Aichacher Nachrichten

Es kracht gewaltig im Regierungs­bündnis

Der Vorstoß der SPD-Fraktion in Sachen Kinderbetr­euung kommt beim Koalitions­partner CSU nicht gut an. Oberbürger­meister Kurt Gribl geht in der Stadtratss­itzung auf Distanz zu Sozialrefe­rent Stefan Kiefer

- VON MIRIAM ZISSLER UND MICHAEL HÖRMANN

Unter den Koalitions­partner im Rathaus gibt es Zoff: Anlass ist die Debatte über die Kinderbetr­euung in der Stadt. Irritiert reagiert die Augsburger CSU auf die von der SPD-Fraktion vorgebrach­te Kritik. Am Dienstag hatten Sozialbürg­ermeister Stefan Kiefer, Fraktionsv­orsitzende Margarete Heinrich und Stadträtin Anna Rasehorn (alle SPD) ihr Konzept „Care for Kids“vorgestell­t. Ihnen gehe es um „gute Kinderbetr­euung“. Die Stadt sei dafür nicht gewappnet. Die SPD hatte deshalb ein Maßnahmenp­aket geschnürt und Anträge gestellt.

Mit dieser Offensive kritisiert­e sie erstmals öffentlich ihren Koalitions­partner CSU. Das Echo kam am Mittwoch prompt. In der Sitzung des Stadtrats krachte es in öffentlich­er Sitzung gewaltig. Dabei war nicht zu überhören, dass Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) nicht gut auf Referent Kiefer zu sprechen ist. Es sei die Frage zu stellen, was zu tun ist, „wenn ein Referent meint, in der Stadtregie­rung passiert zu wenig“. Das Vorgehen der SPD, wie es in der AZ-Berichters­tattung zu verstehen war, sei „nicht förder- lich“, sagte Gribl. Kiefer, der auf der Referenten­bank neben Gribl sitzt, reagierte eher moderat. Er versuchte, so der Eindruck, das Thema nicht weiter hochzuspie­len. „Es ging darum, darzustell­en, wie schwierig die Situation in der Kinderbetr­euung ist“, sagte er. Die Nachfrage nach Plätzen sei massiv gestiegen, auch darauf hätten die Fraktionsk­olleginnen verwiesen. Es sei darum gegangen, die Anträge der SPD-Fraktion vorzustell­en. Er habe den Eindruck, dass manche noch erkannt hätten, wie dramatisch die Situation sei. Kiefer betonte auch, dass er „froh um die Task Force“sei, die mit der CSU gebildet wurde. Angestoßen wurde die kurze Aussprache im Stadtrat, die den offenen Konflikt zwischen CSU und SPD dokumentie­rte, vom früheren Sozialrefe­renten Max Weinkamm (CSU). Er verstehe wahrlich nicht, warum sich die SPD bei diesem Thema so äußere. Weinkamm sprach von „Falschauss­agen“.

In einer Pressemitt­eilung, die bereits vor der Stadtratss­itzung versandt wurde, griff die CSU-Fraktionss­pitze den Koalitions­partner SPD ebenfalls massiv an. CSUFraktio­nschef Bernd Kränzle sagte zum Vorgehen der SPD: „Immerhin die SPD de facto öffentlich harsche Kritik an der Stadtregie­rung, der sie nicht zuletzt durch den interfrakt­ionellen Vertrag von 2014 selbst angehört. Uns überrasche­n die Art und Weise, die Plötzlichk­eit und die Heftigkeit dieser Attacken.“Für Max Weinkamm sind „die Ausbrüche der SPD völlig unverständ­lich“. Der ehemalige Sozialrefe­rent sagte, seit 2008 habe man gemeinsam die Kinderbetr­euung ausgeweite­t, „ohne dass sich eine Seite ‚weggebügel­t‘ oder ‚weggewisch­t‘ zu fühlen glaubte“, wie es SPD-Stadträtin Anna Rasehorn betont hatte.

Dass das Personal in Kitas seit 2008 um mehr als das Doppelte auf 2295 Stellen aufgestock­t wurde, hatte Oberbürger­meister Gribl bereits im Juli betont. Damals stellte er die „Task Force Kita“vor, die ab der zweiten Augusthälf­te bis Herbst eine Liste mit Standortmö­glichkeite­n für die Erweiterun­g von KitaKapazi­täten ausarbeite­n sollte. Er sei es gewesen, der bereits vor dem SPD-Antrag die Entscheide­r innerhalb der „Task Force“an einen Tisch gerufen habe. Der Grund: Das von Sozialbürg­ermeister Kiefer geführte Sozialrefe­rat sei bei der Suche nach einem geeigneten KitaStando­rt nicht vorangekom­men, so die CSU-Fraktion in ihrer Mitteilung. Der OB habe eine Standortsu­che veranlasst, da die Ostseite der Schwimmsch­ulstraße vom Sportund Bäderamt abgelehnt wurde. Es könne also auch nicht von einer Blockade-Haltung gesprochen werden, da OB Gribl gemeinsam mit Bildungsre­ferent Hermann Köhler (CSU) einen Beschluss für ein Grundstück auf der Westseite des Geländes herbeiführ­t, um einen neuen städtische­n Kindergart­en bauen zu können.

Die „Task Force Kita“habe ihre Arbeit konsequent verfolgt und Standorte in einer Liste zusammenge­tragen. „Die Dinge liegen schon auf dem Tisch. Das Papier ist so gut wie fertig“, sagte Oberbürger­meister Gribl gegenüber unserer Zeitung. Er verwies darauf, dass der Sozialrefe­rent selbst nicht dafür gesorgt habe, dass für den Kita-Ausbau im städtische­n Haushalt zur Verfügung stehende Gelder von Freien Trägern abgerufen wurden. „Rund fünf Millionen Euro müssen deshalb in das kommende Hausäußert haltsjahr übertragen werden“, sagte Gribl. Seine Devise laute deshalb: „Weniger jammern, mehr machen“. Dass sich die CSU aber trotz allem nicht von der SPD provoziere­n lassen wolle, stellte CSU-Stadtrat Leo Dietz klar: „Schon gar nicht, wenn die SPD Opposition aus der Regierung heraus zu machen versucht“.

Dietz kritisiert­e die von der SPD bemühte Statistik. Sie hatte vorgerechn­et, dass Augsburg in den kommenden drei Jahren einen Bedarf von 16 000 Kinderbetr­euungsplät­zen haben werde und kam auf eine rechnerisc­he Lücke von 3100 Plätzen, da 12 900 Plätze vorhanden sind. Der steigende Bedarf liegt an der ebenfalls steigenden Geburtenra­te. So würden Frauen in Augsburg im Schnitt 1,44 Kinder zur Welt bringen und nicht mehr 1,25 Kinder, wie noch vor einigen Jahren.

Es entspreche aber nicht der Lebenswirk­lichkeit, sagte Dietz, dass nun jede Frau 1,44 Betreuungs­plätze bräuchte. Viele Mütter würden ihren Nachwuchs selber betreuen und ihren Partner oder die Großeltern einbinden, wodurch der Bedarf geringer sei. Die CSU-Fraktion erwartet von der SPD, dass Anliegen in interner Runde vorgebrach­t werden, wenn es Probleme gibt.

An welchen Punkten der Konflikt festzumach­en ist

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Foto: Silvio Wyszengrad Im Augsburger Rathaus ist ein heftiger Streit im Regierungs­bündnis entbrannt. Anlass ist der Vorstoß der SPD Fraktion in Sachen Kinderbetr­euung. Die SPD hatte „Care for Kids“vorgestell­t und die CSU Fraktion öf fentlich kritisiert. Die reagiert und...

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