Seine Fans nehmen auch Umwege in Kauf
Der Augsburger Sternekoch Christian Grünwald ist bekannt für aufwendig inszenierte Menüs. Da taucht schon mal ein falscher Risotto aus Herbstlaub auf
Eigentlich kann nichts schiefgehen. Immerhin hat Christian Grünwald, der 1989 sein Lokal „August“in der Augsburger Frauentorstraße eröffnete, sich bereits 2006 den ersten Stern erkocht, im November 2008 kam dann der zweite dazu. Seitdem gab es von Michelin, dem strengsten Restauranttester, Jahr für Jahr zwei Sterne für das „August“. Das bedeutet „eine hervorragende Küche, die auch einen Umweg verdient“. Viele Gäste, die das inzwischen in eine alte Fabrikantenvilla umgezogene Restaurant ansteuern, kommen von weither, häufig sogar aus dem Ausland.
In ganz Deutschland hat Michelin im Jahr 2017 nur 39 Lokale mit zwei Sternen dekoriert. Trotzdem steht der 53-jährige Grünwald immer unter Strom, bis die erlösende Nachricht bei ihm eintrifft. Diesmal ist die Gala in Berlin mit der Verkündigung aller Sterneköche für den kommenden Freitag angesetzt, die Namen der Auf- und Absteiger allerdings dürften schon ein paar Tage vorher bekannt sein. Meist sind es Gäste oder Journalisten, die Grünwald als Erste über das Ergebnis informieren und auch gratulieren.
Dabei war der Umzug in die sogenannte Haag-Villa im Februar 2016 nicht nur ein Kraftakt, sondern auch ein Wagnis. „Viele Köche verlieren aufgrund der Arbeitsüberlastung dabei ihre Auszeichnungen“, weiß Grünwald. Doch das Haus, das der Bühnenbildner Philipp Fürhofer sehr speziell eingerichtet hat, findet bei den Gästen höchstes Lob. Nicht umsonst wurden die „Lagerfeuer“von den Testern des Michelin besonders gewürdigt. Dahinter stecken beleuchtete Tische, in denen Teile des Menüs, zum Beispiel eine essbare Espressotasse, bereits auf die Gäste warten. Seiner Linie ist Grünwald, der aus Wangen im Allgäu stammt und in Amerika, Luxemburg, der Schweiz und der Karibik arbeitete, immer treu geblieben. Je nach Jahreszeit und Angebot variiert die Speisekarte, Inspirationen von Blumenkunst treffen auf Variationen aus dem Meer und werden auch mal mit einem falschen Risotto aus Herbstlaub abgerundet. Keine Küche für jedermann, zumal sich das Essen bei ihm über gut vier Stunden erstreckt und aufwendig inszeniert wird. Will man den Weg des Sternekochs verstehen, dessen Lebensgefährtin Bettina Hentschel mit im „August“arbeitet, muss man mit ihm in seine Kindheit und Jugend zurückgehen. „Ich war im Alter von zehn, elf Jahren oft mit den Pfadfindern unterwegs in Frankreich und Italien“. Dort habe er Ideen eingefangen, die ihn bis heute tragen. Ein Gang über eine blühende Wiese, aber auch ein abgeerntetes Feld inspirieren Grünwald noch heute zu außergewöhnlichen Kreationen. Heublumen, Maiskolben, Früchte, Pilze: Das sind neben Fleisch und Fisch die Grundlagen seiner Küche.
Was wäre, wenn der Koch nun nicht mehr mit zwei Sternen glänzen, sondern mit nur noch einem Stern leben müsste? Das wäre für Grünwald zwar bitter, seine Devise aber lautet: „Ärmel hochkrempeln und weitermachen.“