Gerhard Zinnecker braucht einen Spender
Seit rund 50 Jahren hilft der Rentner beim Roten Kreuz Augsburg. Jetzt wollen die Kollegen ihm beistehen. Denn er ist an Leukämie erkrankt. Im Kongress am Park findet bald eine Typisierungsaktion statt
Gerhard Zinnecker ist seit über 50 Jahren beim Roten Kreuz Augsburg-Stadt aktiv. Für ihn ist es selbstverständlich, anderen Menschen zu helfen. Jetzt aber braucht er selber Hilfe. Sein Leben ist in Gefahr. Zinnecker ist an Leukämie erkrankt. Nur eine Stammzellenspende kann ihn dauerhaft retten. Deshalb veranstalten seine Kollegen in zwei Wochen eine große Typisierungsaktion im Kongress am Park. Zinneckers Reaktion darauf ist bemerkenswert.
„Es ist schön, dass für mich so ein Aufwand betrieben wird“, sagt der 70-Jährige, der mit seiner Frau Christine auf der Wohnzimmercouch in der gemeinsamen Wohnung in Steppach sitzt. Der Mann mit dem freundlichen Gesicht und der Brille ist bescheiden. Selbst in dieser Situation, in der er um sein Leben fürchten muss. In der er schon einige kräftezehrende Chemotherapien hinter sich gebracht hat. Bereits vor sieben Jahren wurde bei dem Rentner eine sogenannte Altersleukämie diagnostiziert. Doch sie verlief jahrelang harmlos und musste nicht behandelt werden. Alle sechs Monate ging Zinnecker zur Kontrolle. Erst im April dieses Jahres wurde ihm mitgeteilt, dass seine Blutwerte so gut wie noch nie seien. „Da war die Freude riesengroß.“Da wusste der 70-Jährige auch nicht, welches Schicksal ihn wenige Monate später ereilen sollte.
„Es begann Mitte August. Ich hatte einen Druck auf dem Magen, keinen Hunger, schwitzte schnell und bekam kaum Luft“, erzählt Zinnecker. Thomas Seifert, Leiter der Bereitschaften beim BRK Augsburg-Stadt, sitzt in einem Sessel im Zinneckerschen Wohnzimmer. Er erinnert sich an einen Abend beim Roten Kreuz. „Wir waren alle erschrocken, wie Gerhard aussah. Er war weiß wie die Wand.“Zinnecker ging zur Hausärztin, ließ sich Blut Dann kam ihr Anruf: Er müsse sofort ins Krankenhaus. Zinnecker ist an der lebensbedrohlichen, akuten myeloischen Leukämie (AML) erkrankt.
Er war gerade noch rechtzeitig ins Klinikum gekommen. „Der Chefarzt sagte mir, dass ich sonst nur noch zwei bis drei Wochen zu leben gehabt hätte.“Die Chemotherapien vertrage er bislang ganz gut. Zinnecker will sich nicht gehen lassen, er will kämpfen. „Der Gerhard ist ein ganz ein Zäher“, bescheinigt ihm sein Rot-Kreuz-Kollege. Trotz seines starken Willens weiß Zinnecker: „Ich kann auf Dauer nur mit einer Knochenmark-Transplantation weiterleben.“
Thomas Seifert bereitet schon seit Wochen eine große Typisierungsaktion vor. Sie findet am Samstag, 18. November, von 11 bis 16 Uhr im Kongress am Park statt. Man sei es Gerhard Zinnecker schuldig, findet Seifert. „Wenn man etwas von Gerabnehmen. hard braucht, hilft er immer. Er ist immer für andere da. Jetzt können wir ihm etwas zurückgeben.“Zinnecker ist seinen Kollegen für deren Einsatz dankbar. Bemerkenswert ist aber seine selbstlose Reaktion. Der Senior freut sich, mit der Typisierungsaktion anderen Menschen helfen zu können. „Auch wenn bei dieser Aktion nicht der passende Spender für mich dabei ist, dann hoffentlich für jemand anderen. Da gehe ich gerne als Zugpferd voran.“
Thomas Seifert vom Roten Kreuz Augsburg organisiert zusammen mit der Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern (AKB) die Typisierungsaktion im Kongress am Park. „Augsburg gegen Leukämie! Mit dem BRK für Gerhard Zinnecker“lautet der Titel der Veranstaltung. Jeder gesunde Bürger zwischen 17 und 45 Jahren kann sich dort typisieren lassen.
Es seien nur wenige Tropfen Blut und ein paar Minuten Zeit notwendig für die Registrierung, heißt es in einem Aufruf des Bayerischen Roten Kreuzes. Verglichen mit den Schmerzen und den Strapazen, die ein Patient erleiden muss, sei dies nur ein winziger Aufwand. Jeder Teilnehmer, der dann in der weltweiten Spenderdatei registriert ist, kann eines Tages zum Lebensretter werden.
„Beim AKB bleibt man auch nicht anonym. Spender und Empfänger können sich auf Wunsch kennenlernen“, erklärt Seifert. Bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei hingegen sei dies anders. Für den Leiter der Bereitschaften des BRK Augsburg-Stadt ist es das erste Mal, dass er so eine große Veranstaltung auf die Beine stellt.
„Ich hätte nie gedacht, dass es so gut flutscht.“Viele Menschen zeigten sich sehr hilfsbereit. Sponsoren etwa, die an dem Tag den Teilnehmern Semmeln, Brezen, Leberkäse und Getränke stiften. Helfer, die sich um die Blutentnahme und die Röhrchenabgabe kümmern. „Wir haben es geschafft, Oberbürgermeister Kurt Gribl als Schirmherrn zu gewinnen.“Gerhard Zinnecker hofft natürlich, dass ein passender Spender für ihn gefunden wird. Er ist guten Mutes. „Die Ärzte haben mir nicht gesagt, was passieren würde, wenn sie niemanden finden.“
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Info Die Typisierungsaktion findet am Samstag, 18. November, von 11 bis 16 Uhr im Kongress am Park in Augsburg, Gögginger Straße 10, statt.