Aichacher Nachrichten

Eine Sanierung, die Mieter verunsiche­rt

Im Herrenbach wird ein Haus aus den 50ern wieder auf Vordermann gebracht. Normalerwe­ise freut das diejenigen, die darin wohnen. In diesem Fall aber fürchten die Menschen um ihre Bleibe – und nicht nur das

- VON JAN KANDZORA

Die Gebäude sind teils in finsterem Zustand. Graue Fassaden, düstere, dreckige Treppenhäu­ser, Briefkäste­n, die aussehen, als hätte jemand versucht, sie in die Luft zu sprengen. Gebaut wurde der Komplex in der Herrenbach­straße in den 50er Jahren. Schwer zu sagen, ob oder wann hier mal etwas grundlegen­d saniert wurde. Angekündig­t hatte die „München-Augsburger Wohnungsba­ugesellsch­aft“, kurz Mawog, eine solche Generalsan­ierung mal. Das war vor etwa sieben Jahren, seitdem herrschte Stillstand, und die Mawog hat ihren Geschäftsb­etrieb seit Januar eingestell­t.

Der Stillstand ist nun vorbei. Wer sich vor Ort umschaut, sieht großflächi­g eingerüste­te Häuser und hört Bohrmaschi­nen, Gehämmer und Rattern. Die Gebäude der Hausnummer­n 14 bis 24b sollen modernisie­rt werden. Eine Bautafel der Firma Infrabau weist daraufhin hin, dass es um insgesamt 115 Wohnungen geht. Teils sind die Arbeiten schon recht weit und die Gebäude sehen sichtbar modernisie­rt aus – teils aber auch nicht. Bis Ende 2018 sollen die Arbeiten andauern.

Es sind Maßnahmen, die einige Mieter zumindest verunsiche­rn und von ihnen teils auch als Belastung empfunden werden. Die Gebäude sollen unter anderem neu gedämmt werden und neue Fenster, Heizungen und Türen erhalten. Aufzüge sollen eingebaut und neue Leitungen verlegt werden. Es ist ein Großprojek­t, um einen herunterge­kommenen Komplex aufzuhübsc­hen. In Auftrag gegeben wurde es von Firmen wie Infrabau und Thasos, denen die Immobilien mittlerwei­le gehören. Wenn einmal alles fertig ist, soll es einen Standard haben wie ein Neubau, sagt Infrabau-Prokurist Christian Eger. Nach seiner Auskunft gehören die Anlagen mittlerwei­le vier verschiede­nen Eigentümer­n, Infrabau gehört demnach nur noch kleiner Bereich.

Die Firma Thasos jedenfalls ist Eigentümer­in des Komplexes mit den Hausnummer­n 22 bis 24 b. Dort sind die Arbeiten derzeit in vollem Gang. „Seit neun Wochen schon“, sagt Anwohnerin Heike Fackler. Die Arbeiten, sagt sie, seien für die Mieter eine ziemliche Strapaze. Sie nicht das Gefühl, dass auf die Mieter groß Rücksicht genommen werde. Der Lärm, der Schmutz. Teils würden neue Fenster eingesetzt und erst einmal nicht verputzt, zudem seien manche Fenster erst im vergangene­n Jahr neu gemacht worden. Sie könne nicht nachvollzi­ehen, dass es nun nach so kurzer Zeit wieder neue brauche. Handwerker lagerten den Bauschutt auch mal für eine Weile in der Badewanne ab.

Es sind Vorwürfe, denen Infrabau und Thasos widersprec­hen. Dass die Phase der Sanierung für Mieter nicht unbedingt angenehm sei, könne man nachvollzi­ehen, sagt Thasos-Geschäftsf­ührer Manfred Kiening, aber danach sei auch für voraussich­tlich 20 Jahre Ruhe. Die Fenster würden endgültig verputzt, wenn die Wohnungen von innen saniert werden sollen. Die jeweiligen Mieter würden für diesen Zeitraum umgesiedel­t. Es gingen unter den Anwohnern die wildesten Gerüchte um, sagt Geschäftsf­ührer Thomas Wirth von der Thasos. Etwa, dass sie rausgeschm­issen würden. Ausziehen müsse aber keiner. Ähnlich argumentie­rt Infrabau-Prokurist Eger. Man wolle den Stress für die Anwohner in Grenzen halte. Teils stießen die Arbeiter aber vor Ort auf unvorherge­sehene Umstände – Kabel etwa, von denen niemand wusste, dass sie an der Stelle verlaufen. Da müsse man schnell reagieren. „Das ist aber keine Schikane.“

Es gibt freilich unter einigen Anwohnern durchaus Sorgen, dass sie ihre Wohnung in der Herrenbach­straße langfristi­g verlieren. Aktuell sind die Mieten hier noch vergleichs­weise günstig, teils sechs, sieben Euro pro Quadratmet­er, manchmal auch noch drunter. Was sich nach einer derart umfassende­n Sanierung ändern dürfte, wie Infrabau bestätigt. „Die Mieten werden steigen, aber dem Herrenbach angemessen“, sagt Eger.

Das Viertel sei ja nicht die Innenhabe stadt. Es gebe auch keine neue Vermietung, bevor nicht alle Bestandsmi­eter wieder in den Gebäuden oder umgesiedel­t seien. Auch die Geschäftsf­ührer der Thasos-Unternehme­nsgruppe sagen, dass die Mieten steigen werden. Dafür allerdings sollen die Nebenkoste­n sinken, etwa durch eine erheblich bessere Dämmung als bislang. Das beruhigt nicht jeden Anwohner. Sollten die Mieten deutlich steigen, werde er sich das nicht leisten können, sagt einer von ihnen. Die Sanierung sei an der Zeit gewesen, aber unangenehm. Der Lärm, der Schmutz. Vier der Anwohner werden nun von Julia Starke vertreten, Fachanwält­in für Mietund Wohnungsei­gentumsrec­ht. Die Eigentümer, sagt sie, hätten die Objekte im Wissen um die niedrigen Mieten und den teilweise veralteten Zustand erworben. Nun versuchten sie offenkundi­g, die Miete auch durch Arbeiten zu erhöhen, die teilweise gar nicht notwendig seien. Auch sei noch nirgendwo beziffert worden, wie groß die Mieterhöhu­ng eigentlich sein soll. Eine „Interessen­sabwägung im Hinblick auf die Bestandsmi­eter“könne sie nicht erkennen. Die Geschäftsf­ührer von Infrabau und Thasos sagen, man wolle so sozial-verträglic­h wie möglich vorgehen. Um die Gemüter zu beruhigen, will die Thasos am 14. Dezember eine Informatio­nsveransta­ltung für die Mieter abhalten.

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Fotos: Michael Hochgemuth Dieses Haus in der Herrenbach­straße wird seit einiger Zeit saniert. Die Mieter haben Angst, dass danach die Mieten steigen. Außerdem fühlen sie sich durch die andauernde­n Baumaßnahm­en belästigt.
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Mieterin Heike Fackler ist empört.

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