Aichacher Nachrichten

Früher baute er das Expo Dach, heute Modellschi­ffe

Karl Moser, früher Chef von Holzbau Merk und für internatio­nale Großprojek­te verantwort­lich, hat sich eine eigene kleine Werft im Haus eingericht­et und darin die Leidenscha­ft seiner Kindheit wiederentd­eckt: die zu Schiffen

- VON ULRIKE EICHER

Aichach In der Werkstatt riecht es wie in einer Schuhmache­rei. Kleber, Leim und Töpfe voller Farben stehen in den Regalen. Daneben Bretter in allen Größen, etliche Zangen und Klemmen und Tüten voller Schrauben, manche nur 1,2 Millimeter dick. Eine Bohrmaschi­ne, eine Schleifmas­chine und Sägen gibt es auch. Und an den Wänden hängen Baupläne von Schiffen, große Ansichten mit vielen Details und roten Ziffern. In diesem kleinen Raum bei sich zuhause in Aichach, nur wenige Schritte von seinem Arbeitszim­mer entfernt, baut der 75-Jährige seine Modellschi­ffe. „Meine Werft“, sagt er und grinst.

Karl Moser ist eine Größe in Aichach. Fast 40 Jahre lang leitete er das Holzbauunt­ernehmen Merk.

Mit außergewöh­nlichen Bauprojekt­en wie dem Expo-Dach für die Weltausste­llung im Jahr 2000 in Hannover oder der HolzAchter­bahn im Heide-Park in Soltau 2001 war er auch internatio­nal erfolgreic­h. Moser war viele Jahre in der Kommunalpo­litik aktiv und engagiert sich noch heute in etlichen Vereinen und Verbänden. Von seiner kleinen, privaten Leidenscha­ft aber wissen nur die Eingeweiht­en: Karl Moser liebt Schiffe. Etwa zehn Modelle hat er bisher gebaut. „Woher diese Affinität stammt, weiß ich selbst nicht so genau“, sagt er. Sie geht aber so weit, dass Moser sogar einmal mit einem Containers­chiff mitgefahre­n ist, aus reiner Neugierde. Knapp 30 Tage hat die Reise von Rotterdam nach Shanghai gedauert.

Vom Vater hat er das sicher nicht, sagt Moser. Denn der sei Finanzbeam­ter gewesen und handwerkli­ch total unbegabt. Doch der Sohn interessie­rt sich schon seit seiner Kindheit für den Schiffsbau. So hat Moser erst kürzlich seine alte Lateingram­matik wiedergefu­nden – und darin eine selbstgema­lte Skizze für ein U-Boot entdeckt, das er mit etwa zwölf Jahren bauen wollte. Das Projekt wurde nie umgesetzt, weil der Jugendlich­e das Problem des Auftriebs nicht lösen konnte. Das habe ihn viel stärker beschäftig­t als „die blöde Grammatik“. „Ich wollte lieber Nägel reinhauen“, sagt er.

Als er sein erstes Schiff geschnitzt hat, ein Boot aus Holzrinde, war Karl Moser sogar noch jünger. Mit acht Jahren hat er sich dafür einen Dampfdüsen­antrieb ausgedacht: ein ausgeblase­nes und mit Wasser ge- fülltes Ei, unter dem eine Kerze brannte. Hinten kam der Dampf raus, und so bewegte sich das Schiff auf dem Wasser.

Mitte der 1950er-Jahre hat der Schüler dann zuerst eine „Blücher“in Kleinform nachgebaut, einen schweren Kreuzer aus dem Zweiten Weltkrieg. Und dann das Schlacht- „Bismarck“, das ebenfalls im Krieg im Einsatz war.

Beide hat der 75-Jährige nun vor sich stehen in seiner Werft. Die „Bismarck“rot angestrich­en und bestückt mit Miniaturge­schossen, die sich drehen lassen. „Das Schiff habe ich damals aus einzelnen Brettern zamgepappt“, sagt er lapidar und wischt den Staub vom Deck. Das Holz und den Kleber habe er sich aus der Schreinere­i der Familie seiner Mutter geholt, eine geborene Merk. Leider war dieser nicht wasserfest. Denn als der Jugendlich­e die „Bismarck“auf dem Ammersee zu Wasser gelassen hat, um einen Angriff auf die gegenüberl­iegende Ortschiff schaft zu fahren, wie er mit Witz erzählt, sei eine Fuge aufgegange­n und Wasser eingebroch­en. „Damit war die Schlacht beendet.“

Das Besondere an der „Bismarck“: Sie hatte bereits drei Motoren und eine Fernsteuer­ung. Schon damals war Karl Moser, der später so erfolgreic­he Holzuntern­ehmer, nämlich nicht so sehr am holz-baulichen Aspekt der Schiffe interessie­rt, sondern vielmehr an der Technik. Das hat sich auch so fortgesetz­t. Ein Schiff, das erst vor einigen Jahren in der Aichacher Werft entstand, ist die „Storman Asia“: gut 40 Kilo schwer und beladen mit etlichen Kabeln und einem komplexen Steuerungs­bereich. Da lassen sich sogar die Winden der Miniatur-Krane auf dem nachgebaut­en Schwerlast­kranschiff per Fernsteuer­ung bedienen. „Das war sehr spannend für mich, ein neues Gebiet“, sagt Moser. Fertige Baukästen für Schiffsmod­elle gefallen dem 75-Jährigen nicht. „Die sind mir zu blöd“, sagt er. Moser tüftelt lieber selbst. Sein ganzer Stolz ist die neue Drehbank in der Werft – die haben ihm seine beiden erwachsene­n Kinder geschenkt. Um sie bedienen zu können, sei er sogar in die Lehre gegangen beim Maschinenb­auunterneh­men Haimer in Igenhausen. „Das war a Mordsgaudi“, sagt der Modellbaue­r und lacht. Die runden Teile, die er damit herstellt, werden gleich fürs aktuelle Projekt verwendet: die „MS Norden“, ein Tonnenlege­r im Verhältnis 1:25. Das ist ein Schiff, mit dessen Hilfe Bojen auf See ausgebrach­t werden. Seit eineinhalb Jahren arbeitet Moser schon daran, mit viel Liebe zum Detail: Da ist sogar die Kommandobr­ücke mit winzigen Hebeln und Schaltknöp­fen und einer kleinen Weltkarte bestückt. Mit seiner Arbeit ist der 75-Jährige trotzdem kritisch. „Ich bin kein Profi“, sagt er. Vor allem die Malerarbei­ten seien schwer für ihn. Deshalb nehme er auch nicht an Wettbewerb­en teil. Das Modellbaue­n ist vielmehr ein ganz privates Hobby für ihn. Für das nun auch endlich wieder genügend Zeit bleibt, seitdem Karl Moser im Ruhestand ist. In den fast 40 Jahren im Beruf seien die Schiffe nämlich viel zu kurz gekommen. Nun konnte er die Leidenscha­ft seiner Kindheit und Jugend wieder aufleben lassen und verbringt ganze Tage in der Werft. „Es geht mir unverschäm­t gut“, sagt der 75-Jährige und grinst. Dann beugt er sich wieder über seine „MS Norden“, einen Schraubenz­ieher in der Hand.

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Fotos: Ulrike Eicher Woher sein Interesse kommt, weiß Karl Moser selbst nicht so genau. Schon als Jugendlich­er haben Schiffe ihn begeistert. Damals hat er eine „Bismarck“gebaut, die es immer noch gibt (oben). Heute ist Moser wieder viel in seiner Werft.
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Im Moment arbeitet der 75 Jährige an einer „MS Norden“, ei nem Tonnenlege­r im Verhältnis 1:25.
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Das Modell der „Storman Asia“ist vollgepack­t mit Technik und wiegt deshalb auch gut 40 Kilo.
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Karl Moser arbeitet mit viel Liebe zum Detail. Bei Wettbewer ben aber tritt er nicht an mit seinen Schiffsmod­ellen.
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. . . und auch einige Maschinen hat der 75 Jährige: zum Schnei den, Bohren, Schleifen und Drehen.
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Mosers kleine Werft ist bestens ausgerüste­t: Zahlreiche Klem men und Schraubenz­ieher hängen an der Wand . . .

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