Mehr Platz für die wilde Natur in Willprechtszell
Freiwillige bringen trotz Regens am Samstag Mähgut, seltene Kräuter und Pflanzen bei der Sandgrube an der Deponie aus
Petersdorf Willprechtszell Das Wetter hätte kaum schlechter sein können. Doch der guten Laune der zehn Aktiven, die sich am Samstagmittag an der Bauschuttdeponie am Ortsrand von Willprechtszell getroffen haben, konnten die grauen Wolken, die schroffen Böen und der dauerhafte Regen nichts anhaben. Gemeinsam haben sie ein Ziel: Sie wollen vorankommen mit dem Projekt „Rekultivierung der Bauschuttdeponie“. Am Samstag stand die Mähgutübertragung auf dem Plan, den Petersdorfs Bürgermeister Dietrich Binder mit anderen Projektbeteiligten ausgetüftelt hatte.
Ausgetragen wurden Mähgut, Silberdisteln, Kreuzenziane und andere hochwertige, seltene Kräuter. Königskerzen, Johanniskraut, Kornrade und Schlüsselblumen können nun in den nächsten Jahren hier wachsen. Um das Mähgut, das aus der Sander Heide, einer Nachfolgefläche der Lechfeldheide, stammt, hat sich Willi Christoph aus Weichenberg gekümmert. Simon Plöckl hat Mähgut aus seiner Ausgleichsfläche beigesteuert.
Mit Schubkarren und Mistgabeln waren am Samstag dann die Helfer angerückt. An Tatendrang mangelte es ihnen nicht. Mit einem motivierenden „los geht’s, pack mas“stülpte sich Sieglinde Riegl ihr Regencape um, belud den Schubkarren mit dem Mähgut und stapfte an die entlegenste Ecke der ehemaligen Sandgrube. Mistgabel für Mistgabel entnahm sie das Mähgut dem Schubkarren und verteilte es auf der Sandschicht, die bereits im Vorfeld vorbereitet wurde. Robert Langenegger und Simon Plöckl unterstützten bei den Erdarbeiten und bei der Vorbereitung der Fläche. Für ihr Engagement hat Sieglinde Riegl gleich mehrere Gründe. „Ich engagiere mich gerne für den Umweltund Naturschutz“, erklärt sie. Das Wetter ist ihr dabei egal. Sie will etwas tun – für den Ort, für die Umwelt und für all diejenigen, die nachkommen.
Wie es später einmal hier aussehen soll, dafür hat Manfred Kaiser, der ebenfalls das Mähgut ausbrachte, einen Wunsch: „Hoffentlich wird es eine solch schöne Wiese wie in Weichenberg.“Für Kaiser, der zuhause selbst eine große Blumenwiese hegt und pflegt, ist das Engagement Ehrensache. Markus Ehm und Bernd Reinthaler, die nicht nur Gemeinderatsmitglieder sind, sondern auch aktiv im Arbeitskreis Umwelt des Gemeindeentwicklungsprojekts arbeiten, brachten nicht nur ihre eigene Arbeitskraft ein, sondern mit ihnen rückte auch der Nachwuchs an. Luca Reinthaler, der mit Bruder Mika, Veith und Luis Gamperl sowie Noah Ehm einen Bachlauf vom Lehmberg in die Sandgrube gebaut hat, weiß, warum er seinen Vater zu dieser Aktion begleiten wollte: „Wir mögen das Spielen in der Natur und draußen zu sein. Das ist besser als mit dem Handy zu spielen.“Von ungefähr kommt die Einstellung nicht, erklärt Vater Bernd Reinthaler. Sind die Eltern naturverbunden, gucken sich das manchmal auch die Kinder ab.
Reinthaler selbst freut sich vor allem darüber, dass hier ein Habitat für den Bienenfresser entsteht, das ihn zum Zurückkommen bewegen kann. Der Gemeinderat hatte den Vogelbestand einst selbst kartiert. Der auffallend bunte Zugvogel überwintert in Afrika und könnte ab April wieder in der Sandgrube einen Brutplatz finden. Die Bedingungen dort sind ideal, denn der Bienenfresser schätzt sogenannte vergängliche Steinwände, wie die in Sandgruben. Ihm zuliebe sollen die großen Arbeiten bis Ende März fertig sein, damit der Bienenfresser gerne wieder kommt und in Ruhe brüten kann.
Bürgermeister Binder geht es indes nicht nur um den Bienenfresser, sondern um das große Ganze. „Ich möchte der Natur etwas davon zurückgeben, was man ihr immer wieder nimmt“, erklärt er. Binders Wünsche gehen noch weiter. Gerne würde er den Schülern, die hier im Ort zur Schule gehen, die Möglichkeit geben, selbst aktiv zu werden. Eine Baum- oder Strauchpflanzaktion oder eine Mitmach-Aktion, bei der die Kinder lernen, welche Sträucher hier gepflanzt werden, und viele weitere Ideen schweben ihm vor. Was davon umgesetzt wird, steht aktuell noch in den Regenwolken über der Gemeinde, die den dort herrschenden Aktivismus nicht bremsen können.