Wo Bücher gratis den Besitzer wechseln
Offene Bücherschränke sind im Wittelsbacher Land immer häufiger zu finden. Auch in Aichach gibt es bereits eine Miniaturbibliothek – von der viele aber nichts wissen. Bald wird es einen Nachahmer im Landkreisnorden geben
Aichach Friedberg Fein säuberlich stehen die Bücher auf einem breiten Holzbrett im Aichacher Bahnhofscafé nebeneinander aufgereiht. Werke von Arthur Conan Doyle, Mario Puzo oder Märchen für Kinder stehen dort. Das Holzbrett folgt dem Prinzip des offenen Bücherschranks: Wer seine Bücher loswerden will, kann sie ins Regal stellen. Wer möchte, kann sie mitnehmen. Das alles kostenlos.
Manuela Asam arbeitet in der Bäckerei mit integriertem Café, seit diese vor drei Jahren ins sanierte Bahnhofsgebäude einzog. „Am Anfang kamen die Leute mit vollen Waschkörben und wollten ihre Bücher loswerden“, erinnert sich die 24-Jährige. Bücher, die keinen Platz mehr auf dem Regal hatten, spendete das Café an die Caritas. „Viele, die auf der Durchreise waren, haben das Angebot genutzt“, sagt Asam. Mit der Zeit habe das aber stark nachgelassen. Ein weiteres Problem sieht Asam darin, dass manche gar nicht wüssten, dass die Bücher einfach mitgenommen werden können. „Manche Kunden haben auch schon gefragt, ob die Bücher etwas kosten“, erzählt sie.
Asam und ihre Kollegen pflegen seit drei Jahren das Bücherbrett. Doppelte Werke oder jene in inakzeptablem Zustand sortieren sie aus. Zudem achten die Bäckereiangestellten darauf, dass für jeden etwas dabei ist. „Wir schauen, dass alles in Ordnung ist“, sagt Asam. Zusätzliche Mühe mache das kaum. „Ich bin zwar keine Leseratte, finde das Angebot aber super“, sagt sie mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
Einen offenen Bücherschrank gab es bereits vor dem Umbau des Bahnhofsgebäudes vor drei Jahren. Damals hatte der Aichacher Kunstverein das Projekt ins Leben gerufen. Der Schrank stand im Warteraum (wir berichteten). Nachdem das Bahnhofscafé dort einzog, suchte der Verein gemeinsam mit der Stadt einen neuen Standort, weil der schlicht zu eng wurde. Bürgermeister Klaus Habermann erinnert sich: „Wir haben darüber nachgedacht, es aber nicht konkretisiert.“Angedacht war zunächst der Platz unterhalb der Stadtpfarrkirche. Dort steht heute die gusseiserne Dreifaltigkeitsglocke. Auch heute habe die Stadt noch nicht das „passende Fleckerl“gefunden, sagt Habermann. Grundsätzlich stehe die Stadt dem Ansinnen positiv gegenüber. Der Rathauschef sieht aber auch Probleme bei der Umsetzung: Ein Standort in der Aichacher Innenstadt – gerade zwischen den beiden Stadttoren – sei schwierig, findet er. Er nennt die vielen Veranstaltungen, wie etwa die Mittelalterlichen Markttage oder das Stadtfest, als Grund. Außerdem müsse man sehen, dass der Bücherschrank stadtarchitektonisch an seinen Standort passe. Habermann plädiert dafür, einen Platz zu finden, wo Menschen zusammenkommen, wie es im Café am Bahnhof der Fall sei. Interessenten, die ein solches Projekt anpacken wollen, gebe es bisher allerdings nicht. „Bisher ist noch keiner an die Stadt herangetreten“, so Habermann.
In der Marktgemeinde Pöttmes soll es ab nächstem Jahr einen zweiten offenen Bücherschrank geben. Das beschloss am Dienstag der Marktgemeinderat (wir berichteten). Carola Hofmann, Leiterin der Marktbücherei, betreut seit etwa drei Jahren ein solches Projekt – damals ein Novum in der Gemeinde. Einziges Manko: Die Besucher haben lediglich zu den Öffnungszeiten der Marktbücherei die Chance, den dortigen Bücherschrank zu nutzen, weil er im Gebäude steht.
Daher soll es ab nächstem Jahr ein weiteres Angebot zum freien Büchertausch auf dem Marktplatz, direkt gegenüber dem Rathaus, geben. „Für Jedermann und zu jeder Zeit“, bekräftigt Hofmann. Auch dafür wird die Marktbücherei verantwortlich sein. Vandalismus, wie von Gemeinderäten befürchtet, gibt es bislang laut Hofmann nicht. „In der Bücherei gab es bisher noch keine Probleme“, sagt sie. Außerdem: „Ich denke, dass die Pöttmeser ordentlich sind und dass alles in Ordnung sein wird.“
Im Landkreis-Süden ist man be-
Manche wiseen nicht, dass die Bücher nichts kosten
reits weiter. In Friedberg und Mering erfreuen sich offene Bücherschränke an öffentlichen Plätzen großer Beliebtheit. Seit dem vergangenen Jahr gibt es in Friedberg daPlatz rüber hinaus zehn offene Bücherschränke in Bäckereien, Supermarkt-Filialen oder in Restaurants. Einige Nachahmer folgten. Aichachs Bürgermeister sagt: „Ich bin selbst eine Leseratte und finde so einen Bücherschrank prima.“Auch vor der Sanierung des Bahnhofgebäudes habe der Bücherschrank im Warteraum schon gut funktioniert.