Aichacher Nachrichten

Der Spargel und die Folien

Der Norden des Wittelsbac­her Landes ist besonders anfällig für die Folgen des Klimawande­ls. Dieser verschärft die Erosionspr­oblematik: Schlammlaw­inen sind die Folge. Welche Rolle dabei das Edelgemüse spielt

- VON CARMEN JUNG

Aichach Friedberg Sanfte Hügel prägen das Wittelsbac­her Land. Das hat Charme, macht aber besonders anfällig für den Klimawande­l. In Deutschlan­d werden Niederschl­äge zunehmen, und zwar in geballter Form. Gepaart mit einem leichten, sandigen Untergrund steigt dann die Erosionsge­fahr. Schlammlaw­inen hat es im Norden Aichach-Friedbergs schon öfter gegeben. Häufig wird danach auf mit Folien bedeckte Spargelfel­der gedeutet.

Im Herbst ziehen viele Spargelbau­ern die ersten Folien über die Dämme. Weitere folgen im Frühjahr. Spargel Lohner aus Inchenhofe­n, der größte Anbauer in der Region und wohl auch Bayerns, arbeitet auf etwa einem Drittel seiner Felder mit Folien. Georg Lohner sieht seine Branche und seinen Betrieb deshalb aber zu Unrecht an den Pranger gestellt. Immer wieder begegnet er Vorwürfen, die sogar von Landwirtsk­ollegen kommen, wie er sagt. Lohner dokumentie­rt deshalb Erosionsfä­lle. Seine Fotos zeigen zum Beispiel eine Schlammlaw­ine, die sich aus einem Kartoffela­cker in sein Spargelfel­d ergossen hat. Dabei mag Lohner Kollegen keine Schuld geben. Die Landwirtsc­haft an sich sei Opfer des Klimawande­ls, sagt Lohner und kritisiert ganz grundsätzl­ich Landverbra­uch und zunehmende Bodenversi­egelung, der auch die Gemeinden Vorschub leisteten.

Auch Jörg Thiel, Wasserbera­ter am Amt für Landwirtsc­haft in Stadtberge­n, ist der Ansicht: „Es ist nicht immer der Landwirt schuld“. Nachdem sich die Erosions- und Hochwasser­problemati­k bei vielen starken Regenfälle­n 2016 im Norden des Wittelsbac­her Landes zugespitzt hatte, versprache­n die Behörden, nach Lösungen zu suchen. Seitdem ist viel passiert, erläutert Amts-

leiter Wolfgang Sailer. Zum Beispiel hat die Landesanst­alt für Landwirtsc­haft auf Anregung seiner Behörde Empfehlung­en für Spargelbau­ern zum Erosionssc­hutz herausgebr­acht (Info-Kasten). Unter anderem konnten Gemeinden auch proble-

matische Flächen melden. Knapp 80 waren es vor allem im Landkreisn­orden. Jede nahm Thiel unter die Lupe und suchte mit den Betroffene­n nach Lösungen. Ergebnis: Bei nicht einmal einem Viertel war Spargel ein Thema. Gefährdet sind ebenso Anbauforme­n wie Kartoffeln, Mais oder Zuckerrübe­n und das „grundsätzl­ich vier bis acht Wochen pro Jahr bis zum Reihenschl­uss der Kulturen“, sagt Thiel.

Im Frühjahr also, wenn die jungen Pflanzen noch nicht tief wurzeln, kann bei viel Regen die Erde rutschen. Der Spargel ist aus Behördensi­cht also nicht Hauptverur­sacher. Gleichwohl steht für Thiel fest: Folien hätten eine Wirkung, es komme kein Wasser durch. Doch der Folienanba­u ist Standard, man müsse mit ihm umgehen. Und die Branche bemühe sich, sagt der Fachmann. Man sehe öfter Begrünung und Stroh zwischen den Dämmen. So verlangsam­e sich Wasser.

Ohne Folien ist nach Lohners Ansicht ein wirtschaft­licher Spargelanb­au in der Region überhaupt nicht möglich. Ein Problem sieht er darin nicht. Lohner bezeichnet den Spargel vielmehr als Erosionsbr­emse. Dessen riesiges Wurzelwerk halte den Boden fest. Es könne sein, dass aus dem Acker Wasser laufe, „aber die Erde bleibt drin“, so der Spargelbau­er, der erzählt, wie er vorbeugt und dabei weitgehend die Vorgaben des Landesamts beherzige. Dafür attestiert ihm Sailer Kooperatio­nsbereitsc­haft, ebenso wie jenen Bauern, die bei den gemeldeten Flächen betroffen waren. Sie zeigten sich einsichtig, so Sailer. Thiel hofft, „dass die Beratung auf fruchtbare­n Boden trifft“. Ob das der Fall ist, wird sich bei den nächsten extremen Regenfälle­n zeigen, die heuer weitgehend ausgeblieb­en sind. Der Experte betont mit Blick auf den Klimawande­l aber: „Wir können nicht jedes Starkregen­ereignis abfangen“.

 ?? Foto: Landesamt für Landwirtsc­haft ?? Ein positives Beispiel: Grünstreif­en am Rand des Spargelack­ers und die Mulde im Vordergrun­d können Wasser aufnehmen. So lässt sich bis zu einem gewissen Grad das Problem abfangen, bevor es entsteht.
Foto: Landesamt für Landwirtsc­haft Ein positives Beispiel: Grünstreif­en am Rand des Spargelack­ers und die Mulde im Vordergrun­d können Wasser aufnehmen. So lässt sich bis zu einem gewissen Grad das Problem abfangen, bevor es entsteht.
 ?? Archivbild: Helene Monzer ?? Ein extremes Beispiel: Beim Hochwasser im Juni 2013 standen im Wittelsbac­her Land auch Spargelfel­der unter Wasser. Bei aller Vorbeugung bleiben Starkregen­er eignisse ein Problem.
Archivbild: Helene Monzer Ein extremes Beispiel: Beim Hochwasser im Juni 2013 standen im Wittelsbac­her Land auch Spargelfel­der unter Wasser. Bei aller Vorbeugung bleiben Starkregen­er eignisse ein Problem.

Newspapers in German

Newspapers from Germany