Wenn Retter in Bedrängnis geraten
Schläge, Tritte und Beschimpfungen – Gewalt gegen Polizisten und Rettungskräfte nimmt zu. Auch im Landkreis wurden mehrere Fälle registriert. Doch insgesamt ist die Bilanz positiv
Aichach Friedberg Als sich die Haustür öffnet, bekommen die Beamten Pfefferspray ins Gesicht. Bei einer Party im Friedberger Ortsteil Wulfertshausen werden Jugendliche ausfällig, brüllen herum und schubsen die Polizisten. Immer wieder erleben Beamte und Rettungskräfte Gewalt am Einsatzort. Tendenz steigend.
Der Leiter der Aichacher Polizeidienststelle Erich Weberstetter berichtet ebenfalls von Beleidigungen und körperlichen Angriffen gegenüber Polizeibeamten. „Oft ist dann aber Alkohol im Spiel“, sagt er. Die Aichacher Polizei zeige solche Fälle konsequent an. Außerdem werden die Beamten auf brenzlige Situationen gut vorbereitet. Mindestens alle zwei Monate müssen sie ein Einsatztraining absolvieren, bei dem sie unter anderem auch darin geschult werden, was bei Angriffen zu tun ist. Der Aichacher Polizeichef glaubt, dass hierzulande deutlich weniger Polizisten beleidigt, angepöbelt oder körperlich angegangen würden, als dies in größeren Städten der Fall sei.
Sein Friedberger Kollege Peter Zimmermann bestätigt das. Der Stellvertretende Leiter der dortigen Polizeidienststelle sagt: „In der Stadt ist die Respektlosigkeit gegenüber Beamten deutlich höher.“Bevor er zur Friedberger Polizei kam, hatte er in Augsburg gearbeitet. Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei aber auch hier mehrere Übergriffe. „Uns liegen zwölf Delikte aus dem vergangenen Jahr vor, bei denen aktiver Widerstand gegen Polizisten geleistet wurde“, so Peter Zimmermann. Darunter fallen Schläge, Kopfnüsse bis hin zu Fußtritten. Dazu kommen fünf Fälle, in denen Beamte beleidigt wurden. „Da war meistens Alkohol im Spiel“, so Zimmermann.
In Gundelsdorf traf es vor einiger Zeit einen Feuerwehrmann, der nach einem tödlichen Unfall half, die Bürgermeister-Mörtl-Straße abzusperren. Ein 60-jähriger Autofahrer wollte trotz Sperrung und obwohl dort gerade ein Mensch sein Leben verlor, die Straße passieren. Er umfuhr die Sperrung, steuerte auf einen Feuerwehrmann zu und touchierte mit seinem Auto das Knie des freiwilligen Helfers in Uniform. Auch dieser Fall wurde angezeigt.
Paul Grießer von der Freiwilligen Feuerwehr Gundelsdorf kennt das Problem. Wenn die etwa 90 Teilnehmer sich alle Jahre wieder im Morgengrauen auf den Weg zur Wallfahrt nach Altötting machen, sichert die Gundelsdorfer Feuerwehr den Weg zwischen Palzing und Zolling.
Eilige Autofahrer seien jedoch nicht immer gewillt, sich an diese Sperrung zu halten. „Man muss ganz schön kämpfen“, berichtet Paul Grießer. Und: „Man wird dann schon auch mal blöd angeredet.“Ähnliches berichtet BRK-Rettungsdienstleiter Thomas Winter. „Es kommt schon vor, dass Rettungskräfte bespuckt, gekratzt oder gebissen werden“, so Winter. Allerdings handele es sich dabei meist um Patienten mit psychischen Problemen. Solche Fälle habe es auch früher schon gegeben. Dass sich Personen einfach nur respektlos und uneinsichtig verhalten, sei selten. Dennoch verliert das Thema bei Winter nicht an Aktualität. Es würden Fortbildungen dazu angeboten, immer wieder werde auch das Tragen von Schutzkleidung wie stichsichere Westen diskutiert. Dem steht Winter aber skeptisch gegenüber. „Wenn es gefährlich wird, gilt es, einen Rückzieher zu machen und die Polizei einzuschalten“, so Winter. Ansonsten sei es gerade bei psychisch kranken Menschen wichtig, auf sie einzugehen und Vertrauen zu schaffen. Trotzdem ist Winter froh über die Gesetzesänderung, die der Bund im Frühjahr beschlossen hat. Damit wurden die Strafen für Angriffe auf Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Polizisten erhöht. Täter müssen nun mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen. „Diese Verschärfung ist ein positives Signal“, so Winter. „Es spiegelt einfach eine andere Wertschätzung unseres Berufs wider.“
Auch Gaffer oder Menschen, die Notfallgassen blockieren, sollen zukünftig härter bestraft werden. Das kann Winter nur begrüßen. Denn für ihn gibt es zwei verschiedene Formen von Gewalt. Die, die von Patienten ausgeht, und die externe Gewalt durch unbeteiligte Personen. „Leute regen sich auf, wenn wir im Notfall einen Parkplatz blockieren oder beschweren sich lauthals, wenn sie nicht durchkommen“, erzählt Winter. „Solche Fälle nehmen zu. Die Leute werden immer ungeduldiger.“So habe er schon erlebt, dass Rettungswagen bei einem Verkehrsunfall nicht durchkamen, weil Autofahrer auf der B 300 einfach umdrehten, in falscher Richtung weiterfuhren und so die Fahrbahn blockierten. „Da war ich wirklich fassungslos“, sagt Winter. „Für so ein Verhalten und diese egoistische Einstellung habe ich keinerlei Verständnis.“
Ein 60 Jähriger fährt in Gundelsdorf mit dem Auto einen Feuerwehrmann an