt
Man sieht sie in der Stadt immer noch, wenn auch erheblich seltener als noch vor einigen Jahren: eine schlichte Blume, die auf Stromkästen oder Wände gesprüht wurde. Ob das Motiv die Flächen schmückt oder verschandelt, Kunst ist oder Sachbeschädigung? Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt. Es ist etwa fünfeinhalb Jahre her, da fand man die „Augsburgblume“, die überregional bekannt wurde, im Stadtmarketing so entzückend, dass es ernsthafte Überlegungen gab, dass Augsburg mit dem GraffitiMotiv doch werben könne.
Davon ist nun nicht mehr die Rede. Der Schöpfer der Augsburgblume, ein heute 30 Jahre alter Sprayer, musste sich für seine Werke nur wenige Monate nach dem Gedankenspiel der Stadt vor Gericht verantworten. Das Motiv, ein langer, dünner Stil und fünf schwarze Blütenblätter, hatte er hundertfach in der Stadt hinterlassen. Die Staatsanwaltschaft wertete dies als Sachbeschädigung in 470 Fällen und klagte den Mann an. Der Schaden, hieß es damals von der Polizei, habe bei rund 70 000 Euro gelegen.
Der Mann, der als „Blumenmaler“Bekanntheit erlangte, erhielt vor dem Amtsgericht eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Es war nicht das letzte Mal, dass er in einem Gerichtssaal erscheinen musste. 2016 saß er erneut auf der Anklagebank, wieder ging es um Graffiti. Der heute 30-Jährige soll zusammen mit einem damals 24-jährigen Bekannten die Lärmschutzwand der B17 in Leitershofen und einen Regionalzug in Dinkelscherben unter anderem mit dem Schriftzug „DISCO“besprüht haben. Die Ausmaße der Graffiti waren nicht ohne: In Stadtbergen war der Schriftzug 100 Quadratmeter groß, der Zug wurde auf einer Fläche von 138 Quadratmeter besprüht. Der Schöpfer der Augsburgblume bestritt die Tat, ebenso wie sein Bekannter. Es half nicht. Das Amtsgericht verurteilte den nicht vorbestraften Mitangeklagten zu einer Bewährungsstrafe von elf Monaten. Und den Blumenmaler zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten – ohne Bewährung. Ins Gefängnis musste er damals dennoch nicht. Sein Verteidiger Marco Müller legte Rechtsmittel ein, der Fall ging in die Berufungsinstanz, ans Landgericht. Dort wird er in der kommenden Woche vor der Sechsten Strafkammer neu aufgerollt.
Es geht für den 30-Jährigen also um eine Menge. Rechtsanwalt Müller wollte im Vorfeld der Verhandlung keine Angaben dazu machen, ob und wie sein Mandant sich äußern wird.
Unstrittig ist, dass der Blumenmaler bis heute durchaus eine Fangemeinde in der Stadt besitzt. Es gibt T-Shirts, Anstecker und Tragetaschen mit dem Motiv zu kaufen, und seit Kurzem ist das Motiv auch auf Etiketten einer neuen Biersorte zu sehen und auch deren Namensgeber. „Augsburger Blümchen“heißt das Getränk, das bei der Brauerei Thorbräu abgefüllt wird.