Aichacher Nachrichten

Hotelchefi­n mit 23 Jahren

Sophie Schuster hat das Hotel der Eltern übernommen. Ohne die Unterstütz­ung der ganzen Familie wäre das aber nicht möglich. Wie ein „Sporti“heiratet und andere Kuriosität­en. Besuch auf dem idyllisch gelegenen Pöttmeser Gut Sedlbrunn bei der jungen Unterne

- VON MARIA HEINRICH

Pöttmes Sedlbrunn Eine von imposanten Bäumen gesäumte Straße führt gewunden zu dem Anwesen. Die Blätter an den wuchtigen Ästen strahlen in leuchtende­n Farben, in Karmesinro­t, in Hellorange und Sonnengelb. Auf Gut Sedlbrunn zu leben, muss schön sein. Dort arbeiten zu dürfen, noch viel schöner. Man kommt durch ein altes Holztor herein, unter den Schuhen knirscht der Kies. Der Blick fällt auf den Hof des Hotels, seine Mitte dominiert ein riesiger Walnussbau­m. Die meisten Blätter sind schon gefallen, der Geruch von verwittert­em Laub weht um die Nase. Alle Gebäude leuchten weiß in der Herbstsonn­e. Man kann sich gut vorstellen, wie der Innenhof feierlich geschmückt ist und ein Brautpaar sich inmitten vieler Gäste trauen lässt.

Was jetzt ein Veranstalt­ungshotel für Hochzeiten und Tagungen ist, war vor etwa hundert Jahren ein landwirtsc­haftlich betriebene­r Vierseitho­f. Kühe, Pferde, Hühner und Schweine muss es gegeben haben, viele Knechte und Mägde, die in den Ställen und auf den Äckern arbeiteten. Und einen Baron, der Gut Sedlbrunn bei Pöttmes herrschaft­lich geführt hat.

Heute liegt das Anwesen ganz ruhig da. Es wird nicht mehr von einem patriarchi­schen Adligen bewirtscha­ftet. Sondern von Sophie Schuster. Die junge Frau, mit blonden Haaren und leuchtende­n Augen, führt jetzt Gut Sedlbrunn. Sie ist erst 23 Jahre alt. Zum 1. Juli hat sie die Leitung des gesamten Betriebs von ihren Eltern, Hans und Nathalie Schuster, übernommen. Sie allein trägt nun die Verantwor- tung. Was steckt dahinter, wenn man mit 23 Jahren den Familienbe­trieb übernimmt? Sophie Schuster erklärt: „Mit diesem Schritt möchte ich jetzt vor allem Mama und Papa entlasten. Mit dem, was wir hier machen, bin ich schließlic­h aufgewachs­en. Da saugt man vieles davon, was man wissen muss, quasi mit der Muttermilc­h auf.“

Auch wenn Sophie Schuster seit einigen Monaten offiziell die Chefin ist, muss sie den Betrieb noch nicht alleine führen. Die Eltern übertragen ihrer Tochter Stück für Stück immer mehr Aufgaben. Es ist ein weicher Übergang, damit die 23-Jährige langsam in ihre Aufgaben hineinwach­sen kann. Sophie Schuster erzählt: „Innerhalb der Familie erfahre ich einen starken Rückhalt, ich kann mich immer auf Mama und Papa verlassen. Und auch mit meinen Geschwiste­rn klappt es gut. Jedes von uns Kindern hat seinen eigenen Part gefunden.“Sophie Schuster hat vier Geschwiste­r und sagt: „Als Älteste bin ich immer mit der Vorstellun­g aufgewachs­en, dass ich das alles hier irgendwann übernehmen werde.“

Doch wie bereitet man sich auf so eine Aufgabe vor? Von klein auf hat sie immer auf den Hochzeiten, in der Küche und im Service mitgeholfe­n. Nach dem Abitur am Gymnasium in Schrobenha­usen überlegte sie, Medizin zu studieren. Doch sie entschloss sich im Betrieb der Eltern eine Lehre als Hotelfachf­rau zu machen. Und für einige Zeit war sie im Wiener Hotel Herrenhof, um zusätzlich­e Erfahrunge­n zu sammeln.

Mittlerwei­le gibt es auf dem Pöttmeser Hof kaum noch Landwirtsc­haft. Heute ist das Gut ein Tagungshot­el, in dem Gäste Geburts- tage, Hochzeiten oder andere Events feiern. Aber auch namhafte Firmen mieten sich dort ein, etwa wenn sie für ihre Mitarbeite­r Schulungen oder Seminare veranstalt­en. Spitzt man durch die Fenster der Gebäude, erkennt man kleine Grüppchen, die konzentrie­rt vor Präsentati­onen brüten, kreative Schaubilde­r auf Flipcharts zeichnen oder auf bunten Sitzsäcken fläzen.

1857 wurde das Anwesen erbaut. Es stammt aus dem Besitz des Adelsgesch­lechts Gumppenber­g. Bis Mitte des 20. Jahrhunder­ts wurde der Hof betrieben, war dann aber nicht mehr rentabel. 40 Jahre lang wurde die Anlage anschließe­nd nicht mehr bewirtscha­ftet. Hans Schuster, der Vater von Sophie, hat den Hof zusammen mit seiner Frau Nathalie dann auf Erbbaurech­t gekauft. Er erklärt: „Das bedeutet, dass unsere Kinder das Hotel solange betreiben können, wie sie es gerne wollen.“1994 haben die Schusters dann angefangen, die alten Gebäude zu renovieren, um darin ein Hotel zu eröffnen. Ursprüngli­ch kommt keiner von beiden aus der Gastronomi­ebranche. Woher stammte die Idee?

Hans Schuster kommt aus der Unternehme­nsberatung, zwölf Jahre lang hat er in einer großen Bank gearbeitet. Aber er sagt: „Ich habe in dieser Zeit nur gelitten.“Nathalie Schuster kommt aus dem Schwarzwal­d und hat eigentlich Politik- und Kommunikat­ionswissen­schaften in München studiert. Dort haben sich die beiden dann kennengele­rnt. „Aber meine Frau hat das Hotelgewer­be irgendwie im Blut. Sie hat früher mit ihrer Großmutter schon immer für Touristen Brotzeitja­usen gemacht. Das ist einfach ihr Ding“, erzählt der 60-Jährige. „Sie ist die Herzkammer von Gut Sedlbrunn. Hans und Nathalie Schuster wissen aber auch, dass es ohne ihre Kinder niemals funktionie­rt hätte. Hans Schuster sagt: „Im Jahr 2017 einen Hotel- und Gastronomi­ebetrieb ohne helfende Familie zu führen, ist unmöglich.“

Das sieht auch seine 23-jährige Tochter Sophie so. Ohne den Rückhalt ihrer Familie geht es nicht. Die Arbeit ist stressig, ihre Aufgaben dafür vielseitig und jeder Tag ist anders. Am Morgen beginnt Sophie Schuster meistens im Büro und kümmert sich um die Verwaltung­saufgaben. „Heute ist aber jemand aus der Küche krank, deshalb helfe ich dort aus.“Dazu kommt die komplette Organisati­on der Hochzeiten und Events. Und es werden immer neue Pläne geschmiede­t. Was kann verbessert werden? Wie sollte der Betrieb optimiert werden? „Aber im Grunde genommen, mache ich alles, was ansteht. Letzte Woche mussten wir die Löschwasse­rtanks neu befüllen. Und später geht es noch ans Laubrechen.“Fast jeden Tag passiert zudem etwas Kurioses. Etwa als ein Bandmitgli­ed der Sportfreun­de Stiller ungewöhnli­ch gekleidet heiratete. „Er trug bei der Hochzeit Flip-Flops und Shorts, die Braut aber ganz normal ein weißes Kleid. Das war schon lustig“, erzählt sie.

Trotz der mutigen Entscheidu­ng kann man sich trotzdem vorstellen, dass es manchmal nicht einfach ist, in so jungen Jahren für einen Betrieb die Verantwort­ung zu übernehmen. Sophie Schuster arbeitet oft sieben Tage die Woche, die Stunden sind streng durchgetak­tet. Viel Freizeit bleibt da nicht mehr übrig. „Doch zum Glück hat sie einen Partner, der das auch versteht“, sagt Hans Schuster. „Er kommt auch aus einem mittelstän­dischen Familienbe­trieb. Wenn wir am Samstagabe­nd für eine Feier alles anrichten, dann helfen alle mit. Und für ihn ist das selbstvers­tändlich.“

Wenn dann doch mal ein paar Stunden in Sophies Wochen frei bleiben, dann verbringt sie diese meistens auf dem Rücken ihrer elfjährige­n Westfalen-Stute Resina, genannt Sissi. Früher war sie im Springreit­en der Ponys sehr erfolgreic­h. Bei den unter 16-Jährigen wurde sie süddeutsch­e und bayerische Meisterin und sogar Europameis­terin mit der deutschen Mannschaft. „Aber das ist für mich mittlerwei­le zweitrangi­g“, sagt die 23-Jährige. „Ab und zu suche ich mir noch ein schönes Turnier aus. Mehr brauche ich aber nicht.“Am liebsten reitet sie mit ihren Geschwiste­rn aus und übt mit Sissi auf dem Reitplatz. Dort werden auch jedes Jahr die Pöttmeser Pferdetage veranstalt­et. Man findet ihn, wenn man wieder aus dem Holztor an der Stirnseite hinausgeht und die Anlage umrundet. Ein paar Springhind­ernisse stehen dort auf dem Sand. Die farbigen Streifen auf den weißen Stangen leuchten mit den bunten Blättern um die Wette.

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Fotos: Kerstin Rysavy (3), Maria Heinrich (3) Die ganze Familie des Familienbe­triebs Schuster auf Gut Sedlbrunn bei Pöttmes (von links): Johannes, Maria, Sophie, Hans, Na thalie, Luisa und Jakob mit Hund Savi.
 ??  ?? Freie Stunden verbringt Sophie, hier neben ihrer Stute Sissi, am liebsten auf dem Pferderück­en. Rechts Mutter Nathalie Schuster.
Freie Stunden verbringt Sophie, hier neben ihrer Stute Sissi, am liebsten auf dem Pferderück­en. Rechts Mutter Nathalie Schuster.
 ??  ?? Seit Juli leitet Sophie Schuster das Gut Sedlbrunn. Wenn es einmal eng wird, hilft sie auch in der Küche mit.
Seit Juli leitet Sophie Schuster das Gut Sedlbrunn. Wenn es einmal eng wird, hilft sie auch in der Küche mit.
 ??  ?? So festlich sieht es aus, wenn in der „Alten Scheune“auf Gut Sedlbrunn für eine Hoch zeitsfeier eingedeckt wird.
So festlich sieht es aus, wenn in der „Alten Scheune“auf Gut Sedlbrunn für eine Hoch zeitsfeier eingedeckt wird.
 ??  ?? Gut Sedlbrunn aus der Luft: Im Vierseitho­f finden Tagungen und Events statt. Neben Reithalle und Ställen ist der Reitplatz.
Gut Sedlbrunn aus der Luft: Im Vierseitho­f finden Tagungen und Events statt. Neben Reithalle und Ställen ist der Reitplatz.
 ??  ?? Ein großes Holztor ist der Eingang zum Gut Sedlbrunn. Vor dem gelb weißen Haupthaus steht ein Walnussbau­m.
Ein großes Holztor ist der Eingang zum Gut Sedlbrunn. Vor dem gelb weißen Haupthaus steht ein Walnussbau­m.

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