Aichacher Nachrichten

Zwischen Niedergesc­hlagenheit und Hoffnung

Al Gores neuer Film „Immer noch eine unbequeme Wahrheit“wird in Aichach engagiert diskutiert

- (mgw)

Aichach Friedberg Es gab zwei Reaktionen nach dem Film „Immer noch eine unbequeme Wahrheit“im Aichacher Cineplex: Die einen waren niedergesc­hlagen von den Fakten, die anderen schöpften Hoffnung, dass sich nun die erneuerbar­en Energien verstärkt durchsetze­n werden. Gezeigt hat den Film die Kreisgrupp­e Aichach-Friedberg im Bund Naturschut­z.

Wie eng und komplex der ehemalige Vize-Präsident der Vereinigte­n Staaten die Sache mit der Rettung der Menschheit vor dem Klimawande­l sieht, wird vielleicht am deutlichst­en in den Filmpassag­en über die Klimakonfe­renz in Paris (Beginn: 30. November 2016), die ja mit einer sensatione­llen, Einigkeit demonstrie­renden Erklärung zu Ende gegangen war. Was ist von der Aufbruchss­timmung im November 2016 geblieben? Trumps „Amerika first“will zurück zur Kohle und aus dem Vertrag aussteigen. Und der einstige Musterschü­ler Deutschlan­d hat seine Vorreiterr­olle eingebüßt, erreicht nicht einmal mehr die Vorgaben des Pariser Abkommens.

Warum waren dennoch so viele Kinobesuch­er positiv gestimmt? Indien war bei der Pariser Konferenz lange der Hemmschuh, über den die gemeinsame Erklärung nicht hinwegkam. Es hatte zu dieser Zeit noch geplant, 400 neue Kohlekraft­werke zu errichten. Die sind vom Tisch, weil Al Gore kurzfristi­g günstige Kredite für Solarkraft­werke in Aussicht stellen konnte, und weil die Inder selbst erkannt hatten: Die Sonne schickt keine Rechnung, für ein Solarkraft­werk muss ich keine Kohlezeche anlegen, keine Züge voll- und entladen, keine Schlacke entsorgen und: Die Luft bleibt sauber. Und noch etwas: Als die Diplomaten in Paris um die Einigung rangen, setzten Rekordnied­erschläge ganze Landesteil­e Indiens unter Wasser, was den Premiermin­ister veranlasst­e zu verkünden: „Hier sind für jeden die Folgen des Klimawande­ls sichtbar.“

China wird aus denselben Gründen wie Indien etliche geplante Kraftwerke mit fossilen Energieträ­gern nicht verwirklic­hen. In Chile hat sich erst von 2014 auf 2015 der Zuwachs an Solarenerg­ie verdreifac­ht, nun sieht es aktuell so aus, dass sich die Energie aus Sonne noch einmal binnen Jahresfris­t ver15-facht. Auf noch eines verweist Al Gore: Am 13. November 2016, zwei Wochen vor der Konferenz, war Paris Ziel eines koordinier­ten Terrorangr­iffs mit vielen Toten. „Viele Menschen sehen einen Zusammenha­ng zwischen Öl und kriegerisc­hen Handlungen“, sagt Al Gore. Eine ergreifend­e Botschaft sendet er, wenn er auf das blaue Raumschiff Erde zeigt und eindringli­ch formuliert: „Das hier ist unsere Heimat.“

Ernst Haile, Vorsitzend­er BundNaturs­chutz-Kreisgrupp­e, war emotional berührt von dem Film. Eher pragmatisc­h breitete Fachmann Eduard Belotti aus, was in Deutschlan­d seiner Meinung nach bezüglich der Erneuerbar­en falsch läuft: Die letzte Regierung habe es geschafft, dass das EEG praktisch nicht mehr existiere. „Es liegt nun an uns, vor Ort den Klimaschut­z voranzubri­ngen.“Laut Belotti kann es noch schlimmer kommen: Die Klimaleugn­er säßen nun im Bundestag, und die Bundesumwe­ltbehörde sei faktisch in ihrer Hand.

Mut machte Peter Mießl, dem zweiten Energieexp­erten in der Runde, dass Strom aus Photovolta­ik mittlerwei­le fast konkurrenz­los billig ist. Er verwies auf den republikan­ischen Bürgermeis­ter von Georgetown in Texas aus Al Gores Film: Er will seine Stadt mit hundert Prozent erneuerbar­en Energien versorgen – „weil das am kostengüns­tigsten ist“. Für Sepp Bichler steht fest: „Es war richtig, dass wir Deutschen die Energie aus der Photovolta­ik-Technik wirtschaft­lich interessan­t gemacht haben.“Nun seien Strom aus PV für fünf Cent pro Kilowattst­unde (kWh) und Strom aus Wind für vier Cent pro kWh zu haben. Belotti ergänzte: Zu diesen Preisen sei der Bau von Kraftwerke­n mit fossilen Energieträ­gern wirtschaft­lich schon lange nicht mehr zu verantwort­en. „Dafür bekommen nicht einmal mehr die großen Energiever­sorger Deutschlan­ds Kredite von den Banken.“Belotti: „Die Erneuerbar­en sind günstiger als fossile Energie, aber sie werden gerade entdemokra­tisiert.“

Termine Der Film „Immer noch eine unbequeme Wahrheit“wird im Cine plex Aichach erneut am Sonntag, 29. Ok tober um 12.30 Uhr vorgeführt. Das Katholisch­e Landvolk, Dekanat Aichach, zeigt am Mittwoch, 8. November, den Film „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“. Beginn ist um 19.30 Uhr.

 ?? Foto: Martin Golling ?? Für Peter Mießl ist das Glas in Sachen er neuerbare Energien „nicht halb leer, eher halb voll“. Eduard Belotti im Hinter grund und Ernst Haile (rechts) sahen das nüchterner.
Foto: Martin Golling Für Peter Mießl ist das Glas in Sachen er neuerbare Energien „nicht halb leer, eher halb voll“. Eduard Belotti im Hinter grund und Ernst Haile (rechts) sahen das nüchterner.

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