Aichacher Nachrichten

Meister aus Münster

Tatort: Gott ist auch nur ein Mensch

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len Mafiakrieg hatte sich Riina Ende der 60er zum unangefoch­tenen Boss der Cosa Nostra aufgeschwu­ngen. Zwischen hundert und 150 Morde sollen auf sein Konto gehen.

Die bekanntest­en Taten, die ihm zur Last gelegt werden, sind die Ermordung des sizilianis­chen Juristen und „Mafiajäger­s“Giovanni Falcone sowie seiner Begleiter durch ein Bombenatte­ntat. Und die des Richters Paolo Borsellino, ebenfalls im Jahr 1992. Der Staat hatte damals den Kampf gegen die Mafia aufgenomme­n; Riina erklärte ihm den Krieg. Er gab Morde an Staatsanwä­lten, Polizisten, Gewerkscha­ftern, Journalist­en, Ärzten und Politikern in Auftrag. Zudem soll er für mehrere Bombenansc­hläge verantwort­lich sein, die 1993 in Rom, Mai- land und Florenz zehn Menschen das Leben kosteten. Zeitgleich mit dem Aufstieg Berlusconi­s in der italienisc­hen Politik soll der italienisc­he Staat dann in Verhandlun­gen mit der Cosa Nostra getreten sein.

„Er nimmt viele Geheimniss­e mit ins Grab“, schrieb die Zeitschrif­t L’Espresso. Eines dieser Geheimniss­e ist, wie es Riina gelingen konnte, 24 Jahre lang auf der Flucht zu sein. Wahrschein­lich hielt er sich hauptsächl­ich in seiner Heimat Sizilien auf. Vier Kinder bekam seine Frau Ninetta Bagarella in einem Krankenhau­s in Palermo, während Riina von der Polizei gesucht wurde. Sein ältester Sohn sitzt heute wegen Mordes im Gefängnis.

Am 15. Januar 1993 wurde Riina dann in der Nähe seines Hauses in Palermo festgenomm­en. Offenbar war es erst da eine politische Priorität, den Boss der Bosse dingfest zu machen. Der im vergangene­n Jahr verstorben­e Bernardo Provenzano, aus Corleone auch er, trat die Nachfolge Riinas an. 2006 wurde er festgenomm­en – in unmittelba­rer Nähe von Verwandten. Seither gilt Matteo Messina Denaro als Führungsfi­gur der Cosa Nostra.

Um die ist es ruhiger geworden. Was damit zu tun hat, dass sie nicht mehr auf Konfrontat­ion aus ist, sondern sich auf Korruption spezialisi­ert hat. „Die Clans haben die Strategie der gewaltsame­n Einschücht­erung abgelegt, um ihre Ziele am Verhandlun­gstisch zu erreichen“, sagt der Leiter der Antimafiab­ehörde Federico Cafiero de Raho. ARD, Sonntag, 20.15 Uhr Ein Abend aus Münster, werden sich all die freuen, die sonst nie „Tatort“schauen und sich am Sonntag einen launigen Fernsehfil­m erwarten, weil sie gerne bei Boerne und Thiel lachen. Welche gesellscha­ftspolitis­ch verortete und verordnete Sau werden sie diesmal durchs Dorf treiben, fragt sich der Krimifreun­d, der gerne die Mördersuch­e im Mittelpunk­t stehen hat. Gute Nachricht: Er kommt auf seine Kosten! „Gott ist auch nur ein Mensch“hat eine spannende Geschichte, überspannt­e Charaktere, überzeugen­de Darsteller. Der Krimi schafft sich sein eigenes Milieu, in dem intelligen­t, fast britisch gemordet wird.

Wie anders kann es auch sein, wenn zu Beginn einer Mordserie der Tote in einer Clownsfigu­r steckt, just vor der Eröffnung der angesehene­n Skulpturta­ge der Stadt. Ein zweiter Toter, zu Lebzeiten ein rechter Hetzer, steckt mumifizier­t in einem Schlauchbo­ot vor einem Flüchtling­sheim, in der Hand ein verkürztes Gandhi-Zitat. Für einen kurzen Moment wird Kunst im öffentlich­en Raum doch zum Politikum. Aber Fakt ist, dass ein gebildeter Serienmörd­er umgeht. Der praktisch denkende Frank Thiel (Axel Prahl) kriegt sich angesichts der sinnsuchen­den Künstlersc­har gar nicht mehr ein.

Man kann den „Tatort“-Machern vorhalten, dass sie hie und da sich die bürgerlich­en Witzeleien über den aktuellen Kunstbetri­eb hätten schenken können. Die Story beeinträch­tigen sie nicht – schon gar nicht die brillanten Dialoge zwischen dem Aktionskün­stler G.O.D., der sich wirklich für einen Gott hält, und seinem „Meistersch­üler“Prof. Boerne (Jan Josef Liefers). G.O.D. sagt: „Nur weil die Welt am Apfel zieht, wird er nicht schneller reif.“Boerne, eitel wie gehabt: „Das hätte von mir sein können.“

Verdächtig­e gibt es etliche in dieser kuriosen Leichen-Installati­onsShow, in der diesmal auf Kalauer weitgehend verzichtet wird. Aleksandar Jovanovic fasziniert als G.O.D. durch eine subtile erotische Ausstrahlu­ng, die selbst Boerne sprachlos macht. Rupert Huber

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Fotos: Giulio Broglio, dpa/dpa Riina auf einem Foto von 1995. Der Schwerverb­recher, der Italien jahrzehnte­lang terrorisie­rte, wurde zu lebenslang­er Haft verurteilt.
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Foto: WDR/W. Ennenbach Der Tote steckt in einer Clownsfigu­r. Und Boerne (li.) und Thiel haben einen neuen, spannenden Fall.
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Unter anderem in diesem Haus in Paler mo versteckte sich Riina vor der Polizei.
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In diesem Auto starb Mafia Jäger Borsel lino. Die Tat wird Riina zur Last gelegt.
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