Roger Waters kein bisschen leiser
Die Pink-Floyd-Legende gibt im Interview Einblicke auf das, was seine Fans beim Auftritt in München erwartet. Und ein Ausblick auf weitere Höhepunkte zeigt, dass zwischen Rock, Rap und Schlager für jeden was kommt
Legendenzeit auch in der Münchner Olympiahalle: Am 13. Juni 2018 kommt Roger Waters, vor inzwischen 52 Jahren Mitbegründer von Pink Floyd, mit seinem politischen aktuellen Album „Us + Them“hierher. Derzeit zieht er noch durch Nordamerika, bevor es ab April auf einen Europa-Streifzug geht mit Stationen in 23 Ländern. Was die Fans erwartet? Ein Gespräch nach einem aktuellen Konzert.
Sie sind 74 Jahre alt und in bester Form, letzten Abend haben Sie rund drei Stunden gespielt. Was hält Sie bei der Stange?
Roger Waters: Ich habe Shows und die Musik immer sehr ernst genommen, also ist es der passende Job für mich. Wenn man das Glück hat, einen passenden Job zu haben, der Spaß macht, wird man so lange damit weitermachen, wie man kann.
Und Sie sind politisch sehr engagiert. Ihre Show „Us + Them“zielt direkt auf US-Präsident Donald Trump. Warum diese Botschaft?
Waters: Nicht nur ich erkenne, dass dieser Typ verrückt und ein Clown ist. Es ist sehr, sehr surreal, dass jemand, der so entrückt vom Leben der meisten Menschen ist – außer als Ikone im Reality-TV – irgendwie versuchen könnte, mächtigster Politiker der westlichen Welt zu werden. Die Tatsache, dass er die Wahl sogar gewonnen hat, ist noch verrückter.
Wie reagieren Fans in Staaten wie Missouri, Kentucky oder Oklahoma, wo Trump viele Unterstützer hat? Waters: Wo auch immer wir spielen, gab es vielleicht fünf oder sechs oder schlimmstenfalls zehn Leute, die so gekränkt von meiner Attacke auf den Präsidenten sind, dass sie die Show verlassen haben. Aber sogar in diesen Staaten ist der lauteste Lärm des Abends, wenn „Pigs (Three Different Ones)“endet. Sie sind verzückt, dass ich den Präsidenten ihres Landes verspotte. (Anmerkung der Redaktion: Zu diesem Pink-FloydSong von 1977 zeigt Waters in seiner Show Bilder von Trump mit kleinem Penis oder in einer weißen Kutte des rassistischen Ku-Klux-Klans)
Könnten einige Fans nicht auch ent- täuscht sein, die statt zu einer AntiTrump-Kundgebung einfach der Musik wegen kommen wollten?
Waters: Wenn du so denkend zur Show kommst und enttäuscht bist, würde ich vorschlagen, dass du von einem Berggipfel in Nepal wegziehst und zu uns anderen in der echten Welt stößt.
Sie kämpfen in einer Non-Profit-Organisation gegen Armut und Malaria, spielten Benefizkonzerte nach dem Tsunami im Indischen Ozean 2004, jetzt die Trump-Kritik. Wie politisch muss ein Musiker sein?
Waters: Jeder sollte meiner Meinung nach politisch aktiv sein. Wer nicht auf irgendeine Weise politisch aktiv ist, leugnet seine Menschlichkeit.
Ihre Tour heißt „Us + Them“, also „Wir und die“. Könnten Fans das als eine zu spalterische Botschaft aufgreifen in Zeiten, nicht nur in denen die Menschen in den USA den Dialog miteinander suchen sollten?
Waters: Sie müssen A) den Song hören und B) das Konzert sehen und erkennen, dass ich sage, dass es kein „Wir“und „Die“gibt. Es gibt nur uns. Und soweit wir wissen, ist unsere Spezies nur zwischen 70 000 und 100 000 Jahren alt und wir stammen alle aus Afrika. Wir teilen alle dieselbe DNS und wir sind alle miteinander verwandt.
Sie stellen in Ihrer Show eine Menge Fragen. Bieten Sie dafür auch die passenden Lösungen?
Waters: Klar tue ich das. Liebt einander! Fuck, wenn Sie das nicht kapiert haben, haben Sie den Eintrittspreis verschwendet. Die Antwort ist, es gibt kein „Wir“und „Die“, wir sind alle Brüder und Schwestern, wir werden dieses heillose Chaos nicht überleben, wenn wir nicht anfangen, uns um einander zu kümmern.
Ist Ihre Weltsicht nicht etwas pessimistisch?
Waters: Ich drücke überhaupt keinen Pessimismus aus. Ich drücke großartigen Optimismus aus in allem, was ich sage. Wenn du dein Leben in einer Katy-Perry-Show leben willst, bist du verloren.