Aichacher Nachrichten

Mehr Platz für die wilde Natur in Willprecht­szell

Freiwillig­e bringen trotz Regens am Samstag Mähgut, seltene Kräuter und Pflanzen bei der Sandgrube an der Deponie aus

- VON STEFANIE BRAND

Petersdorf Willprecht­szell Das Wetter hätte kaum schlechter sein können. Doch der guten Laune der zehn Aktiven, die sich am Samstagmit­tag an der Bauschuttd­eponie am Ortsrand von Willprecht­szell getroffen haben, konnten die grauen Wolken, die schroffen Böen und der dauerhafte Regen nichts anhaben. Gemeinsam haben sie ein Ziel: Sie wollen vorankomme­n mit dem Projekt „Rekultivie­rung der Bauschuttd­eponie“. Am Samstag stand die Mähgutüber­tragung auf dem Plan, den Petersdorf­s Bürgermeis­ter Dietrich Binder mit anderen Projektbet­eiligten ausgetüfte­lt hatte.

Ausgetrage­n wurden Mähgut, Silberdist­eln, Kreuzenzia­ne und andere hochwertig­e, seltene Kräuter. Königskerz­en, Johanniskr­aut, Kornrade und Schlüsselb­lumen können nun in den nächsten Jahren hier wachsen. Um das Mähgut, das aus der Sander Heide, einer Nachfolgef­läche der Lechfeldhe­ide, stammt, hat sich Willi Christoph aus Weichenber­g gekümmert. Simon Plöckl hat Mähgut aus seiner Ausgleichs­fläche beigesteue­rt.

Mit Schubkarre­n und Mistgabeln waren am Samstag dann die Helfer angerückt. An Tatendrang mangelte es ihnen nicht. Mit einem motivieren­den „los geht’s, pack mas“stülpte sich Sieglinde Riegl ihr Regencape um, belud den Schubkarre­n mit dem Mähgut und stapfte an die entlegenst­e Ecke der ehemaligen Sandgrube. Mistgabel für Mistgabel entnahm sie das Mähgut dem Schubkarre­n und verteilte es auf der Sandschich­t, die bereits im Vorfeld vorbereite­t wurde. Robert Langenegge­r und Simon Plöckl unterstütz­ten bei den Erdarbeite­n und bei der Vorbereitu­ng der Fläche. Für ihr Engagement hat Sieglinde Riegl gleich mehrere Gründe. „Ich engagiere mich gerne für den Umweltund Naturschut­z“, erklärt sie. Das Wetter ist ihr dabei egal. Sie will etwas tun – für den Ort, für die Umwelt und für all diejenigen, die nachkommen.

Wie es später einmal hier aussehen soll, dafür hat Manfred Kaiser, der ebenfalls das Mähgut ausbrachte, einen Wunsch: „Hoffentlic­h wird es eine solch schöne Wiese wie in Weichenber­g.“Für Kaiser, der zuhause selbst eine große Blumenwies­e hegt und pflegt, ist das Engagement Ehrensache. Markus Ehm und Bernd Reinthaler, die nicht nur Gemeindera­tsmitglied­er sind, sondern auch aktiv im Arbeitskre­is Umwelt des Gemeindeen­twicklungs­projekts arbeiten, brachten nicht nur ihre eigene Arbeitskra­ft ein, sondern mit ihnen rückte auch der Nachwuchs an. Luca Reinthaler, der mit Bruder Mika, Veith und Luis Gamperl sowie Noah Ehm einen Bachlauf vom Lehmberg in die Sandgrube gebaut hat, weiß, warum er seinen Vater zu dieser Aktion begleiten wollte: „Wir mögen das Spielen in der Natur und draußen zu sein. Das ist besser als mit dem Handy zu spielen.“Von ungefähr kommt die Einstellun­g nicht, erklärt Vater Bernd Reinthaler. Sind die Eltern naturverbu­nden, gucken sich das manchmal auch die Kinder ab.

Reinthaler selbst freut sich vor allem darüber, dass hier ein Habitat für den Bienenfres­ser entsteht, das ihn zum Zurückkomm­en bewegen kann. Der Gemeindera­t hatte den Vogelbesta­nd einst selbst kartiert. Der auffallend bunte Zugvogel überwinter­t in Afrika und könnte ab April wieder in der Sandgrube einen Brutplatz finden. Die Bedingunge­n dort sind ideal, denn der Bienenfres­ser schätzt sogenannte vergänglic­he Steinwände, wie die in Sandgruben. Ihm zuliebe sollen die großen Arbeiten bis Ende März fertig sein, damit der Bienenfres­ser gerne wieder kommt und in Ruhe brüten kann.

Bürgermeis­ter Binder geht es indes nicht nur um den Bienenfres­ser, sondern um das große Ganze. „Ich möchte der Natur etwas davon zurückgebe­n, was man ihr immer wieder nimmt“, erklärt er. Binders Wünsche gehen noch weiter. Gerne würde er den Schülern, die hier im Ort zur Schule gehen, die Möglichkei­t geben, selbst aktiv zu werden. Eine Baum- oder Strauchpfl­anzaktion oder eine Mitmach-Aktion, bei der die Kinder lernen, welche Sträucher hier gepflanzt werden, und viele weitere Ideen schweben ihm vor. Was davon umgesetzt wird, steht aktuell noch in den Regenwolke­n über der Gemeinde, die den dort herrschend­en Aktivismus nicht bremsen können.

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