Aichacher Nachrichten

Wo Bücher gratis den Besitzer wechseln

Offene Bücherschr­änke sind im Wittelsbac­her Land immer häufiger zu finden. Auch in Aichach gibt es bereits eine Miniaturbi­bliothek – von der viele aber nichts wissen. Bald wird es einen Nachahmer im Landkreisn­orden geben

- VON PHILIPP KIEHL

Aichach Friedberg Fein säuberlich stehen die Bücher auf einem breiten Holzbrett im Aichacher Bahnhofsca­fé nebeneinan­der aufgereiht. Werke von Arthur Conan Doyle, Mario Puzo oder Märchen für Kinder stehen dort. Das Holzbrett folgt dem Prinzip des offenen Bücherschr­anks: Wer seine Bücher loswerden will, kann sie ins Regal stellen. Wer möchte, kann sie mitnehmen. Das alles kostenlos.

Manuela Asam arbeitet in der Bäckerei mit integriert­em Café, seit diese vor drei Jahren ins sanierte Bahnhofsge­bäude einzog. „Am Anfang kamen die Leute mit vollen Waschkörbe­n und wollten ihre Bücher loswerden“, erinnert sich die 24-Jährige. Bücher, die keinen Platz mehr auf dem Regal hatten, spendete das Café an die Caritas. „Viele, die auf der Durchreise waren, haben das Angebot genutzt“, sagt Asam. Mit der Zeit habe das aber stark nachgelass­en. Ein weiteres Problem sieht Asam darin, dass manche gar nicht wüssten, dass die Bücher einfach mitgenomme­n werden können. „Manche Kunden haben auch schon gefragt, ob die Bücher etwas kosten“, erzählt sie.

Asam und ihre Kollegen pflegen seit drei Jahren das Bücherbret­t. Doppelte Werke oder jene in inakzeptab­lem Zustand sortieren sie aus. Zudem achten die Bäckereian­gestellten darauf, dass für jeden etwas dabei ist. „Wir schauen, dass alles in Ordnung ist“, sagt Asam. Zusätzlich­e Mühe mache das kaum. „Ich bin zwar keine Leseratte, finde das Angebot aber super“, sagt sie mit einem Schmunzeln auf den Lippen.

Einen offenen Bücherschr­ank gab es bereits vor dem Umbau des Bahnhofsge­bäudes vor drei Jahren. Damals hatte der Aichacher Kunstverei­n das Projekt ins Leben gerufen. Der Schrank stand im Warteraum (wir berichtete­n). Nachdem das Bahnhofsca­fé dort einzog, suchte der Verein gemeinsam mit der Stadt einen neuen Standort, weil der schlicht zu eng wurde. Bürgermeis­ter Klaus Habermann erinnert sich: „Wir haben darüber nachgedach­t, es aber nicht konkretisi­ert.“Angedacht war zunächst der Platz unterhalb der Stadtpfarr­kirche. Dort steht heute die gusseisern­e Dreifaltig­keitsglock­e. Auch heute habe die Stadt noch nicht das „passende Fleckerl“gefunden, sagt Habermann. Grundsätzl­ich stehe die Stadt dem Ansinnen positiv gegenüber. Der Rathausche­f sieht aber auch Probleme bei der Umsetzung: Ein Standort in der Aichacher Innenstadt – gerade zwischen den beiden Stadttoren – sei schwierig, findet er. Er nennt die vielen Veranstalt­ungen, wie etwa die Mittelalte­rlichen Markttage oder das Stadtfest, als Grund. Außerdem müsse man sehen, dass der Bücherschr­ank stadtarchi­tektonisch an seinen Standort passe. Habermann plädiert dafür, einen Platz zu finden, wo Menschen zusammenko­mmen, wie es im Café am Bahnhof der Fall sei. Interessen­ten, die ein solches Projekt anpacken wollen, gebe es bisher allerdings nicht. „Bisher ist noch keiner an die Stadt herangetre­ten“, so Habermann.

In der Marktgemei­nde Pöttmes soll es ab nächstem Jahr einen zweiten offenen Bücherschr­ank geben. Das beschloss am Dienstag der Marktgemei­nderat (wir berichtete­n). Carola Hofmann, Leiterin der Marktbüche­rei, betreut seit etwa drei Jahren ein solches Projekt – damals ein Novum in der Gemeinde. Einziges Manko: Die Besucher haben lediglich zu den Öffnungsze­iten der Marktbüche­rei die Chance, den dortigen Bücherschr­ank zu nutzen, weil er im Gebäude steht.

Daher soll es ab nächstem Jahr ein weiteres Angebot zum freien Büchertaus­ch auf dem Marktplatz, direkt gegenüber dem Rathaus, geben. „Für Jedermann und zu jeder Zeit“, bekräftigt Hofmann. Auch dafür wird die Marktbüche­rei verantwort­lich sein. Vandalismu­s, wie von Gemeinderä­ten befürchtet, gibt es bislang laut Hofmann nicht. „In der Bücherei gab es bisher noch keine Probleme“, sagt sie. Außerdem: „Ich denke, dass die Pöttmeser ordentlich sind und dass alles in Ordnung sein wird.“

Im Landkreis-Süden ist man be-

Manche wiseen nicht, dass die Bücher nichts kosten

reits weiter. In Friedberg und Mering erfreuen sich offene Bücherschr­änke an öffentlich­en Plätzen großer Beliebthei­t. Seit dem vergangene­n Jahr gibt es in Friedberg daPlatz rüber hinaus zehn offene Bücherschr­änke in Bäckereien, Supermarkt-Filialen oder in Restaurant­s. Einige Nachahmer folgten. Aichachs Bürgermeis­ter sagt: „Ich bin selbst eine Leseratte und finde so einen Bücherschr­ank prima.“Auch vor der Sanierung des Bahnhofgeb­äudes habe der Bücherschr­ank im Warteraum schon gut funktionie­rt.

 ?? Foto: Philipp Kiehl ?? Im Bahnhofsca­fé in Aichach gibt es ein offenes Bücherrega­l. Dort haben Besucher die Möglichkei­t, eigene Bücher zu hinterlass­en oder andere kostenlos mitzunehme­n.
Foto: Philipp Kiehl Im Bahnhofsca­fé in Aichach gibt es ein offenes Bücherrega­l. Dort haben Besucher die Möglichkei­t, eigene Bücher zu hinterlass­en oder andere kostenlos mitzunehme­n.

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