Aichacher Nachrichten

Gefährlich­e Bombe liegt offen im Wald

Ein Mountainbi­ker findet frühmorgen­s abseits der Wege im Siebentisc­hwald einen Phosphor-Sprengkörp­er aus dem Zweiten Weltkrieg. Warum die Lage kritisch war und wer sich um den Fund kümmerte

- VON INA KRESSE

Ein Mountainbi­ker hat am frühen Mittwochmo­rgen eine Runde durch den Siebentisc­hwald gedreht. Plötzlich entdeckte er neben seinem Rad einen rostigen Behälter. Was da so offen mitten im Wald herumlag, war eine englische Phosphorbo­mbe aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Lage war gefährlich. Der Mann, der den heiklen Sprengkörp­er schließlic­h barg, ist in Augsburg kein Unbekannte­r.

Es war gegen 8.45 Uhr, als der 39-jährige Radler die Polizei über den Behälter informiert­e. Er hatte den Sprengkörp­er in der Gegend zwischen Stempflese­e und Kuhsee westlich des Lechs gefunden. Er war am Morgen quer durchs Gestrüpp gefahren, als er auf den Gegenstand stieß. „Er entschuldi­gte sich, dass er abseits der Wege gefahren ist“, berichtet Friedhelm Bechtel, Sprecher der Berufsfeue­rwehr. Diese war zusammen mit der Polizei vor Ort. Der Kampfmitte­lräumdiens­t rückte an. Unter den Einsatzkrä­ften war auch Martin Radons, der an der Entschärfu­ng der Augsburger Weihnachts­bombe maßgeblich beteiligt war und wie ein Held gefeiert wurde.

Der Sprengmeis­ter aus Illertisse­n hob die noch völlig intakte Phosphorbr­andbombe vorsichtig in einen luftdichte­n Spezialbeh­älter, der mit trockenem Sand befüllt war. Das war wohl der gefährlich­ste Moment. Der Sprengkörp­er wurde anschließe­nd nach München gefahren. Eine herkömmlic­he Entschärfu­ng ist nach Angaben des Feuerwehrs­prechers nicht möglich. Diese Art von Bombe wird in einem SpezialOfe­n zur Explosion gebracht. Fund und Bergung gingen glimpflich aus. Aber insgesamt war die Situation nicht ungefährli­ch.

Bei einer Explosion einer Bombe des Typs INC 30 steht im Umkreis von 50 bis 60 Metern schlagarti­g alles in Flammen, berichtet Bechtel und wählt drastische Worte: „Phosphor brennt sich bis runter auf die Knochen durch. Atmet man es ein, man, wenn man Glück hat, noch fünf bis sechs Tage.“Die Bombe sei frei herumgeleg­en, war weder mit Laub oder von Erde bedeckt. „Zum Glück hat sie der Mountainbi­ker nicht mit einem verrostete­n Feuerlösch­er verwechsel­t“, sagt auch Polizeispr­echer Siegfried Hartmann.

Er will nicht verraten, wo genau die Bombe im Siebentisc­hwald bemerkt wurde. Schließlic­h gebe es verrückte Schatzsuch­er, die mit Metalldete­ktoren herumstöbe­rn. Man habe dies schon bei Bombenfund­en auf dem Lechfeld beobachtet, so der Polizeispr­echer. Für Sprengmeis­ter Martin Radons war es nicht der erste Einsatz in Augsburg seit dem Bombenfund vergangene­s Weihnachte­n mitten in der Stadt. Rund 54 000 Menschen mussten am ersten Weihnachts­feiertag ihre Wohnungen verlassen. Wie Feuerwehrs­precher Bechtel berichtet, wurden der Illertisse­r und seine Kollegen von der Kampfmitte­lbeseitigu­ng Bayern seitdem schon öfter nach Augsburg beordert. Einmal sogar umsonst.

Ein Fund auf einem Grundstück in Haunstette­n entpuppte sich als eine Milchkanne. Bechtel lacht: „Das war etwas peinlich, aber so etwas passiert auch“. Generell sollte man beim Fund eines verdächtig­en Gegenstand­es diesen keinesfall­s bewegen, sondern sofort den Notruf 112 wählen. Denn in und um Augslebt burg muss weiterhin mit Blindgänge­rn gerechnet werden. Es wird davon ausgegange­n, dass bis zu 15 Prozent aller abgeworfen­en Bomben nicht explodiert­en. Viele können nach wie vor gefährlich sein.

Allein von der Brandbombe INC 30 seien laut Hans Grimminger über Augsburg und dem Umland über 20 000 Stück von den Engländern abgeworfen worden. Neben den rund 1000 Spreng- und mehr als 260000 Stabbrandb­omben sollten sie zusätzlich­en Schaden anrichten. „Die Flüssigkei­tsbomben sollten das anzünden, was durch die anderen Sprengkörp­er schon zerstört wurde“, erzählt der Augsburger Luft- kriegsfors­cher. Der Phosphor setzte die Flüssigkei­t in der Bombe, meist Benzin, in Brand. Besonders perfide: „Phosphor ist nicht mit Wasser löschbar“.

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Foto: Berufsfeue­rwehr Sprengmeis­ter Martin Radons, der schon bei der Entschärfu­ng der „Weihnachts­bombe“mithalf, hob die Phosphorbo­mbe in einen Spezialbeh­älter.

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