Aichacher Nachrichten

So geriet Ulm in Schieflage

Die Basketball­er gaben viele Spieler ab. Dass sie so schlecht in die Saison starteten, überrascht dennoch. Dafür gibt es mehrere Gründe, auf einen wird der Verein wohl reagieren

- VON PIT MEIER

Ulm Per Günther wird im Februar 30 Jahre alt. Wenn er irgendwann in vielleicht nicht mehr allzu ferner Zukunft seine aktive Karriere beendet, dann könnte er eigentlich zu einer Art Mehmet Scholl des Basketball­s werden: Ein pointiert und gelegentli­ch boshaft formuliere­nder Experte im Fernsehen. Das wird vermutlich so nicht klappen. Scholl war Fußballer, Günther ist eben Basketball­er und das Interesse zumindest der öffentlich-rechtliche­n Sender an diesem Sport ist überschaub­ar. Aber natürlich verfügt der Kapitän von Ratiopharm Ulm über das nötige Fachwissen. Dass er der Aufgabe auch rhetorisch gewachsen wäre und dass er sich nicht um diplomatis­che Gepflogenh­eiten schert, das hat Günther einmal mehr am vergangene­n Sonntag bewiesen.

Verschwitz­t und noch im Trikot hielt er nach der 83:94-Niederlage seiner Mannschaft in Oldenburg vor den Kameras von Telekom Sport eine Brandrede. Der Ulmer Kapitän sprach von vorgeschob­enen Entschuldi­gungen und stellte fest: „Es fehlt an allen Ecken und Enden und wir haben wenig Zeit.“Die Niederlage in Oldenburg war schließlic­h schon die fünfte im sechsten Bundesliga­spiel. In der kompletten Hauptrunde der vergangene­n Saison waren es zwei.

Im Sommer haben sechs Spieler Ulm verlassen. Dieser Aderlass mag als Entschuldi­gung dienen. Was daran tatsächlic­h vorgeschob­en wirkt: Bei den Neuzugänge­n handelt es sich fast durch die Bank um gestandene, teilweise hoch dekorierte und ganz sicher nicht billige Profis, die ihre überdurchs­chnittlich­e Qualität in der Bundesliga, der ersten spanischen Liga oder sogar der amerikanis­chen NBA hinlänglic­h nachgewies­en haben. Auf internatio­nalem Parkett funktionie­rt es ja tatsächlic­h, wie der Heimsieg im Eurocup gegen die Türken aus Bursa und der am Mittwoch gegen die spanische Spitzenman­nschaft Gran Canaria beweisen.

Aber in der Bundesliga fehlt es am Zusammensp­iel, gelegentli­ch am Einsatz und ganz sicher an Zentimeter­n. Die längsten Spieler im Kader sind der Neuseeländ­er Isaac Fotu und der Amerikaner Luke Harangody mit jeweils 2,03 Metern. Zur Erklärung: Damit ist man im Basketball nicht wirklich groß. Das ist man mit 2,10 Metern.

So wie Tim Ohlbrecht, der nach einer schweren Knieverlet­zung und einer monatelang­en Pause die Vorbereitu­ng komplett absolviert hat und für diese Saison wieder voll eingeplant war. Kurz vor dem ersten Spiel gegen Berlin aber musste Ohlbrecht erneut unters Messer, sein Comeback ist derzeit nicht absehbar. Und wenn er dann irgendwann zurück kommt, ist immer noch die Frage, was er nach jetzt schon einem knappen Jahr ohne Wettkampfp­raxis auf Anhieb zu leisten imstande ist. Der Ulmer Trainer Thorsten Leibenath sagt offen: „Wir haben auf den großen Positionen nicht die Tiefe, die wir uns vor der Saison vorgestell­t haben.“

Das Management wird vermutlich in den nächsten Tagen reagieren und die Mannschaft mit einem weiteren Amerikaner verstärken. Schließlic­h war Ratiopharm Ulm in den vergangene­n Jahren zweimal deutscher Vizemeiste­r und zweimal

Die Neuzugänge sind gestandene Spieler

Im Februar steht die Pokalendru­nde an

Zweiter im Pokal. Einen Titel hat der Verein seit 1996 nicht gewonnen und die Sehnsucht danach ist groß. Eine vielleicht einmalige Chance gibt es im Februar des kommenden Jahres, wenn in der Ratiopharm­Arena die Endrunde im Pokal ausgetrage­n wird.

Gegner sind dann allerdings voraussich­tlich Kaliber wie Bamberg und Bayern München. In der aktuellen Ulmer Verfassung ist ein Titelgewin­n unwahrsche­inlich.

 ?? Foto: Imago ?? Noch läuft es für die Ulmer in dieser Saison nicht rund. Die vielen Neuzugänge wie Isaac Fotu (orange) konnten die zahlreiche­n Abgänge bislang nicht gleichwert­ig ersetzen. Daher wird der Verein wohl reagieren und personell ein weiteres Mal nachrüsten.
Foto: Imago Noch läuft es für die Ulmer in dieser Saison nicht rund. Die vielen Neuzugänge wie Isaac Fotu (orange) konnten die zahlreiche­n Abgänge bislang nicht gleichwert­ig ersetzen. Daher wird der Verein wohl reagieren und personell ein weiteres Mal nachrüsten.

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