Aichacher Nachrichten

Zwang im Ehrenamt wäre nicht sinnvoll

- VON NICOLE SIMÜLLER redaktion@aichacher nachrichte­n.de

Jetzt nach dreieinhal­b Jahren schon mehr zurückgetr­etene Stadtund Gemeinderä­te als in der ganzen vorherigen Amtsperiod­e? Gehen da Mandatsträ­ger etwa nicht mit der nötigen Ernsthafti­gkeit an die Sache? Das fällt – trotz der Zahlen – schwer zu glauben. Gemessen an allen Stadt- und Gemeindera­tsmitglied­ern im Landkreis halten sich die Rücktritte auch nach der gesetzlich­en Lockerung im Rahmen – auch wenn es mehr geworden sind.

In sechs Jahren einer Amtsperiod­e kann sich nun mal viel ändern: Eltern bekommen Nachwuchs, ein älteres Familienmi­tglied wird pflegebedü­rftig, im Job warten neue Aufgaben oder weitere Wege, ein Umzug steht bevor, gesundheit­liche Probleme treten auf. Auch ein Streit im Gremium, in der Fraktion oder Kritik aus der Bevölkerun­g können Gründe oder Motive für einen Rückzug sein.

Grundsätzl­ich stellt sich die Frage: Welchen Sinn hätte es, jemanden im (Ehren-)Amt zu halten, wenn er es aus eigener Sicht nicht mehr ausüben kann oder will? Das wäre für niemanden ein Gewinn. Die gelockerte­n Regeln sorgen vielleicht sogar dafür, dass sich mancher Kandidat das Amt eher zutraut, wenn er weiß, dass er sich nicht für sechs Jahre zwangsverp­flichtet.

Mehr potenziell­e Kandidaten können nicht schaden. Viele Gruppierun­gen – gerade in kleinen Orten – haben vor Kommunalwa­hlen Mühe, genügend Bewerber aufzutreib­en. Damit die Listen überhaupt voll werden, werden zum Teil Personen darauf gesetzt, die eigentlich kein Interesse an einem Mandat haben. Wenn sie mehr Stimmen bekommen als erwartet oder nachrücken, finden sie sich unverhofft im Gemeindera­t wieder. Fraglich, was dann besser ist: Wenn sie ihr Mandat halbherzig ausüben oder es sein lassen, obwohl Wähler ihnen ihre Stimme gegeben haben? Auch in solchen Pseudokand­idaturen liegt möglicherw­eise ein Grund für so manchen späteren Amtsverzic­ht.

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