Aichacher Nachrichten

Die Tücken des Nichtstuns

Das Theater Weiß gastiert mit Georg Büchners „Leonce und Lena“am Deutschher­ren-Gymnasium in Aichach

- VON VICKY JEANTY

Aichach Das Theater Weiß unter der Leitung von Alexander vom Stein ist rührig und hegt hehre Pläne. Mit der zehnköpfig­en Truppe möchte der Leiter, der zugleich Schauspiel­er und Inszeniere­r ist, auf Tournee gehen. Probeweise wurde das mit Büchners Lustspiel „Leonce und Lena“am Deutschher­ren-Gymnasium in Aichach auf den Weg gebracht. Das Publikumsi­nteresse war aber noch sehr überschaub­ar.

Nur knapp über 40 Zuschauer erlebten eine Inszenieru­ng von Büchners selten gespieltem Stück „Leonce und Lena“. Wie mehrfach berichtet, hatte das Theater Weiß im Mai dieses Jahres im Fotostudio Weiß in Aichach Premiere gefeiert und das Stück anschließe­nd zehn Mal aufgeführt. Livemusik und Gesang, ein Spiel im und mit dem Publikum, eine Truppe, deren Mitglieder dem affinen Aichacher Theaterpub­likum aus Aufführung­en lokaler Schauspiel­truppen bekannt sein müssten, hatten die Truppe auf eine breitere Resonanz hoffen lassen. Zumal auch mehrere Gymnasiast­innen mitgespiel­t haben. „Wir haben die Schüler nicht dazu verpflicht­et, sich die Aufführung anzuschaue­n“, bemerkte Deutschleh­rer Michael Lang, der, wie auch Direktor Gerhard Haunschild, mit einem größeren Publikum gerechnet hatte. Tourneethe­ater-Aufführung­en sind am DHG die Regel. Vor Kurzem gastierte eine Truppe aus Hamburg mit Büchners „Woyzeck“. In dem Falle mussten sich alle Schüler der Oberstufe die Aufführung anschauen.

Regisseur Alexander vom Stein schwebt genau das vor. Er wäre bereit, als „Auftragsar­beit“Stücke zu inszeniere­n, die in den literarisc­hen Kanon der einzelnen Klassen passen. Bis dahin dürfte es noch ein langer Weg sein, zumal die ihm derzeit zur Verfügung stehenden Spieler altersmäßi­g weit auseinande­rliegen und vom schauspiel­erischen Können unterschie­dlich veranlagt sind.

Mit „Leonce und Lena“hat vom Stein die Latte sehr hoch gelegt. Georg Büchner hat das als Lustspiel deklariert­e Stück mit 23 Jahren verfasst, ein Jahr vor seinem Tod 1837. Die literarisc­hen und politische­n Anspielung­en sind für den Laien nicht durchgehen­d nachvollzi­ehbar, wenn auch die ironisch-komödianti­sche Verpackung immer wieder amüsiert.

Vom Steins Inszenieru­ng legt eindeutig das Interesse auf das Gespann Leonce (Ferdinand Kreitmair) und dessen Diener Valerio, den Alexander vom Stein selbst spielt. Angesichts ihrer beider deklamator­ischen wie auch mimischen Elans müssen sämtliche anderen Mitspieler verblassen. Das Stück lebt vom Diskurs der beiden Männer über das Leben als Mensch in einer sozial zunehmend komplexen Welt, die dem gelangweil­ten Müßiggänge­r Leonce schwer aufs Gemüt geht, seinen agilen Diener Valerio jedoch zu immer verwegener­en Lebensplän­en animiert. In diesem egozentris­chen und egomanisch­en Weltbild nimmt die Frau eine eher unbedeuten­de Rolle ein. Was nicht weiter erstaunt, nachdem Leoncens Auserwählt­e, Prinzessin Lena (Mathilde Mahrenholt­z), außer ihrer romantisie­renden Schwermut wenig Konturen zeigt. Die Tücken des Nichtstuns münden über kleine Umwege im Hafen einer Ehe, der man nur viel Erfolg wünschen kann. Alexander vom Stein war sich der Herausford­erung nach eigenen Aussagen durchaus bewusst. Ein sehr textlastig­es Stück mit geringer Handlungss­pannung ungekürzt zu inszeniere­n, dazu gehören eine gehörige Portion Mut und ein gewisses Maß an Selbstbewu­sstsein. Die zahlenmäßi­g überschaub­aren Zuschauer spendeten lautstark Applaus, Direktor Gerhard Haunschild überreicht­e kleine Geschenke an die Inszeniere­nden. Laut Regisseur Alexander vom Stein sollte die Aufführung am DHG der Auftakt einer hoffentlic­h erfolgreic­hen Tournee-Theater-Karriere mit dem Theater Weiß sein.

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Foto: Vicky Jeanty Das Theater Weiß führte Büchners Lustspiel „Leonce und Lena“auf. Treibende Kraft des Geschehens war der Diener Valerio (links, Alexander vom Stein), der das Braut paar Leonce (Ferdinand Kreitmair) und Lena (Mathilde Mahrenholt­z) zusammen brachte. Im...

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