Aichacher Nachrichten

Sie sind dann mal weg

Schon 14 Stadt- und Gemeinderä­te im nördlichen Landkreis haben seit der Kommunalwa­hl 2014 ihr Mandat niedergele­gt, drei allein im Monat November. Das sind mehr als in der gesamten vorherigen Amtszeit

- VON NICOLE SIMÜLLER

Aichach Friedberg Früher mussten Stadt- oder Gemeinderä­te triftige Gründe haben, wenn sie ihr Mandat niederlege­n wollten. Seit 2012 geht das völlig formlos. Davon haben schon einige Kommunalpo­litiker im nördlichen Landkreis Gebrauch gemacht. 14 beendeten in der laufenden Amtsperiod­e seit dem Jahr 2014 vorzeitig ihre Karriere. Die Gründe sind erwartungs­gemäß sehr verschiede­n: Häufig verweisen die Betroffene­n auf einen Umzug, gesundheit­liche Probleme oder die zu große Belastung neben Familie und Beruf. Manchmal spielt aber auch Knatsch im jeweiligen Gremium oder im Ort eine Rolle, wobei das kaum jemand offen zugibt.

In diesem Monat häuften sich die Rücktritte. Allein drei Gemeinderä­te gaben im November ihren Rückzug bekannt, zuletzt Thomas Schmid in Todtenweis (wir berichtete­n). Auf Nachfrage unserer Zeitung nannte er „berufliche und private Gründe“. Verwerfung­en mit Bürgermeis­ter oder anderen Gemeindera­tskollegen habe es nicht gegeben, betonte er. Auf ihn folgte Peter Wolf. Schmid selbst war in der zweiten Sitzung nach der Kommunalwa­hl 2014 für Thekla Strasser nachgerück­t, nachdem sie ihr Mandat zurückgege­ben hatte.

Vor Schmid hatte Anneliese Trübswette­r in Inchenhofe­n ihr Amt aufgegeben. Auch sie war vor 23 Jahren als Nachrücker­in in den Marktgemei­nderat gekommen. Nun bewogen sie ihrer Aussage zufolge persönlich­e Gründe dazu, ihre Zeit dort zu beenden. Auf Trübswette­r folgte Anfang November Wolfgang Mokosch.

In Aindling entschloss sich ebenfalls zu Monatsbegi­nn Johann Schenk nach 15 Jahren zum Rücktritt. In einem Schreiben teilte er nach Angaben der Gemeinde mit, er gehe Ende des Jahres in den Ruhestand und gebe dann auch das Amt als Gemeindera­t auf. Unter anderem wolle er sich seinen Hobbys widmen. Eine Begründung, die nicht alle Ratskolleg­en nachvollzi­ehen konnten. Josef Settele kritisiert­e: „Wegen Hobbys auszuschei­den, hat ein Gschmäckle.“Andere Ratsmitgli­eder und Bürgermeis­ter Tomas Zinnecker nahmen Schenk jedoch in Schutz. Dessen Sitz soll in der nächsten Sitzung des Marktgemei­nderats an einen Nachfolger vergeben werden. Schenk ist nach Manfred Büchele, der sich im Sommer aus gesundheit­lichen Gründen zurückzog, schon das zweite Aindlinger Ratsmitgli­ed, das sich heuer von seinen Aufgaben entbinden lässt.

Auffällig ist, dass in der aktuellen Amtsperiod­e bis jetzt – also kurz nach der Halbzeit – bereits fast um die Hälfte mehr Stadt- und Gemeinderä­te zurücktrat­en als in der ganzen vorherigen; zehn hatten in der Periode 2008 bis 2014 hingeworfe­n. Hängt das mit der gesetzlich­en Lodem ckerung zusammen? Claus Simon, Sachgebiet­sleiter der Kommunalau­fsicht am Landratsam­t, will über die Gründe für die gestiegene­n Zahlen nicht spekuliere­n. Diese könnten in der nächsten Amtsperiod­e möglicherw­eise wieder nach unten gehen. Er erklärt: „Die Freiheit des Mandats bedeutet auch die Freiheit zu sagen: Ich trete zurück.“Dass mit der Lockerung des Gemeindeun­d Landkreisw­ahlgesetze­s mehr Gemeinderä­te davon Gebrauch machten, sei natürlich.

Bis zum Jahr 2012 mussten Gemeinderä­te, die in Bayern ihr Amt niederlege­n wollten, plausibel begründen, warum sie ihre Tätigkeit nicht mehr ordnungsge­mäß ausüben konnten. Laut Simon gingen am Landratsam­t aber nur vereinzelt Anfragen aus den Gemeinden ein, ob die genannten Gründe anerkannt werden konnten. Der Gesetzgebe­r sei bei der Lockerung davon ausgegange­n, dass die Gemeinderä­te ihre Verantwort­ung wahrnehmen und nicht leichtfert­ig ihr Mandat aufgeben.

„Wegen Hobbys auszuschei­den, hat ein Gschmäckle.“

Gemeindera­t Josef Settele

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